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Fortgesetzte Verwirrung der PdA Schweiz zur Frage der Ukraine

Auf der Homepage der Partei der Arbeit der Schweiz (PdAS) erschien kürzlich ein als Parteidokument gekennzeichneter Artikel unter dem Titel «Gemeinsam für unsere Zukunft!». Darin lässt sich die Parteizentrale in einem kurzen Abschnitt zur Krise in der Ukraine aus: «Die wirtschaftlichen und politischen Herrschaftsansprüche der EU, angeführt von Deutschland, stossen in der Ukraine auf die gleichen Ansprüche wie Russland und gefährden somit den Frieden. Die von der EU unterstützte Regierung hat selbst die Feierlichkeiten zum internationalen Tag der Arbeit verboten. Die PdAS will mit so einer Europäischen Union nichts zu tun haben. …» (pda.ch, 25.4.2014)

Damit bekräftigt die PdA ihre vor Wochen verkündete «… Meinung, dass das Referendum die Probleme der ukrainischen und der Krim-Bevölkerung nicht lösen wird: auch Russland verteidigt seine eigenen Interessen in dieser Geschichte.» (pda.ch, 7.4.) Entgegen dem, was die PdA da suggeriert, hat kein Befürworter des Referendums je behauptet, dieses vermöge alle Probleme zu lösen. Aber es erweist sich als hilfreich zur Lösung einiger der dringlichsten. Wenn die Kiewer Regierung die 1.-Mai-Feiern verbietet, aber in Sewastopol die grössten Maiumzüge seit langem stattfinden, dann ist das sehr wohl ein Ausdruck der Tatsache, dass einige Probleme auf der Krim inzwischen gelöst worden sind. Gerade als schweizerische Partei sollte die PdA in der eigenen Landesgeschichte genügend Gründe finden, um den Demokratismus hoch zu schätzen. Wenn nicht, lasse sie sich von Lenin belehren:

«Die Erfahrungen der Schweiz aber zeigen, daÖ die Sicherung des (relativ) grössten nationalen Friedens bei (wiederum relativ) konsequentem Demokratismus des Gesamtstaates in der Praxis möglich und verwirklicht ist.» (Lenin, 1913)1

War in der PdA-Stellungnahme vom 7.4. noch von der Verteidigung der «eigenen Interessen» Russlands die Rede, was ja nichts Unanständiges ist, dem aber mit der undurchsichtigen Andeutung «… in dieser Geschichte» etwas Zwielichtiges angeheftet wird, so heisst es in der neuen Fassung nunmehr deutlich: «gleiche Ansprüche» auf wirtschaftliche und politische Beherrschung der Ukraine. Russland wird also auf gleichen Fuss mit den Imperialisten gesetzt. Mit dieser Gleichsetzung soll jeder Gedanke an eine anti-imperialistische Solidarität mit Russland verscheucht werden. Dabei ist Russland das eigentliche strategische Angriffsziel der Offensive, von der wir in der Ukraine nur die aktuelle Etappe vor uns haben.

«Gleiche Ansprüche»? Bekanntlich war die Russische Föderation bereit, der ihr hoch verschuldeten Ukraine zu günstigen Bedingungen einen 15-Milliarden-Kredit zu gewähren, ohne Auflagen der Art zu machen, wie sie bei den westlichen Kreditgebern (IWF/EU/EZB) üblich sind, also ohne Austeritätspolitik zu Lasten der Werktätigen, Privatisierungen, Abbau von Arbeiterrechten usw. Es ist kein Zufall, dass die russische Aussenpolitik im eigenen Land die Unterstützung der breitesten Kreise hinter sich hat, einschliesslich der Kommunistischen Partei, wogegen die aggressive NATO-Politik in den meisten NATO-Ländern auf grossen Widerstand von unten stösst. Und kein Zufall, dass die Machthaber in Kiew den demokratischen Entscheid des ukrainischen Volkes in einem Referendum für oder gegen den Beitritt zum EU/NATO-Block fürchten, wie der Teufel das Weihwasser.

Täter und Opfer in den gleichen Topf?

Indem die PdA beharrlich Täter und Opfer in den gleichen Topf wirft, leistet sie beste Vorarbeit für bürgerliche Kampagnen zur Desolidarisierung mit den Angegriffenen und zur Isolierung der Opfer imperialistischer Aggressionen. Ganz zu schweigen davon, dass die PdA sich an solchen Kampagnen auch aktiv beteiligt, indem sie eine pro-imperialistische Zeitung herausgibt, welche kürzlich der KP der Ukraine perfid in den Rücken fiel und diese des “slawischen Nationalismus” bezichtigte. Der «Vorwärts» brachte es fertig zu leugnen, dass die faschistischen Akte der Zerstörung von Lenin-Denkmälern sich gegen die Arbeiterklasse richten.

Die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) und viele andere der ideologisch (und organisatorisch) am meisten gefestigten Parteien der Kommunistischen Weltbewegung haben die – nun auch von der PdA wiedergekäute – Gleichsetzung Russlands mit dem imperialistischen Block ausdrücklich verworfen. Das Erstarken der BRICS-Staatengruppe wird vielmehr als wichtige und positive Verschiebung der internationalen Korrelation der Kräfte registriert.2 In der Schweiz findet diese Auffassung ihre stärkste Stütze in der Kommunistischen Partei der Italienischen Schweiz , die schwergewichtig in der Südschweiz (Tessin und Graubünden) tätig ist, deren Stimme allerdings am Gotthard nicht Halt macht:

«Die Theorie der rivalisierenden Imperialismen, wie sie eine gewisse dogmatische extreme Linke zu verbreiten versucht, steht nicht nur im Gegensatz zu dem, was die revolutionären Kräfte in der Ukraine und Russland sagen, sondern vor allem verfehlt diese Theorie die Komplexität der internationalen Politik und widersetzt sich jeder Einbindung in einen ernsthaften weltwirtschaftlichen Diskurs, der die Chancen wahrnehmen muss, welche sich für die Emanzipationsbestrebungen der Völker auftun, wenn Russland (und die BRICS ganz allgemein) dem atlantischen Expansionismus einen Bremsklotz in den Weg legen.» (Partito Comunista, Massimiliano Ay, Politischer Sekretär)3

(mh/02.05.2014)

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Fussnoten:

1 Kritische Bemerkungen zur nationalen Frage, 1913, Lenin Werke, Band 20, Seiten 3–37 (Zitat S. 27)

2 In der politischen Resolution des XIX. Parteitags der PCP ( Partido Comunista Português -– Resolução Política do XIX Congresso ) heisst es dazu: « In diesem komplexen Rahmen, in dem Schwellenländer mit einem bedeutendem politischem und wirtschaftlichem Gewicht hervortreten und in dem sich Annäherungen und Allianzen von unterschiedlicher Geometrie, Natur und Stabilität überkreuzen, ist die sogenannte BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) hevorzuheben. Trotz Widersprüchen, welche aus der Verschiedenartigkeit des politischen Charakters der Prozesse in jedem einzelnen dieser Länder hervorgehen, haben diese eine positive Rolle eingenommen bei der Eindämmung der Vorherrschaftsansprüche der USA und ihrer wichtigsten Verbündeten.»

3 Kommunistische Partei der italienischen Schweiz: «Für den Frieden in der Ukraine, Nein zum Neo-Kolonialismus»


Siehe auch:

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