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Schwarze Liste der türkischen Putschisten entdeckt: 50 Todesurteile vorgesehen

Die Protagonisten des versuchten Staatsstreichs vom vergangenen 15. Juli gegen die Regierung in Ankara hatten eine Liste des Todes vorbereitet: 50 Menschen, darunter Politiker, Journalisten und Militärs hätten ermordet werden sollen, sobald der Putsch Erfolg gehabt hätte. Sowohl die regierungsnahen wie auch oppositionelle Medien bestätigten die Echtheit der Quelle, welche “sinistra.ch” hierzulande öffentlich zugänglich macht. Klar erzeigt sich nunmehr jedenfalls nicht nur die pro-amerikanische Richtung des Putschversuchs, sondern auch sein mit der Sekte von Fethullah Gülen verknüpfter islamistischer Charakter, genau so, wie von uns erwartet. (sinistra.ch)

Die “schwarze Liste” der Putschisten

Unter den ersten, die nach einem summarischen Verfahren hingerichtet werden sollten, sobald die Junta der Putschisten sich die Macht gesichert hätten, stehen zunächst der Präsident der Republik, Recep Tayyip Erdogan, der Premierminister Binali Yildirim und einige Kabinettsmitglieder, welche der Gülenisten-Sekte den Rücken gekehrt hatten. Die Liste der Säuberungen sah sodann die physische Elimination des Bürgermeisters von Ankara, Melih Gökçek, vor, eines Erdogan-Vertrauten, der gerade am Vortag des Aufruhrs ein Treffen mit einem Gesandten von Wladimir Putin zum Thema der Zusammenarbeit mit Russland geführt hatte. Und zusammen mit dem Bürgermeister der Hauptstadt wäre schliesslich auch Hakan Fidan umgebracht worden, der Chef des türkischen Geheimdienstes MIT, vielleicht wegen des Verdachts der Nähe zur russischen ex-KGB.

Das Kommando der Putschisten hatte weiter beabsichtigt, den kemalistischen Admiral Türker Ertürk zu töten, der als ehemaliger Kommandant der Akademie der Kriegsmarine heute zu den besonders NATO-kritischen Meinungsführern gehört. Zur Elimination stand auch Umit Kocasakal, Präsident der Rechtsanwaltskammer von Istanbul, bekannt für seine Unnachgiebigkeit in der Verteidigung der republikanischen Staatsidee und gegen die atlantischen Einmischungen.

Auf der Ebene der Politiker waren zwei Abgeordnete der nationalistischen konservativen MHP im Visier: der Parteivorsitzende Devlet Bahçeli und sein Rivale Ümit Özdag. Ausser ihnen hat offenbar kein anderes Parlamentsmitglied das Interesse der Putschisten geweckt: weder aus der sozialdemokratischen CHP noch aus der kurdisch-separatistischen HDP … das sagt alles!

Geplanter Enthauptungsschlag gegen die Vatan Partisi

Von besonderem Interesse ist eher die Feststellung, dass die Putschisten-Junta sich der Führung der Vatan Partisi hätte entledigen wollen: obwohl am Rande und ohne Abgeordnete, wurde diese kommunistisch inspirierte Partei wegen ihres Einflusses in der Gesellschaft als gefährlich erachtet: in der Hinrichtungsliste finden wir in der Tat den Parteivorsitzenden Doğu Perinçek, eine historische Leitfigur der türkischen revolutionären Linken, wie auch seinen rechten Arm Ferit Ilsever, in den 70er Jahren Gründer der maoistisch orientierten Türkischen Arbeiter und Bauernpartei (TIKP).

Aber das ist noch nicht alles: zwei oppositionelle Journalisten wie Soner Yalcin und Sabahattin Önkibar hätten ebenfalls an den Strang kommen sollen. Der erste begann seine journalistische Laufbahn im Jahr 1987 als Mitarbeiter der linken Zeitschrift für Kultur und Politik “2000 ‘ dogru”, während er heute bei der Zeitung “Aydınlık” arbeitet, die gerade von Perinçeks Partei herausgegeben wird. Sabahattin Önkibar, seines Zeichens ein Journalist aus kemalistischer Schule und kompromissloser Verteidiger des Laizismus, ist heute als TV-Moderator bei “Ulusal Kanal” tätig, auch dies eines der mit Perinçek verbundenen Medien.

Original (italienisch): Scoperta la lista nera dei golpisti turchi: erano previste 50 condanne a morte! sinistra.ch (16 novembre 2016) | Übersetzung: kommunisten.ch (19.11.2016)


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