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Zur Tagung der Weltunion der Freidenker in Basel

Im Spannungsfeld zwischen Individuum und Gesellschaft

«Freies Denken und die Emanzipation der Persönlichkeit» lautet das Hauptthema am Kongress der Weltunion der Freidenker vom 23. Juni in Basel. Dieser Teil der Tagung ist öffentlich und beginnt um 10.30 Uhr; alle Interessierten sind dazu eingeladen. Der Kongress findet im Hotel Alexander (beim Messeplatz) statt.

Das Tagungsthema bezieht sich unter anderem auf das Spannungsfeld zwischen Individualismus und gesamtgesellschaftlicher Verantwortung. Jener Teil der Freidenkerbewegung, der seine Religionskritik auf eine materialistische Grundlage stellt, findet dazu Antworten bei den Klassikern des Marxismus. Individuum und Kollektiv werden da nicht gegeneinander ausgespielt. Vielmehr «versuchten sie, das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft im Kommunismus als einer gegenüber der bestehenden bürgerlichen Gesellschaft höher entwickelten Formation historisch-praktisch und begrifflich neu zu bestimmen» (Werner Goldschmidt, «Überlegungen zur Dialektik von Individualität und Kollektivität bei Marx»). Der abstrakte Gegensatz beider Pole wird dialektisch überwunden. «…die freie Entwicklung eines jeden (ist) die Bedingung für die freie Entwicklung aller», heisst es dazu im Kommunistischen Manifest.

In der Freidenkerbewegung gibt es traditionell zwei Hauptströmungen. Die eine ist eher bürgerlich-rational ausgerichtet, aber oft auch in alter Kulturkampfrethorik stecken geblieben oder einem ideologischen Atheismus huldigend. Die andere, lange Zeit die dominierende Strömung in der Bewegung ist materialistisch geprägt und verknüpft ihre Religionskritik mit Gesellschaftskritik. Für sie ist Religion kein Feindbild, sondern wie alle Erscheinungen des gesellschaftlichen Überbaus zu behandeln: als Ausdruck der menschlichen Selbstentfremdung durch die kapitalistische Produktionsweise. Oder, wie Karl Marx es gesagt hat: es gilt, «nachdem die Heiligengestalt der menschlichen Selbstentfremdung entlarvt ist, die Selbstentfremdung in ihren unheiligen Gestalten zu entlarven». Der Kampf ist im ökonomischen Unterbau der Gesellschaft zu führen. Und dieser Kampf kann zum Beispiel auch nicht auf die Unterstützung von Menschen verzichten, die aus religiösen Gründen für emanzipatorische Kämpfe motiviert sind.

Die Weltunion der Freidenker mit Sitz in Paris ist die Dachorganisation von Landesverbän­den und regio­nalen Gruppie­rungen der Frei­den­ker. «Die Weltanschauung der Freidenker beruht auf den Grundsätzen der objektiven Erkennt­nis, des befreienden Gebrauchs der Vernunft, einer friedlichen, konstruktiven Wissenschaft, der Philosophie, des eigenständigen Gebrauchs des Ver­­standes und der Suche nach Wahr­heit … Die Frei­denkerbewegung tritt für Frieden und Abrüstung ein und kämpft gegen Kriege, Militarismus, Kolonialismus und Kriegspropaganda.» So steht es in der Satzung über die Grundsätze und Ziele der Welt­union der Frei­denker, der man auch als Einzelmitglied beitreten kann (www.profan.ch).