Abschaffung des Alkohol-Verkaufsverbots: KP kritisiert den linken «Salutismus»
Im Tessin hat das Kantonsparlament ein abendliches Alkoholverkaufsverbot wieder aus dem Gesetz über die Ladenöffnungszeiten heraus gekippt. Dies, obwohl das Gesetz erst ein gutes Jahr in Kraft ist. Dabei zeigten sich verquere Fronten: Die Linke, von Ökoliberalen bis zu den Trotzkisten, verteidigte das Verbot, während die Kommunisten der Aufhebung zustimmten. Nicht, weil sie mit den irrelevanten wirtschaftlichen Zielen der bürgerlichen Promotoren einig gingen, sondern weil ihrer Meinung nach Jugend- und Alkoholismus-Prävention wirkungsvoller angegangen werden kann und muss als mit Verboten, und weil ein Alkohol-Verkaufsverbot materiell nichts in einem Gesetz über die Ladenöffnungszeiten zu suchen hat.
sinistra. Für das Tessiner Gesetz über die Ladenöffnungszeiten, das seit Januar 2020 in Kraft ist, fehlt es nicht an Fallstricken. Neben den noch beim Bundesgericht hängigen Beschwerden (eine davon wird von der Gewerkschaft Unia unterstützt), wurde das neue Gesetz auch von einem freisinnigen und einem Lega-Grossrat aufs Tapet gebracht. Die Parlamentarier reichten eine Initiative ein, um die Bestimmungen aufzuheben, die den Verkauf von Alkohol nach 19 Uhr an Werktagen (donnerstags 21 Uhr, samstags 18.30 Uhr) und nach 18 Uhr an Sonn- und Feiertagen verbieten. Eine Massnahme, von welcher die Geschäfte von Zapfsäulen, kleine Kioske, von Campingplätzen sowie Vereinsbeizen bei Volksfesten, Kultur und Sport betroffen sind. Die beiden Initianten der Rechten hielten es für ein «nutzloses» Verbot, das auch von der Bevölkerung nicht verstanden werde.
Ein seltsames Verbot in einem Gesetz, das etwas anderes regelt
Dieses Verbot mit gesundheitspolitischen Zielen, eingefügt in ein Gesetz, das an sich von etwas anderem spricht, wurde weder in den damaligen Parlamentsdebatten noch im Abstimmungskampf von den Parteien angesprochen. Es scheint also irgendwie ins Gesetz hineingerutscht zu sein. Vielleicht um einem Ex-Staatsanwalt, Exponent der fundamentalistischen kirchlichen Bewegung von Communione e Liberazione, ein Herzensanliegen zu erfüllen. In der Vergangenheit profilierte er sich vor allem mit seinen Kreuzzügen gegen Hanf. Er hatte 2008 eine spezielle «Task Force» mit der Bezeichnung Jugend, Gewalt und Bildung ins Leben gerufen. Ihr gehörten Magistraten, Armeeoffiziere und ein paar junge Leute aus guten Familien an, die von niemandem gewählt wurden. Im Gefolge des Mords an Damiano Tamagni während der Fasnacht in Locarno wurde die Gruppe vom katholisch-konservativen Staatsrat Luigi Pedrazzini stark unterstützt. Unnötig zu sagen, dass diese Arbeitsgruppe verschiedene Massnahmen mit einem prohibitionistischen Beigeschmack vorschlug, einschliesslich dieses Verbots des Verkaufs von Alkohol, zusätzlich zur berüchtigten Ausgangssperre für Minderjährige, die damals so viel Staub aufgewirbelt hatte. In einem Dokument, das der damalige Koordinator der Unabhängigen Studenten- und Lehrlingsvereinigung (SISA) Giulio Micheli unterzeichnet hatte, wurde die Frage gestellt, ob man unter dem Vorwand der Missbrauchsbekämpfung «muffige Welten schaffen will, in denen die Kinder aufwachsen sollen? Wie immer» – so die SISA vor 13 Jahren – «will man an den Wirkungen und nicht an den Ursachen ansetzen, will man versuchen, Krankheiten zu heilen, die man gar nicht erst entstehen lassen sollte. Anstatt der Jugend (deren Exzesse viel globaler analysiert werden sollten) mehr Rechte und Verantwortung zu geben, will man dem sozialen Repressionsapparat unseres Landes mehr Raum geben! Kurz gesagt, dies ist nicht der Weg, um die neuen Generationen zu verantwortungsbewussten Mitbürgern zu machen…»
Giulio Micheli, ehemaliger Koordinator der SISA, hatte schon 2008 den christdemokratischen Prohibitionismus kritisiert.
Linke mit den Katholiken, Kommunisten mit der Rechten
Im Parlamentsplenum hat sich die Linke, angeführt vom Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Fabrizio Sirica, in all ihren Facetten – vom Ökologen bis zum Trotzkisten – mit den Christdemokraten unter der Führung von Fiorenzo Dadò für das Verbot ausgesprochen. Die einzige andere linke Stimme aus dem Chor war die von Massimiliano Ay, der die Ablehnung der Kommunistischen Partei gegenüber den in der Linken vorherrschenden Verbotspraktiken bekräftigte: «Wer vor Jahren in der autonomen sozialistischen Bewegung eine libertäre Praxis unterstützt hatte, ist heute bei der Verteidigung einer moralisierenden und pädagogisierenden Linie gelandet.» An Spannungsmomenten mangelte es nicht, wenn ausgerechnet von katholischer(!) Seite auf Kinder Bezug genommen wurde. Die Kommunistische Partei protestierte gegen diese Äusserungen, die nur dazu dienten, die Öffentlichkeit zu empören: Das Verbot, Alkohol an Minderjährige zu verkaufen, stand in Wirklichkeit gar nicht zur Diskussion, das Parlament hatte nur über den Verkauf von Alkohol an Erwachsene zu befinden.
«Ein Verbot bringt nichts!»
Bevor der kommunistische Grossrat Massimiliano Ay seine Zustimmung und jene seiner Kollegin Lea Ferrari zum Mehrheitsantrag bekanntgab, kritiserte er in seiner Rede die Freisinnigen und die Lega nicht nur, weil «es illusorisch ist, an einen wirtschaftlichen Aufschwung zu denken, der von ein paar mehr verkauften Bieren am Abend ausgehen» soll, sondern auch, weil sie in Wirklichkeit zu sehr nur auf die kommerziellen Daten achten würden: «Unter denen, die heute wie ich abstimmen, wird es auch diejenigen geben, die gegen jede einschneidende Intervention der Primär-, Sekundär- und Sozialprävention bei den Problemen im Zusammenhang mit dem Konsum alkoholischer Getränke sind», grenzte sich Ay ab, der abschliessend feststellte: «Die politische Tatsache, die zählt, ist jedoch, dass wir mit dem derzeitigen Verbot nicht einverstanden sind».
Im Parlament sprach sich der kommunistische Abgeordnete Massimiliano Ay gegen das Verbot aus.
Die Kommunistische Partei, welche die Diskussion auch in ihrem Zentralkomitee führte, hatte festgestellt, dass «diese Art von Verbot auf lange Sicht nicht nur die Probleme der Sucht nicht löst, die im Gegenteil an der Wurzel angepackt werden müssen; sie riskiert vielmehr, das zu tun, was niemand will, nämlich das Thema zu bagatellisieren: Wir glauben nicht, dass das Verbot mittelfristig eine positive Wirkung auf die Einstellung der Jugendlichen zum Alkohol haben kann. Und der Bevölkerung vorzugaukeln, dass sich mit diesem Verbot strukturell etwas ändern kann, dazu haben wir als Kommunisten keine Lust.» Im Gegenteil: «Wir begegnen dem Jugend- und Suchtproblem nicht mit dieser verbotsorientierten Politik, sondern mit einem ganz anderen Ansatz,» so der KP-Grossrat, der im Saal auch darauf hinwies: «Wenn jemand Alkohol missbrauchen will, sind Alternativen andere als rar, angefangen bei Mischungen auf Hustensaftbasis, die wir für weitaus schlimmer halten als vergorene Getränke!» Am Ende stimmte das Parlament für die Aufhebung des Verbotes.
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Veröffentlicht am 11. Mai 2021 in sinistra.ch. Übersetzt mit Hilfe von www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)