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24. Parteitag der KP Schweiz

Parteitage sind auch Standortbestimmung: eine Nachlese

Wie hält es die Kommunistische Partei Schweiz mit den Gewerkschaften? Wie sieht die Partei ihre weitere Ausdehnung in die übrige Schweiz? Wo steht ihre Jugendorganisation? Wie will sie dem imperialistischen Soft Power begegnen? Wer sich solche und andere Fragen stellt, hat am letzten Parteitag – über dessen Verlauf wir bereits berichtet haben – Antworten erhalten. Wir gehen ihnen hier im Detail nach.

Die Kommunistische Partei Schweiz verficht eine antiimperialistische Haltung, die Hand in Hand mit ihrer patriotischen und linken Linie geht: Der Parteitag der KP Schweiz vom November gab dieser Haltung Ausdruck, indem er die Aussetzung des institutionellen Rahmenabkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Union begrüsste. Und er wandte sich gegen die «Kohäsionsmilliarde», mit der die Schweiz neokoloniale Projekte in osteuropäischen Ländern finanziert. Und schliesslich forderte er die Rückkehr der Schweizer Soldaten aus dem Kosovo als einer Region, welche die Nato zum Nachteil Serbiens besetzt hält. Was die internationale Arbeit betrifft, bekräftigte der Parteitag einmal mehr die Notwendigkeit, dem Internationalen Treffen der Kommunistischen und Arbeiterparteien (SOLIDNET) beizutreten.

Die Partei und die Gewerkschaften

Ein wichtiges Thema am 24. Parteitag der KP war die Frage der Beziehungen der Partei zu den Gewerkschaften. Die Bedeutung liess sich schon davon ablesen, dass sich die Regionalgliederungen aller Gewerkschaften am Kongress vertreten liessen oder sich für eine Teilnahme entschuldigt hatten. Giangiorgio Gargantini, Präsident der Gewerkschaft Unia im Kanton Tessin, lobte in seinem Grusswort das Engagement der Kommunistischen Partei und rief zu einer noch engeren Zusammenarbeit auf. Die KP hat sich aktiv an der Organisierung der Fahrer von Hauslieferungsfirmen beteiligt. Der soziale Kampf wurde vom Politischen Sekretär Massimiliano Ay für die KP als prioritär bezeichnet. Gerade in einer Region wie der Südschweiz, wo die Armutsquote dreimal so hoch ist wie im Rest des Landes, dränge sich das auf. In den Beziehungen zu den Gewerkschaften habe es in der Vergangenheit zwar auch schon Schwierigkeiten gegeben, räumte Ay ein. Aber die Arbeit in den Organisationen der Arbeiterbewegung dürfe auf keinen Fall fraktionistisch sein, denn die Gewerkschaften sind das letzte verbliebene einheitliche Massenorgan der Arbeitnehmer. Der Generalsekretär stellte dabei klar: «Wir sind nicht eine kleine Gruppe von kleinbürgerlichen Rebellen, die einen ultra-revolutionären Gewerkschaftsgeist für sich beanspruchen und mit dem Schicksal der Arbeiter spielen.» Die Kommunistische Partei sei sich bewusst, dass es innerhalb der Schweizer Gewerkschaftsbewegung Probleme wie den Interklassenkampf gibt, aber es wäre falsch, nicht anzuerkennen, dass – zumindest in der italienischsprachigen Südschweiz – Gewerkschaftsfunktionäre mit kämpferischen Ansätzen zu finden sind, die unterstützt werden sollten.

Der Kongress drückte seine Solidarität mit der Gewerkschaft Unia aus, die Angriffen ausgesetzt ist, da sie als eine finanziell «zu reiche» Organisation beschrieben wird: ein Erbe der Sozialpartnerschaft, das dennoch nützlich ist, um Streikgelder zu sichern, Kämpfe führen zu können usw. Und genau in dem Moment, in dem die rechten Parteien die Unia wegen ihrer Stärke angreifen, reiten die Trotzkisten populistisch auf dem gewerkschaftsfeindlichen Hass herum, indem sie dazu aufrufen, eine … reinere und selbstverwaltete Gewerkschaft aufzubauen! «Nur kommunistische Parteien und Gewerkschaften mit ausreichenden Ressourcen können wirklich handeln, ohne sich dem Druck und der Erpressung der Klassengegner beugen zu müssen», rief Genosse Ay stattdessen in Erinnerung. Schliesslich wurde die Frage der Sicherheit am Arbeitsplatz aufgeworfen und die Risiken der intelligenten Arbeit, die die Arbeiterklasse weiter zersplittert, angeprangert.

Über das Thema Ernährungssouveränität Anschluss in der übrigen Schweiz finden?

Die Kommunistische Partei ist bisher vor allem in der italienischsprachigen Südschweiz verwurzelt. Aber sie zieht zunehmend Aufmerksamkeit im nationalen Rahmen auf sich. An diesem 24. Kongress nahmen bereits Delegierte aus den Kantonen Aargau, Bern, Genf, Waadt und Zürich teil. Der Kongress stellte fest, dass die Kommunistische Partei das Selbstverständnis einer nationalen Partei hat, sprach sich jedoch für eine bedachte Expansion aus: Die Partei ist in der italienischsprachigen Südschweiz gut strukturiert, und deshalb müsse vorerst hier eine mutigere Rekrutierungskampagne unter den Sympathisanten, Arbeitern, Studenten und den Volksschichten, die uns mit Interesse beobachten, durchgeführt werden; auf nationaler Ebene bestehe die Priorität jedoch noch nicht darin, in allen Regionen der Eidgenossenschaft quantitativ zu wachsen; hier müsse man vorerst auf der Bildung von Kadereinheiten mit einer angemessenen ideologischen Kompaktheit bestehen. Die Praxis anderer Organisationen, die fiktive Sektionen bilden (vielleicht nur in sozialen Netzwerken), während in Wirklichkeit keine wirklichen stabilen Kämpfer vorhanden sind, könne nicht der Weg sein. Zweideutige Praktiken finden bei der KP kein Interesse: «Wir ziehen es vor, langsam echte Parteizellen aufzubauen, die jedoch solide sind und mit denjenigen verbunden sind, die tatsächlich in einem bestimmten Gebiet leben und arbeiten». Man sei nicht auf der Suche nach einer flüchtigen Masse, viel mehr gehe es darum, geduldig Einheiten von zuverlässigen Aktivisten mit einer kohärenten leninistischen Praxis aufzubauen, die dann eine angemessene Massenbasis entwickeln können. Kurz gesagt: «Wir verschweigen unsere derzeitigen Schwächen nicht, aber wir verfolgen eine schrittweise und pragmatische Strategie, mit der wir versuchen, Schritt für Schritt organisatorisch zu wachsen.»

Eine Möglichkeit der stärkeren Vernetzung mit anderen Landesteilen sieht man in einem «Export» der erfolgreichen Erfahrung, welche die KP mit dem Thema Ernährungssouveränität gemacht hat. Unlängst hat die kleine KP-Fraktion im Tessiner Grossrat erreicht, dass das Parlament der Aufnahme des Grundsatzes der Ernährungssouveränität in die Verfassung zugestimmt hat, was anschliessend auch in einer Volksabstimmung eine Mehrheit gefunden hat. Der Parteitag hat denn auch dem neuen Zentralkomitee den Auftrag erteilt, eine Strategie auszuarbeiten, um diese Diskussion in andere Schweizer Kantone zu tragen. Diese Kampagne hat es der Partei auf der Alpensüdseite ermöglicht, die landwirtschaftliche Welt mit den ökologischen Bewegungen zu vereinen, die sich normalerweise streiten. Und diese Kampagne hat es der KP auch ermöglicht, mit der Arbeiterschaft des primären Wirtschaftssektors in Kontakt zu treten, die vom Rest der Linken im Stich gelassen wird. Die Wiederaufnahme des Kontakts mit dem bäuerlichen Sektor, der enorm unter dem Druck der grossen Marken und Supermärkte leidet, war eine sehr lehrreiche Erfahrung für die Partei, und sie will nun versuchen, diesen Kampf zu verallgemeinern.

Mehr Gegeninformation betreiben und die kulturelle und ideologische Arbeit verbessern

In der Diskussion unter den Delegierten fand auch die Frage der Kultur und der Gesellschaftskritik Raum. Die Partei müsse versuchen, ihre Arbeit in diesem Bereich zu intensivieren, denn Soft Power ist strategisch geworden im Zuge der sozialen Kontrolle über die neuen Generationen: Das liberale und kosmopolitische Einheitsdenken zugunsten des Atlantismus und des Zionismus wird selbst in einem neutralen Land wie der Schweiz immer erdrückender. Die Kommunisten müssen versuchen, alternative Narrative zur vorherrschenden kulturellen Gleichschaltung aufzubauen, sowohl in der Geschichtsschreibung als auch in der Aussenpolitik, wo es eine gefährliche Verflachung aller Medien und eine Frontstellung gegen den Multipolarismus gibt, zudem in einem stark russophoben und sinophoben Klima.

Mit der eindimensionalen Optik der «Qualitätsmedien» hat die Kommunistische Partei gerade an diesem Parteitag ihre Erfahrung gemacht. Auffälligerweise haben die privaten Medien recht gut über die Veranstaltung berichtet. Hingegen war der öffentlich-rechtliche Sender völlig abwesend, er hat den Kongress in skandalöser Weise brüskiert. Als die Kommunistische Partei noch nicht im Parlament vertreten war, wurde sie sogar häufiger zu Fernsehdebatten eingeladen, während heute, wo sie wächst und auf institutioneller Ebene vertreten ist, das öffentliche Fernsehen «vergisst», die KP zu erwähnen. Offensichtlich ziehen es die zionistisch und trotzkistisch unterwanderten Redaktionen vor, die KP aus dem öffentlichen Bewusstsein zu verdrängen und Randgruppen der «Opposition» um ihrer selbst willen Raum zu geben. Eine kohärente marxistisch-leninistische Partei, die bei der jungen Generation erfolgreich ist, gehört dort nicht ins Berichterstattungs-Portefeuille. Die Partei, welche die Vernachlässigung, ja Aufgabe der Neutralität durch die Schweizer Behörden an den Pranger stellt sowie deren Parteinahme im neuen kalten Krieg für die Seite des atlantischen Lagers und gegen die Multipolarität, wird totgeschwiegen.

Die Kommunistische Jugend grösste Jugendorganisation der Linken

In der Südschweiz ist die KJ innerhalb der Linken die grösste Jugendorganisation, noch vor den Jungen Grünen und der sozialdemokratischen Jugend, die in der Deutschschweiz und der Romandie stärker sind. Das stellte am KP-Parteitag Luca Frei als Generalsekretär der Kommunistischen Jugend Schweiz fest. Er führte das auf die studentische Massenbasis zurück, die es der KJ ermöglichte, innerhalb der Studenten- und Lehrlingsgewerkschaft SISA viel Einfluss zu haben und an Mitgliedern zu wachsen. Auf der organisatorischen Ebene bekräftigte der Jugendverantwortliche, dass die Kommunistische Jugend Schweiz keine von der Avantgardepartei getrennte Organisation, sondern im Gegenteil intern mit ihr eng verbunden ist. Das ermöglicht, Formen des Opportunismus besser zu kontrollieren und die Bedeutung des Demokratischen Zentralismus von jung auf zu lernen. Genosse Frei erläuterte auch die Arbeit der Jugendsektion zur Frage der Jugendprekarität am Arbeitsplatz und der Ausbeutung durch Zeitarbeitsfirmen. Der Kongress lobte dieses Engagement, zeigte sich aber auch besorgt darüber, dass die Jugendsektion der Partei der Arbeit der Schweiz im Ausland den Namen «Kommunistische Jugend der Schweiz» verwendet. Damit wird eine Verwechslung mit der «Kommunistischen Jugend Schweiz» in Kauf genommen oder sogar beabsichtigt, um die internationalistischen Beziehungen der KP-Jugend zu behindern.

Marxistisch-leninistisch, aber den Kontext eines komplexen Landes beachtend

Der Parteitatg hatte Grossrat Massimiliano Ay, der seit dem 20. Parteitag im Jahr 2009 im Amt ist, als Politischen Sekretär der Kommunistischen Partei im Amt bestätigt. Sogar die bürgerliche Presse war nicht umhin gekommen, aus ihrer Aussensicht zu würdigen, dass Genosse Ay es geschafft hat, der Partei wieder zu Schwung zu verhelfen, der in der Vergangenheit gefehlt hat. Parteiintern wird aber mehr mehr sein Verdienst betont, dass es ihm gelungen ist, ein enges Kollektiv junger Kader aufzubauen, die jeden Individualismus verabscheuen, auf jeden ideologischen Eklektizismus verzichten und den Marxismus-Leninismus zu ihrem eigenen ideologischen Bezugspunkt machen, und das nicht ohne ihn an den Kontext eines komplexen Landes wie der Schweiz anzupassen. Die Komplexität eines reichen, föderalistischen Landes mit mehreren Sprachen und Kulturen, mit mehreren Gesetzgebungs- und Verfassungssystemen, mit einer weitgehend eingewanderten und daher politisch rechtlosen Arbeiterklasse, mit einem System der kollegialen Regierung und der Konkordanz usw. erschwert den Aufbau und die Entwicklung einer revolutionären Partei, die den Sozialismus anstrebt und den Kampf gegen den atlantischen Imperialismus in den Vordergrund stellt. Bei all diesen Schwierigkeiten kann die Partei stolz sein auf die – trotz ihren sehr begrenzten wirtschaftlichen Ressourcen – in den letzten Jahren erzielten Fortschritte!