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Die Schweizer Friedensbewegung im Fadenkreuz kriegslüsterner «Liberaler»

Luca Frei

von Luca Frei1

1963 beschloss eine Gruppe von Jugendlichen, die in der Schweizerischen Bewegung gegen die atomare Aufrüstung aktiv waren, eine in Deutschland und England bereits besonders gut etablierte Protestform zu übernehmen, nämlich die so genannten Ostermärsche. Ziel war es, sich gegen das Atombombenprojekt der Schweizer Regierung zu wehren, obwohl sich die Aufmerksamkeit bald auf den laufenden Krieg in Vietnam verlagerte. 1967 verschwanden diese Märsche, um dann in den 1980er Jahren wieder aufzutauchen, vor allem dank der Schweizerischen Friedensbewegung (SFB), im Gefolge der grossen Friedensdemonstrationen, die in ganz Europa stattfanden (und die in der Schweiz den Bundesrat erschreckten, der in einer antikommunistischen Panik unter anderem beschloss, die sowjetische Presseagentur Ria Novosti zu schliessen. Er beschuldigte sie, sich durch die Begünstigung der Friedensbewegung in die Schweizer Innenpolitik einzumischen). Diese Ostermärsche werden auch heute noch organisiert. Während das Organisationskomitee dieser Veranstaltungen nur aus fünf Organisationen besteht, darunter die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSOA), beteiligen sich rund vierzig Organisationen an der Durchführung des Anlasses, darunter die Schweizerische Friedensbewegung, Schweizer Sektion des historischen Weltfriedensrates, der sich seit Jahrzehnten für den Frieden und die nukleare Abrüstung einsetzt.

Für die SFB ist es notwendig, «zu verhandeln statt zu sanktionieren».

Verhandeln statt sanktionieren

vor dem Bundeshaus

«Frieden statt Nato!»

Am Montag, 18. April dieses Jahres, fand in Bern der traditionelle Ostermarsch statt, nachdem er zwei Jahre lang wegen der Pandemie abgesagt wurde. Angesichts der aktuellen internationalen Lage rückte natürlich der anhaltende Konflikt in der Ukraine in den Mittelpunkt. Angesichts der Heterogenität der auf der Veranstaltung anwesenden Organisationen waren die Analysen zum Thema Ukraine sehr unterschiedlich. Die Schweizerische Friedensbewegung beschloss, sich auf die Frage der Sanktionen zu konzentrieren und brachte ein Transparent mit der Aufschrift «Verhandeln statt sanktionieren» mit. Die Anspielung bezieht sich eindeutig auf die Haltung der westlichen Regierungen (darunter leider auch die Schweizer Regierung), die als Reaktion auf den Konflikt in der Ukraine beschlossen haben, massive Sanktionen gegen Russland zu verhängen, Sanktionen, die jedoch nur das russische Volk (sicherlich nicht die berüchtigten Oligarchen oder Putin) und die europäischen Arbeitnehmer treffen, die Gefahr laufen, ihren Gürtel immer enger schnallen zu müssen. Ausserdem ist inzwischen klar, dass die Sanktionen keine Auswirkungen auf den Konflikt hatten, sondern eher zur Radikalisierung der Positionen beigetragen und die Eröffnung eines Verhandlungsprozesses verzögert haben, der, wenn schon keinen Frieden, so doch zumindest einen Waffenstillstand garantieren könnte.

Wir erinnern daran, dass die Schweiz, indem sie sich den EU-Sanktionen vollständig anschloss, ihre Neutralität und ihr Ansehen auf internationaler Ebene gefährdete, indem sie sich von jedem Friedensprozess ausschloss. Die Schweizerische Friedensbewegung betonte daraufhin die schändliche Rolle der Nato und trug ein Transparent mit dem Slogan «Frieden statt Nato». Der Slogan der SFB ist mehr als legitim und vor allem unter dem Gesichtspunkt der Forderungen besonders interessant, umso mehr, wenn man ihn mit den falschen pazifistischen Plattitüden liberaler Organisationen vergleicht, die an der Demonstration teilnahmen.

WoZ greift die Friedensbewegung an

In einem am 28. April in der Wochenzeitung WoZ unter dem Titel «Putin-Freunde am Ostermarsch» veröffentlichten (und in der Zwischenzeit wegen zahlreicher Ungenauigkeiten mehrfach korrigierten und aktualisierten) Artikel (hier zu lesen) werden die Aktivisten der SFB beschuldigt, auf dem Ostermarsch Kreml-Propaganda zu betreiben. Nichts Neues an dieser Front: Jeder, der es wagt, Zelenskijs und Bidens einseitiges Narrativ (das von den Schweizer Medien und einem grossen Teil der liberalen Schweizer Linken lautstark bejubelt wird) in Frage zu stellen, wird sofort beschuldigt, eine Putin-Marionette zu sein. Die Oberflächlichkeit dieser kleinlichen Propaganda ist nicht mehr überraschend. Am meisten verblüfft dieser Artikel jedoch durch die Interviews, die einige Mitglieder der Schweizer Friedensbewegung gegeben haben, insbesondere Jo Lang, GSoA-Aktivist und Grünen-Politiker.

Jo Lang, der Waffenlieferungen an die Ukraine befürwortet, glaubt Lehren in Pazifismus erteilen zu müssen.

Jo Lang: Ja zu Waffenexporten in die Ukraine und für den Ausschluss der SFB

Jo Lang ist von den Grünen: Er müsste also eine ökologische Position haben. Lang ist auch von der GSoA, also müsste er gegen Konflikte sein. Da Waffenexporte weder ökologisch noch kriegslösend sind, sollte Lang folglich gegen Waffenexporte in die Ukraine sein. Laut dem WoZ-Artikel bezeichnet sich Lang jedoch als «pragmatischer Pazifist», der Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine befürwortet, nicht jedoch die Schweiz. Abgesehen von der grundsätzlichen Heuchelei dieser Position fragt man sich, wie sie mit seinen (theoretischen) Idealen, aber vor allem mit den Werten der Ostermärsche vereinbar sein kann, die heute offensichtlich durch die liberalen Abweichungen der Pazifisten des 21. Jahrhunderts in die Irre geführt werden. Trotzdem fühlt sich Lang in der Lage, über die SFB zu dozieren und spricht sich sogar dafür aus, diese Organisation von künftigen Ostermärschen auszuschliessen. Schliesslich wurde die SFB bereits bei der diesjährigen Veranstaltung vom Sicherheitsdienst gezwungen, sich wegen ihres Banners in den hinteren Teil des Zuges zu begeben. Das Organisationskomitee der Ostermärsche wird noch im Mai zusammenkommen, um genau diese Frage zu erörtern. Ein Ausschluss der SFB wäre äusserst schwerwiegend und beschämend: Es wäre so, als würde man die italienische Partisanen-Vereinigung von der Organisation der jährlichen Feier der Befreiung des Landes vom Faschismus am 25. April ausschliessen. Die Hexenjagd auf jeden, der es wagt, die atlantische Propaganda in Frage zu stellen, wird immer intensiver. Und in der Zwischenzeit fördern die Nato, die EU und die Pseudolinken den Konflikt, indem sie die ukrainischen Neonazi-Banderas immer offener unterstützen, wie es am 1. Mai in Bellinzona geschah (mehr dazu hier). In einem solchen Klima müssen die Schweizer Friedensbewegung und die Organisationen, die sich für eine multipolare und wirklich friedliche Welt einsetzen, gestärkt werden.
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1 Luca Frei, geboren 1998, wurde im März 2020 zum Koordinator der Kommunistischen Jugend Schweiz gewählt. Nach dem Abitur begann er ein Universitätsstudium der Geschichte. Er ist in der Unabhängigen Studenten- und Lehrlingsvereinigung (SISA) aktiv.
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Der Text ist erstmals erschienen in sinistra.ch am 12. Mai 2022. Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)