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Die Schweizer Post lagert aus, und die gelbe Gewerkschaftsvorsitzende zuckt mit den Schultern. Die KP gegen die Ausverkaufs-Manager!

sinistra.ch. Am Dienstag, 13. September 2022, gab die Schweizerische Post ihre Absicht bekannt, im Jahr 2023 eine IT-Entwicklungsgesellschaft in Portugal zu eröffnen. Praktisch heisst das, dass die Konzernleitung eine eigene Niederlassung in Lissabon eröffnen will, um einen Teil ihrer IT-Dienstleistungen auszulagern. Der Grund dafür sei der Mangel an qualifiziertem Personal in diesem Sektor in der Schweiz, aber laut Unternehmenssprecherin Nathalie Dérobert Fellay wird diese Entscheidung der Post helfen, … wettbewerbsfähig zu bleiben.

Konfliktpotenzial zwischen den Grünen und der Kommunistischen Partei

Die Reaktionen der Politiker auf diese Nachricht liessen nicht lange auf sich warten. Auch wenn die gewählte Lösung «nicht ideal» sei, zeigte die grüne Nationalrätin und Präsidentin der katholischen Richtungsgewerkschaft Transfair, Greta Gysin, «Verständnis» für die Entscheidung der Verantwortlichen des gelben Riesen. Der Sekretär der Schweizer Kommunisten, Maximilian Ay, hingegen sprang auf den Stuhl: «Da gibt es nichts zu verstehen! Das ist einfach inakzeptabel! Und auch die Gewerkschaften täten gut daran, diese schändlichen Managementpraktiken nicht mit so viel Gelassenheit hinzunehmen.» Das stelle einen gefährlichen Präzedenzfall für die Belastbarkeit der gewerkschaftlichen Tarifverhandlungen selbst dar und könnte als Vorwand für die Verlagerung anderer Unternehmen zum Schaden des schweizerischen Wirtschaftsgefüges genutzt werden. Aber auch unter Gewerkschaftsexponenten sind nicht alle «verständnisvoll»: Graziano Pestoni, Autor eines Buches über die Privatisierung der PTT, ehemaliger Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes im Kanton Tessin und Präsident der Vereinigung zur Verteidigung des öffentlichen Dienstes, folgt Gysin nicht: «In der Schweiz gebe es kein Personal – wer glaubt das schon! Das ist eine Meinungsverschiedenheit, die schwer wiegt, da Gysins Sitz durch das 2019 unterzeichnete Bündnis zwischen den Grünen, der Kommunistischen Partei und dem Alternativen Forum garantiert ist.

Hat Greta Gysin, Nationalrätin und Co-Vorsitzende der Gewerkschaft Transfair, «Sympathien» für Auslagerungen?

Gibt es wirklich einen Mangel an qualifiziertem Personal?

Wenn Graziano Pestoni nicht daran glaubt, ist sich Greta Gysin hingegen sicher: In der Schweiz gebe es kein Fachpersonal! Massimiliano Ay geht jedoch noch weiter: «Wenn es stimmt, muss ein Unternehmen des öffentlichen Dienstes diesen Engpässen zuvorkommen, indem es in die Ausbildung investiert: Es ist zu einfach, in die EU auszulagern und damit unseren Arbeitsmarkt zu schwächen! Und während die Öko-Parlamentarierin die Entscheidung der Post-Spitze toleriert, lässt sich Lorenzo Quadri, Abgeordneter der Lega dei Ticinesi und Mitglied der nationalrätlichen Telekommunikationskommission, das nicht gefallen und fragt den Bundesrat: «Hält der Bundesrat die These der Post, dass einige Dutzend Informatiker in der Schweiz nicht zu finden seien, für glaubwürdig? Sind also die Schweizer Universitäten, die bekanntlich zu den besten der Welt gehören, nicht in der Lage, qualifizierte Informatiker für den Bedarf der Schweizer Post auszubilden, während die portugiesischen Universitäten dazu in der Lage wären?». Quadri erhebt daraufhin dieselben Zweifel wie Ay und Pestoni: «Welche Sicherheiten gibt es, dass hinter dem Entscheid der Post nicht ein einfaches wirtschaftliches Kalkül (bei den Löhnen zu sparen) steht? Es ist seltsam, dass sich die Vorsitzende der Gewerkschaft Transfair nicht darum kümmert … Schliesslich hatte die Schweizerische Post vor einigen Jahren», erinnert sich Graziano Pestoni, «eine Filiale in Vietnam eröffnet, die den Auftrag hatte, die Adressen von unleserlichen Briefen und Paketen zu entziffern. Es liegt auf der Hand, dass diese Entscheidung getroffen wurde, um Gehälter zu sparen».

Laut der Schweizerischen Post mangelt es in der Schweiz an IT-Personal, aber es besteht der dringende Verdacht, dass man bei den Gehältern sparen will.

Die Postmanager müssen ersetzt werden (auch der sozialdemokratische)

Lorenzo Quadri prangert auch die mangelnde Transparenz des Unternehmens an, das die Politik im Unklaren lässt. Dem stimmt auch die Kommunistische Partei zu, die in einer Mitteilung an die Redaktionen «diese Praxis der Verlagerung von Arbeitsplätzen mit hoher Wertschöpfung in die EU in Frage stellt und den Bundesrat auffordert, gegen die Ausverkaufs-Manager zu intervenieren, die (auch mit sozialdemokratischem Parteibuch) die Post kontrollieren: Es ist inakzeptabel, dass ein Unternehmen, das in öffentlicher Hand ist, jetzt Arbeitsplätze auslagert, noch dazu ins Ausland, und die Arbeitnehmer faktisch in Konkurrenz zueinander setzt». Die Manager eines Unternehmens, das im Besitz des Bundes bleibt, haben – so die Kommunistische Partei – «nicht so zu handeln, als ob sie die Chefs wären, sondern im alleinigen Interesse der Volkswirtschaft und damit der Gemeinschaft! Wenn sie diesen Auftrag nicht erfüllen, müssen sie ersetzt werden». Das Problem liegt jedoch «stromaufwärts», und die Kommunisten betonen dies in ihrer Note: «Wir müssen endlich zum Thema der Wiederherstellung der Kontrolle der Post durch den Bund zurückkehren! Der Angriff richtet sich gegen Christian Levrat, den heutigen Verwaltungsratspräsidenten der Schweizerischen Post, der in der Vergangenheit nicht nur Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz, sondern auch Vorsitzender der Post-Gewerkschaft war. Dies ist vielleicht der Grund, warum selbst die andere für die Post-Werktätigen zuständige Gewerkschaft, die SGB-Gewerkschaft Syndicom, jetzt eine peinliche Kapitulation vor dem Diktat der Post zeigt. Matteo Antonini, Mitglied der Geschäftsleitung von Syndicom, beschränkt sich auf Wunschdenken: «Auslandsniederlassungen dürfen nicht zur Gewohnheit werden, vor allem nicht im öffentlichen Dienst. In schwierigen Zeiten muss es immer möglich sein, den Universaldienst in der Schweiz zu gewährleisten».
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Der Text ist erstmals am 18. September in sinistra.ch erschienen.