Die Schweizer Neutralität ist ein Wert, den es zu verteidigen gilt

von Luca Frei¹

Erst kürzlich hat Aussenminister Ignazio Cassis der Ukraine einen Überraschungsbesuch abgestattet, um sich einen Überblick über die Konfliktsituation zu verschaffen. Hätte sich Cassis wirklich dafür interessiert, hätte er auch die Städte besucht, die von der ukrainischen Armee bombardiert werden (einige bereits seit 2014). Doch leider zerstören Cassis und seine Verbündeten unsere Neutralität Tag für Tag, und diese Reise sollte auch in diesem Sinne betrachtet werden. Vor dem Hintergrund des sich zuspitzenden Konflikts zwischen dem atlantisch geprägten Imperialismus und dem aufkommenden Multipolarismus ist die Frage der Schweizer Neutralität von grösster Bedeutung.

Deshalb braucht es eine möglichst breite Allianz, die alle einbezieht, die für die schweizerische Neutralität eintreten, die für Souveränität, Frieden und Wohlstand steht. In diesem Sinne halte ich es für wichtig, auf der Linken, aber auch auf der Rechten, zu verstehen, dass es notwendig ist, jegliche Zurückhaltung bei der Zusammenarbeit auch mit jenen zu überwinden, die traditionell nicht die gleichen politischen Ansichten teilen, aber bereit sind, sich für die Verteidigung der schweizerischen Neutralität einzusetzen.

Initiativen wie diejenige der Schweizerischen Friedensbewegung, einer genuin pazifistischen und traditionell linken Organisation, die kürzlich eine Petition lanciert hat, um die Einhaltung der Neutralität zu fordern und sich gegen jede weitere Annäherung an die Nato zu wehren, ein aggressives und kriminelles Bündnis, mit dem die Schweiz nichts zu tun haben darf, sind daher zu begrüssen. Positiv ist aber auch die Idee der SVP, eine Volksinitiative zur Verteidigung der Neutralität zu lancieren, der wir uns als Kommunistische Partei hoffentlich öffentlich anschliessen können.

Gerade weil die Verteidigung unserer Neutralität und Souveränität angesichts einer zunehmenden Annäherung an die Nato und die EU heute als vorrangig zu betrachten ist, müssen wir auch in der Lage sein, neue taktische Allianzen zu finden, trotz der klaren ideologischen Unterschiede zwischen uns Kommunisten und dieser Partei.

Abschliessend möchte ich betonen, dass jede Regierungspartei, ob rechts oder links, die sich diesem Abdriften unserer Aussenpolitik nicht entgegenstellt, zur Zerstörung der Glaubwürdigkeit und Unabhängigkeit unseres Landes beiträgt. Die Fortsetzung der Annäherung an die NATO und die EU wäre ein echter Akt gegen die Interessen unseres Volkes, das aufgrund einer Elitekaste, die beschlossen hat, die Neutralität endgültig aufzugeben, immer ärmer werden wird. Die Arbeitnehmer leiden bereits viel zu sehr unter den bösen Entscheidungen derjenigen, die sich den Interessen der USA und der westlichen Oligarchen beugen: Es muss etwas unternommen werden, um dies zu verhindern.
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¹ Luca Frei, geboren 1998, wurde im März 2020 zum Koordinator der Kommunistischen Jugend Schweiz gewählt. Nach dem Abitur begann er ein Universitätsstudium der Geschichte. Er ist in der Unabhängigen Studenten- und Lehrlingsvereinigung (SISA) aktiv.
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Dieser Artikel ist erstmals am 6. November 2022 in sinistra.ch erschienen.