Der rote Wedding
Das Lied entstand nach dem Blutmai 1929. Der Berliner Polizeichef Zörgiebel (SPD) hatte Maifeiern unter freiem Himmel verboten. Mehr als 200’000 Werktätige waren nicht bereit, sich das Recht auf den Tag der Arbeit streitig machen zu lassen. Vielerorts schoss die Polizei in Ansammlungen von Demonstranten. 1200 Werktätige wurden verhaftet, Hunderte verletzt und 31 getötet. In den Arbeiterquartieren Neukölln und Wedding, wo es spontan zur bewaffneten Abwehr kam, wurden die Arbeiter tagelang brutal gejagt.
Die SPD beteiligte sich massiv an der folgenden antikommunistischen Hetze (Zeitungsverbote und Verbot des Roten Frontkämpfer-Bundes, der auf 150’000 Mitglieder angewachsen war). Die KPD beurteilte die Maiereignisse als einen Versuch der imperialistischen Kreise, die Arbeiterschaft bzw. deren Vorhut herauszufordern, um sie gleich zu Beginn einer neuen ökonomischen Krise niederzuschlagen (vgl. Börsenkrach kurz darauf). Der XII. Parteitag gelangte zum Schluss, die SPD habe sich zum Sozialfaschismus entwickelt und bereite «als aktive organisierende Kraft die Errichtung der faschistischen Diktatur vor.»
Diese objektive Fehleinschätzung behinderte den Kampf um die proletarische Einheitsfront. Auch der vollmundige Liedtext (Fassung von Erich Weinert zur Musik von Hanns Eisler) entspricht den Bedingungen und Aufgaben seiner Epoche kaum. Das Lied widerspiegelt das Ringen der Arbeiterklasse um eine richtige Einschätzung des Faschismus und Entdeckung der Wege zu dessen Überwindung. Für diese Jahre typisch sind Fehler und Abenteuer wie etwa die von Heinz Neumann organisierte Erschiessung zweier berüchtigter Polizeioffiziere am 9.8.1931. Neumann hinterging die KPD-Führung und die Bezirkssleitung, erteilte aber die Anweisungen unter Berufung auf seine Eigenschaft als ZK-Mitglied. Damit hatte die Polizei einen Vorwand in der Hand, den sie sofort benutzte, um das ganze Karl-Liebknecht-Haus zu besetzen.
1. Links, links, links, links
die Trommeln werden gerührt
links, links, links, links
der rote Wedding marschiert
Hier wird nicht gemeckert hier gibt es Dampf
denn unsre Parole heisst Klassenkampf
nach blutiger Melodie
Wir betteln nicht mehr um Gerechtigkeit
Wir stehn zum entscheidenden Angriff bereit
zur Vernichtung der Bourgeoisie.
Refr.: Roter Wedding, grüsst euch Genossen
Haltet die Fäuste bereit
Haltet die roten Reihen geschlossen
denn unser Tag ist nicht weit
Drohend stehen die Faschisten
drüben am Horizont
Proletarier ihr müsst wissen:
Rot Front, rot Front !
2. Links, links, links, links
trotz Faschisten und Polizei
links, links, links, links
wir gedenken des ersten Mai
Der herrschenden Klasse blut´ges Gesicht
der rote Wedding vergisst es nicht
und die Schande der SPD
Sie wolln uns das Fell über die Ohren ziehn
Doch wir verteidigen das rote Berlin
die Vorhut der roten Armee.
3. Links, links, links, links
Die Fahne weht uns voran
links, links, links, links
Der rote Wedding tritt an
Wenn unser Gesang durch die Strassen braust
dann zittert der Feind vor der Arbeiterfaust
Denn die Arbeiterklasse erwacht.
Wir stürzen die Säulen des Ausbeuterstaats
und gründen die Herrschaft des Proletariats
Kameraden erkämpft euch die Macht.