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«Gaza unbewohnbar machen» ist Israels Mission der totalen Zerstörung der Städte im Landstreifen. Luftangriffe, die für unendliche, fast ausschliesslich zivile Opfer sorgen, sind das eine, die zu diesem Zweck in grosser Zahl von den USA gelieferten gepanzerten Bulldozer sowie Sprengungen, die Gaza systematisch dem Erdboden gleich machen, sind das andere, und beides ist Teil einer einzigen zionistischen Kampagne: Die vollständige Vertreibung der Palästinenser aus Gaza. 80 Prozent der Israelis befürworten eine «Zwangsvertreibung» (siehe Text aus Cradle in der Seitenspalte).

Keine Waffenexporte an Staaten, die Israel mit Kriegsmaterial beliefern

Das Kriegsziel «Vernichtung der Hamas», in dessen Namen Gaza Schritt für Schritt zerstört und seine Bevölkerung ermordet wird, ist eine Schimäre, die von der wahren Absicht Israels ablenken soll: die Vertreibung der Palästinenser. An diesem Menschheitsverbrechen machen sich alle Staaten mitverantwortlich, die Israel direkt oder indirekt Kriegsmaterial liefern – auch die Schweiz. Keine Waffenexporte an Staaten, die Israel mit Kriegsmaterial beliefern. Stopp der Finanzierung von Rüstungskonzernen!

von Heinrich Frei, 27. Mai 2025

Juristen sind sich einig, Israel macht sich mit seinen Verbrechen im Gazakrieg der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig. Es ist daher gut, dass Bundesrat Ignazio Cassis [endlich] den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu im Zusammenhang mit dem Krieg im Gazastreifen an das Völkerrecht erinnert hat. Angesichts der dramatischen humanitären Lage im Gazastreifen sollte der Schweizer Bundesrat aktiv auf ein Ende der Blockade und einen sofortigen Waffenstillstand hinwirken.

Für diesen Krieg im Gazastreifen ist nicht nur Netanyahu verantwortlich, sondern auch die Staaten, die Israel Kriegsmaterial liefern, die USA, Deutschland, Italien und weitere Länder. Ohne diese Waffenhilfe könnte Israel keinen Tag lang Krieg führen. Laut dem Stockholm International Peace Research Institute SIPRI lieferten die USA, Deutschland und Italien grössere Waffen an Israel. Grossbritannien, Frankreich und Spanien steuerten, wie viele weitere Länder auch, militärische Komponenten, Munition oder Dienstleistungen bei.

Die Schweiz exportiert Kleinbestandteile für Waffen nach den USA, Deutschland, Italien und in weitere Staaten, die Rüstungsgüter auch an Israel verkaufen. Etwa fünfzig Prozent aller Kriegsmaterialexporte der Schweiz sind solche Kleinbestandteile, die dann im Ausland in Waffen eingebaut werden, welche auch nach Israel gelangen können. Für diese Kleinbestandteile gilt das Wiederausfuhrverbot im Unterschied zu ganzen Waffen – z.  B. Kanonen von Rheinmetall und Panzerwagen der Mowag (General Dynamics) – nicht.

Nach dem schweizerischen Bundesgesetz über das Kriegsmaterial darf unser Land kein Kriegsmaterial in Länder exportieren, «die in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt sind». Die USA, Deutschland, Italien und weitere Staaten sind durch ihre Waffenlieferungen an Israel, und auch an die Ukraine, in einen «bewaffneten Konflikt verwickelt». Der Bundesrat müsste das Kriegsmaterialgesetz respektieren und keine Waffenexporte an Länder bewilligen, die Waffen nach Israel und an die Ukraine liefern, auch nicht Kleinbestandteile für Waffen.

So heisst es im Bundesgesetz über das Kriegsmaterial (Kriegsmaterialgesetz, KMG)

Auslandsgeschäfte nach Artikel 22 und Abschlüsse von Verträgen nach Artikel 20 werden nicht bewilligt, wenn:

  1. das Bestimmungsland in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt ist;
  2. das Bestimmungsland Menschenrechte schwerwiegend und systematisch verletzt;
  3. im Bestimmungsland ein hohes Risiko besteht, dass das auszuführende Kriegsmaterial gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt wird; oder
  4. im Bestimmungsland ein hohes Risiko besteht, dass das auszuführende Kriegsmaterial an einen unerwünschten Endempfänger weitergegeben wird.

Ich respektiere unsere Regierung, den Bundesrat und Gesetze. Aber respektiert der Bundesrat und das Schweizer Parlament das Kriegsmaterialgesetz? Nein!

Kriegsmaterialexport: ist Beihilfe zum Mord, zum Massemord.

Für Kriegsmateriallieferungen ist das Strafrecht nicht einfach ausser Kraft gesetzt. Es gibt keinen strafrechtlichen Freipass für Fabrikanten und Politiker, die Rüstungsgüter liefern lassen an Regime, die Kriege führen. Unter Artikel 25 des Schweizerischen Strafgesetzbuches fallen nämlich Delikte wie Beihilfe zum Mord, zu vorsätzlicher Tötung, zu schwerer Körperverletzung und zu schwerer Sachbeschädigung. Gehilfe bei solchen Straftaten ist derjenige, welcher «zu einem Verbrechen oder zu einem Vergehen vorsätzliche Hilfe leistet», wer also auch «vorsätzlich in untergeordneter Stellung die Vorsatztat eines andern fördert». Diese Verbrechen sind, laut Artikel 75bis des Strafgesetzbuches, sogar unverjährbar und sind Offizialdelikte, die von der Justiz geahndet werden müssten.

Als Friedensstifterin müsste die Schweiz auf Kriegsmaterialexporte und die Finanzierung von ausländischen Rüstungskonzerne verzichten

Die Schweiz hat sich immer wieder bei Friedensverhandlungen zwischen Kon­fliktparteien engagiert. Als Friedensstifterin müsste die Schweiz aber auf Kriegsmaterialexporte und die Finanzierung von ausländischen Rüstungskonzernen verzichten.

Helvetien investiert nämlich auch Milliarden in die internationale Rüstungsindustrie, sogar in Unternehmen, die an der Produktion von Atombomben, Streubomben und Antipersonenminen beteiligt sind. Die Schweizerische Nationalbank, Banken, Stiftungen sowie Einrichtungen der staatlichen und beruflichen Vorsorge und Pensionskassen platzieren ihre Gelder in Unternehmen, deren Waffen in Kriegen zum tödlichen Einsatz gekommen sind: Im Jemen, in Afghanistan, in Libyen, in Somalia, in Syrien, im Gazastreifen, in der Ukraine und in anderen Ländern. – Ist dies etwa keine Beihilfe zum Massenmord?

2009: 70 Professoren nahmen Stellung gegen Kriegsmaterialexporte

70 Experten in Völkerrecht und Strafrecht gelangten schon 2009 in einem offenen Brief an Bundesrätin Doris Leuthard, sowie an die Direktion für Völkerrecht im Departement des Äusseren von Micheline Calmy-Rey. Die Professoren bemängelten, wie die seit Dezember 2008 geltende revidierte Kriegsmaterialverordnung gehandhabt werde. Als problematisch erachteten die Unterzeichnenden die Auslegung des Artikels, wonach ein Exportverbot für Länder gilt, die «in einen internen oder internationalen bewaffneten Konflikt verwickelt» sind. Würde dies umgesetzt, hielten diese Rechtsgelehrten fest, dürften etwa weder nach Deutschland noch in die USA Rüstungsgüter geliefert werden, denn diese Nationen seien in Afghanistan und im Irak an Kriegen beteiligt. Die Argumentation von Volkswirtschaftsministerin Leuthard, dass die Ausfuhr in diese Länder nicht unterbunden werde, weil Uno-Resolutionen die Teilnahme an diesen bewaffneten Konflikten stützten, sei völkerrechtlich irrelevant. Nicht weniger fragwürdig seien Exporte in Staaten wie Saudi-Arabien oder Pakistan, die Menschenrechte verletzten oder in internen Konflikten stünden. Bewilligt wurden diese meist mit der Begründung, dass das Material nicht in bewaffneten Auseinandersetzungen und nur für Missionen mit Uno-Mandaten gebraucht werde. Nach Saudi-Arabien exportierte unser Land damals, 2009, für 131,6 Mio. Franken Kriegsmaterial und nach Pakistan für 1,5 Mio. Franken. 2008 waren es nach Pakistan sogar 100,8 Mio. und nach Saudi-Arabien 2008 32,1 Mio. Franken.

Als einer von drei Erstunterzeichnern des Briefes an Doris Leuthard und an Micheline Calmy-Rey hatte sich Marco Sassòli, Professor für internationales öffentliches Recht an der Universität Genf, exponiert. Sassòli sagte: «Ausgerechnet die Schweiz, die sich so für das humanitäre Völkerrecht engagiert, manipuliert beim Export von Kriegsmaterial einen zentralen Begriff des humanitären Völkerrechts.» Wenn kein «bewaffneter Konflikt» vorliege, «ist dieses nämlich gar nicht anwendbar». Die Ausfuhr von Rüstungsgütern sei unter völkerrechtlichem Aspekt nicht ausgeschlossen, doch die Schweiz halte nun ihre eigenen Vorgaben nicht ein. «Entweder muss die Verordnung geändert werden, um die Exporte zu legitimieren, oder der Bund hat seine Praxis so zu ändern, dass sie der rechtlichen Grundlage entspricht.» Der Zürcher Strafrechtler Martin Killias, der den Brief ebenfalls unterzeichnet hatte, sagte, wie die Schweiz die Kriegsmaterialexporte handhabe, sei «äusserst fragwürdig».