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Es bahnen sich neue Angriffe auf den Zivildienst an: Der EU-Militarismus trifft auch die Schweiz

von ZENO CASELLA1

Während die Europäische Union den grössten Aufrüstungsplan seit Jahrzehnten durchführt und die Bevölkerung indoktriniert, um sie auf einen gross angelegten Konflikt vorzubereiten, hält sich auch in der Schweiz die herrschende Klasse nicht zurück, dem kriegstreiberischen Mantra der westlichen Eliten zu folgen. Neben der Erhöhung der Militärkredite und der Lockerung der Regeln für den Reexport von Waffen (die mittlerweile sogar von den Sozialdemokraten akzeptiert werden) kam es in den letzten Monaten zu vermehrten Angriffen auf den Zivildienst, der jungen Schweizern im Falle eines Gewissenskonflikts die Möglichkeit gibt, dem Militärdienst zu entgehen. Nach einigen Jahren des Waffenstillstands wollen militaristische Kreise nun wieder dazu übergehen, dieses wichtige, [äusserst mühsam erkämpfte] verfassungsmässige Recht zu schwächen und einzuschränken. Es schützt Kriegsdienstverweigerer und alle jungen Menschen, die sich nicht am Wettrüsten beteiligen wollen, das wir derzeit in ganz Europa erleben.

Die Volksinitiative «Für einen Bürgerdienst»: ein gefährliches Trojanisches Pferd

Der erste subtile Versuch, die Wehrpflicht zu stärken und auszuweiten, wurde 2022 von einem überparteilichen Komitee unternommen, das konservative Persönlichkeiten mit einer klaren militaristischen Ausrichtung und progressive Persönlichkeiten der Sozialdemokratischen Partei und der Grünen zusammenbrachte. Der Text der Initiative (die 2023 eingericht wurde und derzeit den eidgenössischen Räten vorliegt) sieht vor, dass «Personen mit Schweizer Bürgerrecht einen Dienst zum Wohle der Gemeinschaft und der Umwelt in Form des Militärdienstes oder eines anderen gleichwertigen Milizdienstes leisten» (wobei es auch möglich wird, Personen ohne Schweizer Pass zu rekrutieren).

Übergabe der Unterschriften zur Unterstützung der Initiative «Für eine engagierte Schweiz» bzw. «Für einen Bürgerdienst».

Diese Initiative nutzt geschickt die Rhetorik der Umweltschützer, Feministen und Multikulturalisten aus und wurde als Trojanisches Pferd konfiguriert, um die Linke für die Ausweitung der Wehrpflicht auf Frauen und Ausländer einzunehmen (ein Ziel, gegen das Generationen von Pazifisten und Antimilitaristen gekämpft haben). Die Wirkung der Initiative bestünde faktisch darin, Frauen und auch Ausländer zu einem nebulösen «Bürgerdienst» zu zwingen, der de facto direkt den militärischen Erfordernissen untergeordnet wäre: Der Text sieht nämlich vor, dass im Krisenfall die regulierende Wirksamkeit der Interventionsdienste (vor allem der Armee) gewährleistet ist.

Kriegsdienstverweigerer werden in den Zivilschutz rekrutiert

Im vergangenen März hat der Nationalrat einer Revision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes endgültig zugestimmt. Demnach können Zivildienstleistende zukünftig für den Zivilschutz verpflichtet werden, wenn dieser personell nicht über ausreichend Personal zur Erfüllung seiner Aufgaben verfügt. Dies steht dem eigentlichen Sinn des Zivildienstes entgegen, der für Menschen mit Gewissenskonflikten eine Alternative zum Militärdienst darstellt. Statt zivile Aufgaben im Dienste der Gemeinschaft zu übernehmen, werden die Kriegsdienstverweigerer gezwungen, ihre Tätigkeiten in Uniform auszuführen, einer militärähnlichen Hierarchie zu folgen und in kasernenähnlichen Gebäuden untergebracht zu sein. Die jüngsten Reformen im Zivilschutz tendieren zu einer Militarisierung dieser schnellen Eingreiftruppe, die ausserhalb von Naturkatastrophen und humanitären Krisen oft für Aufgaben von untergeordneter Bedeutung im Vergleich zu jenen des Zivildienstes eingesetzt wird: Anstatt Absperrungen für Laufsport oder Skirennen zu errichten, sind die Zivis in Altenheimen, auf Alpwirtschaften oder in Schulen für die Bevölkerung viel nützlicher eingesetzt!

Der Zivildienst wird heute zunehmend als eine Tätigkeit angesehen, die der Gemeinschaft zugute kommt.

Der Bundesrat will freien Wechsel in den Zivildienst verhindern

Im vergangenen November veröffentlichte der Bundesrat eine Studie zu den Wechseln von der Armee in den Zivildienst. Deren Ergebnisse sind eindeutig:

«Über die Hälfte der Zivildienstpflichtigen mit Militärerfahrung hatte Mühe mit dem Führungsstil und mit den hierarchischen Strukturen im Militär und/oder hat negative Diensterfahrungen gemacht. Rund ein Viertel empfand die psychische Belastung während der Rekrutenschule als zu hoch oder gab an, in der Armee Diskriminierung erlebt zu haben. Auch die Inhalte und die Methodik der Ausbildung in der Armee wurden von den Befragten teilweise als wenig sinnvoll und wenig zweckmässig erachtet.»

Obwohl diese Studie erneut die Gründe für die Kritik der antimilitaristischen Bewegung an der Armee in den letzten Jahrzehnten aufzeigt, hat der Bundesrat beschlossen, ihre Schlussfolgerungen einfach zu ignorieren und einige Monate später eine Gesetzesänderung auf den Weg zu bringen, welche die Senkung der Zahl der Zulassungen zum Zivildienst anstrebt. Zu den vorgesehenen Massnahmen gehört die Einführung einer Mindestdienstzeit von 150 Tagen, die Verpflichtung zur jährlichen Dienstleistung ab dem Zeitpunkt der Aufnahme und zur Beendigung des Langzeitdienstes innerhalb eines Jahres nach der Aufnahme für alle, die sich nach Beginn oder Abschluss der Rekrutenschule dazu entschliessen, die Armee zu verlassen. Kurz gesagt: Anstatt die Ursachen für die wachsende Abneigung junger Schweizer gegenüber der militärischen Ausbildung zu bekämpfen, wählt die Regierung den Weg der Peitsche, erschwert den freien Wechsel in den Zivildienst zunehmend und zwingt Wehrpflichtige, widerwillig in den Reihen der Armee Dienst zu leisten. Die Revision wird derzeit vom Parlament behandelt, doch angesichts der kriegstreiberischen Stimmung kann man davon ausgehen, dass sie ohne allzu grosse Schwierigkeiten eine Mehrheit findet (anders als 2020, als eine ähnliche Gesetzesänderung vom Nationalrat knapp abgelehnt wurde und damit gescheitert war).

Auf Bundesebene gibt es Stimmen, die zur «Gewissensprüfung» zurückkehren möchten, wie sie bis 2009 bei Kriegsdienstverweigerung galt.

Auf dem Weg zur Wiedereinführung der Gewissensprüfung: Müssen Dienstverweigerer wieder vor Gericht?

Aber damit ist es noch nicht getan. Ende Januar hat die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats (KPS-N) ein Postulat verabschiedet, das die Wiedereinführung der Gewissensprüfung vorsieht, jenes Verfahrens, das bis 2009 den Wechsel in den Zivildienst regelte. Dieses Verfahren bestand aus einer gründlichen Untersuchung durch eine Kommission, die feststellen sollte, ob der Wehrpflichtige tatsächlich einen Gewissenskonflikt hatte: Jeder Rekrut wurde daher von Psychologen, Militäroffizieren und Beamten unter die Lupe genommen, die seine Beweggründe überprüften. Ein langwieriger, anspruchsvoller und repressiver Prozess, der 2009 schliesslich durch den sogenannten «Nachweis der Tat» ersetzt wurde. Dabei handelt es sich um die Einführung eines automatischen Systems, bei dem jeder Antrag auf Aufnahme in den Zivildienst nach einem Informationstag automatisch genehmigt wird, und zwar aufgrund der Tatsache, dass sich der Verweigerer verpflichtet, anderthalb Mal so viele Diensttage abzuleisten wie sie für Militärdienstleistende gefordert werden.

Was die parlamentarische Kommission vorschlägt, ist daher ein neuer und sehr harter Frontalangriff auf die Kriegsdienstverweigerung – ein Recht, das nur durch jahrzehntelangen Kampf erreicht werden konnte. Leider scheint die zunehmende Militarisierung der westlichen Gesellschaften auch vor der Schweiz nicht Halt zu machen. Die herrschende Klasse der Schweiz will nun Massnahmen ergreifen, um die Personalstärke ihrer Armee (die im Vergleich zu den vom Parlament selbst festgelegten Zahlen bereits überdimensioniert ist) aufzustocken. Die neuen Generationen werden im Hinblick auf einen Konflikt indoktriniert, in den unser Land wegen der Aufgabe seiner Neutralitätspolitik und der Annäherung an die Nato zunehmend verwickelt zu werden droht. Doch nicht alle sind damit einverstanden: Der Schweizerische Zivildienstverband (CIVIVA) und verschiedene politische Bewegungen, darunter die Kommunistische Partei, haben bereits den Kampf angesagt und erklärt, dass sie ernsthaft erwägen, ein oder mehrere Referenden gegen diese Massnahmen zu ergreifen.
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1 Zeno Casella, Jahrgang 1996, ist Gemeinderat in Capriasca für die Kommunistische Partei. Zwischen 2015 und 2020 war er Koordinator der Unabhängigen Studenten- und Lehrlingsgewerkschaft (SISA).
Der Text wurde aus sinistra.ch übernommen, wo er am 3. Mai 2025 erschienen ist.