Convention de Nuestra Señora de Belen
Von der Kuba-Delegation der PdAS
Altstadtsanierung auf andere Art: Mitten im Weltkulturerbe liegt dieses Stadtentwicklungsprojekt. Auch mit unseren Steuergeldern werden in Havannas Altstadt Wohnungen restauriert und soziale Begegnungsstätten geschaffen.
Montagnachmittag, auf dem Programm stand der Besuch eines von der Schweiz unterstützten Projektes aus dem Büro des Stadthistorikers. Am Samstag hatten wir in Begleitung eines Mitarbeiters dieses Büros schon einen Rundgang durch die Altstadt von Havanna gemacht, die seit 1982 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Auf unserem Rundgang hatte er uns mit vielen technischen Details und geschichtlichen Informationen versorgt. Was erwartete uns jetzt?
Zunächst hatte selbst unser ortskundiger Fahrer vor lauter Gässchen, die höchstens an einer Seite Strassenschilder trugen, und zahlreichen Baustellen, die den Weg versperrten, Schwierigkeiten das Ziel zu finden, das «Convention de Nuestra Señora de Belen», den (ehemaligen) Konvent der Heiligen Frau von Bethlehem.
Kaum ausgestiegen, fiel zunächst ein Mann mit einer Filmkamera auf, der vor dem Konvent herum lief und «drauf los» filmte. Innen erwartete uns die Dreiergruppe aus dem Büro des Stadthistorikers, die dieses Projekt leitet und uns alles erläuterte. Der Konvent umfasste eine Kirche, einen Klosterbereich mit Kreuzgang und sonstige Gebäude. Die Kirche wird heute als Ort für verschiedenste Veranstaltungen genutzt, ab und an auch für Gottesdienste. Der Kreuzgang ist jetzt eine Art Freiluftaufenthaltsraum. Ein Schwerpunkt dieses Projekts ist es nämlich ein Tageszentrum für SeniorInnen aus der Umgebung zu schaffen. So fällt unser Blick zunächst auf eine Gruppe von Sesseln, in denen ein paar ältere Leute zusammen sitzen. Daneben steht der Tisch der Sozialberatung, die allen AnwohnerInnen offen steht und Unterstützung aller Art organisiert. In den Räumen, die sonst zur (kostenlosen) augenoptischen Untersuchung genutzt werden, stehen derzeit einige Rollstühle für schwerstbehinderte Kinder. Diese wurden in Spanien gekauft und werden nun den Eltern betroffener Kinder vom kubanischen Staat kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Projekt hat Stoffe gespendet bekommen. Die Ballen werden gerade auf dem Untersuchungstisch unterteilt und anlässlich des Frauentags verschenkt.
Neben Mahlzeiten und sozialer Versorgung werden auch (Freizeit-) Beschäftigungen und kulturelle Aktivitäten angeboten. Wir gehen weiter im Kreuzgang – und wieder der filmende Mann. «Was soll das?», frage ich mich zum wiederholten Mal. An einigen Tischen sitzen ältere Leute und spielen, Domino. Am nächsten Tisch tragen die Leute merkwürdige Drahtgebilde auf dem Kopf. Ein älterer Mann steht daneben und redet. Der Mann sei ein pensionierter Therapeut, der reaktiviert worden sei und jetzt hier regelmässig so eine Art Feldtherapie anbiete, vor allem gegen Gelenkbeschwerden, wurde uns erklärt.
Als nächstes sehen wir etliche Sportgeräte; wie in einem Fitnesszentrum stehen hier Laufbänder, andere Ergonometer, Kraftmaschinen. Auf zwei Bändern laufen junge Männer vor sich hin. «Fallen die auch unter die Altenbetreuung?» fragen wir leicht grinsend. «Nein», eigentlich wäre die Idee, die verschiedenen Generationen im Quartier in Verbindung zu bringen. Daher steht die Benutzung der Sportgeräte allen offen, wenn sie nicht für die Physiotherapie benötigt werden.
An Nähmaschinen, die fleissig vor sich hin rattern, werden uns die handwerklichen Kleinigkeiten gezeigt, die in diesem – ja, was wäre ein passender Begriff? – Quartierzentrum, gefertigt werden. Einige werden verschenkt, andere an irgendwelchen Anlässen verkauft, versteigert, gesammelt,…
Im Kirchgebäude gibt es eine Erfrischung für uns und die Auflösung des Rätsels um den Mann mit der digitalen Filmkamera – wir sehen uns auf einem hochmodernen, flachen Grossbildschirm. Alle Besuchsgruppen werden filmisch dokumentiert.
Ausserdem bekommen wir auf diesem Bildschirm eine Computerpräsentation über weitere Aspekte des Projekts gezeigt. Es beschränkt sich eigentlich nicht auf den Gebäudekomplex, von dem wir einen Teil besichtigt haben. Auch diverse andere Gebäude gehören dazu, die unter anderem neu renovierte/gebaute Wohnmöglichkeiten für SeniorInnen bieten, mit der jeweils individuell notwendigen, kostenlosen Betreuung. Die SeniorInnen haben übrigens bereits vor der Renovierung in diesem Stadtviertel gewohnt. Ein Ziel der Altstadtsanierung ist, dass die Leute, die hier wohnten, nach der Renovierung wieder hier wohnen wollen – und können!
Das ganze Projekt muss sich finanziell selbst tragen, wozu neben Einnahmen auch Spenden und Fördergelder dienen. Letztere kommen unter anderem vom Schweizerischen DEZA – da wird doch endlich mal etwas Sinnvolles mit unseren Steuergeldern unterstützt?!