Die «junge Welt» dokumentiert und wir übernehmen inklusive Einleitung und Anmerkungen im Wortlaut eine Rede von Aleka Papariga, Generalsekretärin der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE).
(jW/1.10.08:) – Ihre Ansprache vom am 21. September in Athen bildete den Abschluss eines Festivals, das seit 1975 alljährlich vom Kommunistischen Jugendverband KNE und dessen Zeitung Odigitis veranstaltet wird. Die Feierlichkeiten begannen bereits im Mai. In den Monaten darauf folgten Hunderte Kultur- und politische Veranstaltungen landesweit. AnläÖlich des 90. Gründungstages der KKE am 17. November wurde das viertägige Festival in der Hauptstadt in diesem Herbst erstmalig gemeinsam von Partei und KNE ausgerichtet. die Rede der Generalsekretärin der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), zu deren 90. Gründungstag. Die KKE ist die drittstärkste politische Partei in Griechenland. Mit einem Ergebnis von 8,15 Prozent bei den letzten landesweiten Wahlen 2007 konnte sie 22 Abgeordnetenmandate im Nationalparlament erringen. Nach eigenem Bekunden hat die KKE »niemals eine Erklärung der Reue gegenüber der herrschenden Klasse im eigenen Land oder international« abgegeben. Sie sieht sich in einer Traditionslinie, die unmittelbar auf Lenin und den Roten Oktober 1917 zurückgeht. Ihre Politik ist gekennzeichnet durch einen scharfen Konfrontationskurs gegenüber den Herrschenden, was ihr von seiten mancher eher auf Versöhnung und Reformen orientierten Linkskräfte naturgemäÖ Kritik eingebracht hat. DaÖ ihre antiimperialistische Linie der KKE dagegen auch hierzulande Sympathien einträgt, wurde auf der XIII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz im Januar 2008 in Berlin deutlich. Dort erläuterte Aleka Papariga in einem Referat Prinzipien und Selbstverständnis ihrer Partei – nachzulesen im weiterhin lieferbaren Reader zur Konferenz. (jW)
Aleka Papariga: Zeichen stehen auf Sturm
Die KKE hat sich in den vergangenen neunzig Jahren auch unter den schwierigsten Bedingungen nie gescheut, Thesen zu vertreten, die Repression seitens der Herrschenden nach sich zogen und die die Gesellschaft zunächst nicht akzeptierte. (…) Wir sind stolz darauf, in der bisher schwierigsten Phase des sozialistischen Weltsystems und der kommunistischen Bewegung,1 als (…) viele der Kader und Funktionäre »das sinkende Schiff verlieÖen«, vom Sieg der Konterrevolution gesprochen zu haben. Wir verteidigten die Rolle und die Errungenschaften des Sozialismus im 20. Jahrhundert, seine historische Notwendigkeit und die Tatsache, daÖ unsere Epoche das Zeitalter des Übergangs vom Kapitalismus zum Sozialismus bleibt.
Autonomie der KKE gewahrt
1991 wurden wir nicht einfach nur den Verhältnissen gerecht, als wir uns weigerten, die Partei zugunsten der damaligen Linksallianz aufzulösen,2 vielmehr hielten wir die historische Kontinuität der KKE aufrecht. Es verging seitdem kein Tag, an dem wir uns nicht in die gesellschaftlichen Kämpfe eingebracht haben.
Als mit dem Vertrag von Maastricht,3 dem alle Parteien Griechenlands ausser der KKE zugestimmt hatten, grünes Licht für die ersten barbarischen MaÖnahmen der kapitalistischen Neuordnung gegeben wurde, standen wir, wenn auch geschwächt, bereit, aufzuklären und die Initiative für den Widerstand zu ergreifen. Gegen den Strom schwimmend, erklärten wir, daÖ das griechische Volk eine instabile Regierung, ein instabiles volksfeindliches politisches System nicht nur nicht fürchten, sondern geradezu auf dessen Instabilität hinarbeiten sollte, natürlich immer durch Schläge der Arbeiter- bzw. Volksbewegung und mit dem Ziel des finalen Gegenangriffs.
Die KKE hat das griechische Volk offen und deutlich darauf hingewiesen, es müsse nicht nur die Wahl zwischen Nea Dimokratia (ND) und PASOK4 verurteilen, sondern weitergehen und sich gegen die Szenarien einer Neubildung des politischen Systems mit Mitte-rechts- oder Mitte-links-Regierungen wappnen.
Aus unserer ganzen Parteigeschichte haben wir eine Lehre gezogen: Es ist niemals, unter keinen Umständen, gerechtfertigt, auf die Autonomie der Partei zu verzichten, ihre breitestmögliche Organisation muss unter allen Umständen aufrechterhalten werden – immer unter der Vorrausetzung, daÖ wir uns dabei auf eine ausgearbeitete Strategie und Taktik stützen, die die Interessen der Arbeiterklasse nicht vorläufigen Erfolgen oder den Schwierigkeiten des Kampfes unterordnet. Keine politisch noch so radikale Formierung kann die Funktion einer vor allem an den Arbeitsplätzen und in den verschiedenen Wirtschaftszweigen organisierten kommunistischen Partei ersetzen. Das gilt auch für die KKE. Es wird daher keine Wiederholung von 1958 geben, als sich die Partei zugunsten einer breiteren linken Formation auflöste. Vielmehr ist die ideologische, politische und organisatorische Selbständigkeit der KKE Voraussetzung für die Gründung und den Erhalt eines politischen Bündnisses, das wir vorschlagen: die Antiimperialistische Antimonopolistische Demokratische Front (AADM). Darum erkennen wir auch das Recht auf Selbständigkeit der Verbündeten an.
Es ist ein Charakteristikum der KKE, wie ein starker Pflug zu arbeiten, der die Erde tief pflügt, um neue, avantgardistische und noch ungewohnte Ideen in die Welt zu setzen, die zur Abschaffung der Ausbeutung heranwachsen sollen: für soziale Gleichheit, für Gleichheit der beiden Geschlechter, für proletarischen Internationalismus, für Wissenschaft im Dienst des Volkes.
Wir sind nicht nur einfach die Partei, in deren Aufmerksamkeit der Mensch und seine Mühsal stehen. Wir sind die Partei, die in ihm die avantgardistische Kraft der Befreiung der Gesellschaft aus jeder Form von Ausbeutung sieht. In der Jugend erkennen wir die Arbeiterklasse von morgen, die zukünftigen Schichten des Volkes, die die Last der groÖen, radikalen Umwälzungen auf sich nehmen werden. Wir hoffen, daÖ sie es besser schaffen als wir.
Die KKE engagiert sich in den alltäglichen sozialen Kämpfen. Sie kümmert sich um das, was die Bevölkerungsmehrheit quält und plagt. Gleichzeitig versucht sie – mal mehr, mal weniger gut – unabhängig vom herrschenden Kräfteverhältnis, Streiterin für den historisch notwendigen Wechsel zu sein. Die Bürgerlichen und jede Art fatalistischer Opportunisten sind nur daran interessiert, die Figuren auf dem Schachbrett des bürgerlichen Regierungssystems zu verschieben.
Wir vertreten in unserer gesamten Geschichte den Realismus des kämpferischen Ungehorsams, der Befehlsverweigerung gegenüber der Anweisung zu Unterordnung und Anpassung, wir setzen den Realismus des Widerstands, des Gegenangriffs gegen den angeblichen Realismus der Anpassung, der Einschüchterung und der Bestechlichkeit. Diese Haltung hat nichts mit kleinbürgerlicher Ungeduld und Opportunismus zu tun. Die KKE sucht nicht nach Neologismen, sie ändert diejenigen wissenschaftlichen Begriffe nicht, die spezifische Inhalte auch für die Gegenwart zum Ausdruck bringen. Wir suchen nicht heuchlerisch nach Neuerungen. Unser Bestreben ist es aufzuzeigen, was getan werden muss, um in den sich entwickelnden objektiven Verhältnissen zu einer Lösung der Probleme zu kommen. Realistisch ist das, was das Volk erreichen kann, wenn es seine Kraft zu gebrauchen weiÖ und wenn es die Machtverhältnisse zu ändern wagt, anstatt weiter unter den für es negativen Gegebenheiten zu leben.
System irreparabel schwächen
Was ist heute realistisch? Auf diese Frage antwortet die KKE mit ihrem Programm und mit ihren Schlussfolgerungen aus dem sozialistischen Aufbau, die die Überlegenheit dieses Systems deutlich machen und Aufbaufehler kritisch bewerten. Das schmerzt den Gegner, der nichts Neues zu dem hinzuzufügen hat, was er schon zum Sieg der Oktoberrevolution gesagt hatte. Mit allem, was er von sich gibt, meint er nur eins: Er kann nicht damit leben, daÖ die kapitalistische Eigentumsordnung angezweifelt wird. Das ist der Streitpunkt, mit dem wir uns auseinandersetzen wollen, nicht das Gerede über Stalinismus, über Jalta5 und was wir sonst noch alles bis zum Erbrechen zu hören bekommen.
Auf die Frage »Wo finden wir den Ausweg?« antworten wir mit einer Allianz, die die politische Stärke der Bündnispartner beachtet und ihre unterschiedlichen Auffassungen zum Sozialismus berücksichtigt. Wir antworten mit unseren Vorschlägen auf alle aktuellen Probleme (…). Aber wir bleiben dort nicht stehen, weil der Kampf, heute mehr als gestern, auf den Umsturz und den Sieg der Macht des Volkes sowie seines Wirtschaftssystems gerichtet sein muss.
Auf die Risse, die das politische System des steten Regierungswechsels zwischen zwei Parteien, ND und PASOK, aufweist, antworten wir mit dem Aufruf, es vollständig und irreparabel zu schwächen. Auf die Versuche der bürgerlichen Klasse, eine Neuauflage des Derbys zwischen diesen beiden Parteien zu initiieren oder für eine Zwischenzeit eine Mitte-rechts- oder Mitte-links-Regierung zu installieren, antworten wir »Bleibt nicht stehen!«, »Schwächt die bürgerlichen Parteien!«, »Sucht nicht nach vermeintlichen Unterschieden!«. Das einzige, was sie trennt, ist das egoistische Streben, das Regierungssteuer in der Hand zu haben. Trennt sie von ihren Schutzwällen zur Rechten und zur Linken. Habt kein Vertrauen in den Opportunismus, der versucht, euch zu umgarnen, euch mit vorgeblich linken Regierungen in die Irre zu führen, ohne daÖ sie die leiseste Absicht haben, an der Herrschaft der Monopole zu kratzen.
Es geht um Neuordnung und Wiedergeburt der Arbeiterbewegung mit klassenbewusster Ausrichtung. Stärkt die Kraft der KKE, damit die Volksbewegung wächst, unabhängig davon, ob ihr in allem mit der Partei übereinstimmt. Emanzipation des Bewusstseins von jeder Furcht und jedem Fatalismus gegenüber den Vorgaben der EU und den Verpflichtungen gegenüber der NATO.
Der Gegner ist nicht allmächtig. Er hat heute nicht die gleichen Waffen wie gestern, um die Krise zu meistern. Die Diskussionen um das regionale, nationale oder globale Management der Kapital- und Finanzmärkte sind wirkungslos, da sich eine immense Komplexität unter den Bedingungen eines entfesselten Marktes entwickelt hat. Möglicherweise wird die Krise die starken kapitalistischen Länder gleichzeitig treffen, möglicherweise wird sie eher Griechenland als andere Länder des Balkans treffen. Der Angriff zu Lasten der Völker wird dann noch schlimmer sein. Wir müssen darauf vorbereitet sein. Kapitalismus ohne Perspektive
»Der Gegner ist nicht allmächtig«:
Das bürgerliche politische System, der Monopolkapitalismus, mit anderen Worten: der Imperialismus, hat vor langer Zeit die Fähigkeit verloren, Zugeständnisse an die unterdrückten Klassen und Schichten zu machen, die zu einer relativen oder auch absoluten Verbesserung des Lebensstandards führen. Heute ist das System reaktionärer und barbarischer und wird auf keinen Fall zurückweichen.
Im besten Fall hat es dem arbeitslosen Jugendlichen, der arbeitslosen Frau eine auf fünf bis neun Monate befristete und schlecht bezahlte Stelle aus den staatlichen Arbeitsbeschaffungsprogrammen zu bieten. Eine Teilzeitbeschäftigung bei einem Unternehmer, für den keine Arbeitssicherheitsgesetze gelten. Und den Job gibt es auch erst, nachdem der oder die Jugendliche tausend Treueschwüre geleistet und tausend Kotaus vor dem Unternehmer, einer Partei, einem Parlamentarier oder Präfekten gemacht hat.
Was hat das System einem jungen Paar zu bieten? Das Abrackern für die Bau- und Konsumdarlehen, wobei es sich auch noch die Ratschläge der Banken gegen Überschuldung anhören muss. Dazu die Suche nach einem Kindergarten- oder Vorschulplatz, die Wahl zwischen den horrenden Kosten für die staatliche oder die noch höheren Kosten für die private Kindergartenspeisung.
Was hat es der Bäuerin zu bieten, die wegen der immer häufiger unrentablen Landwirtschaft mit ihrem Mann zusammen von ihrem Grund und Boden vertrieben wurde? Den Versuch, mit selbstgekochter Marmelade gegen die Supermarktketten zu konkurrieren, während ihr Mann drei Jobs gleichzeitig macht, um seinen Tagelohn zu sichern. Saisonarbeitsstellen unter elenden Bedingungen in den groÖen Touristenzentren, im verzweifelten Versuch, die 101 versicherten Arbeitstage im Jahr für das Recht auf ein biÖchen Arbeitslosengeld zusammenzubekommen.
Was hat es dem Selbständigen zu bieten, dem Kleinunternehmer, wenn der Löwenanteil des Umsatzes in die groÖen Ladenketten flieÖt?
Welche Antwort hat es auf das Fehlen von Infrastruktur? Die Politik des »Ausgleichs«: Bezahle und dann bezahle noch mal für die Nutzung. Du willst StraÖen, die keine Todesfallen sind? Zahle StraÖennutzungsgebühren. Du willst SchutzmaÖnahmen gegen Erdbeben? Zahle hohe Quadratmeterpreise. Du willst saubere und umweltgerechte Strände? Dann stimme zu, wenn diese für einen Apfel und ein Ei an Unternehmen vergeben werden, und bezahle später Eintritt; bezahle für die Dusche, für den Liegestuhl.
Was hat das System, haben die Parteien der Macht dem nach Bildung suchenden Jugendlichen zu bieten? Eine Schule, die die Taschen der Eltern und die Hirne der Jugend leert. Eine Vielzahl angeblich alternativer Lösungen eines kostenpflichtigen und minderwertigen Systems der beruflichen Zurichtung für moderne Arbeitssklaven.
Was hat es den Rentnern zu bieten, die ihren Lebensabend in Ruhe und Sicherheit genieÖen wollen? Die Möglichkeit, ein paar Euro Extrarente zu verdienen, wenn sie bis zum 67. oder gar 71. Lebensjahr weiterarbeiten? Und von da an ein einsames und schwieriges oder ein finsteres Leben in den Altersheim genannten Abstellräumen für Senioren, die bezahlt werden müssen. Oder die Option, beim Bürgermeister zu betteln, auf daÖ er dir, und sei es für einen Tag, einen schlecht oder gar nicht bezahlten Sozialarbeiter aus dem sozialen Hilfsprogramm der Gemeinde schickt.
Die bürgerliche Klasse und die ihr dienenden Parteien, vorrangig Nea Dimokratia und PASOK, nutzten und nutzen skrupellos gesellschaftliche Unterstützungs- und Hilfsprogramme, vor allem die Erfahrung der europäischen liberalen und sozialdemokratischen Parteien, indem sie freigebig Geld verteilten, das mit dem SchweiÖ der Völker gewonnen wurde, um die Arbeiteraristokratie zu stärken und zu erweitern. Sie verteilen groÖzügig Bestechungsgelder. Sie bezahlen Vertreter von Gewerkschaftsorganisationen und politischen Parteien, mit denen ein Konsens herrscht oder die zur Zustimmung gebracht werden. Sie sind galant gegenüber eigens geschaffenen Nichtregierungsorganisationen, damit sich eine Schicht von Integrierten bildet, die mit linken und konservativen modernen Parolen die Unterordnung predigen. Sie verteilen freigebig Gelder und Privilegien an obere Teile der mittleren Schichten, um die Allianz der bürgerlichen Klasse zu organisieren, um Bewusstsein zu zerfressen, um die Allianz der antimonopolistischen gesellschaftlichen Kräfte zu behindern.
Der Opportunismus wird groÖzügig bedacht und gleichzeitig in die eine oder andere Richtung gedrängt. Mal um als Stütze der Regierung zu dienen, mal um einen oppositionellen Schutzwall gegen die KKE und die Arbeiterbewegung zu bilden. Je lauter das oppositionelle Geschrei des SYRIZA6 wird, umso deutlicher zeigt sich, daÖ seine Vorschläge nicht einmal dazu taugen, den Kopfschmerz der Werktätigen zu lindern. Seine Vorschläge sind ein Rettungsboot mit Löchern.
Die bürgerliche Klasse und ihre Stäbe scheuen sich nicht, dem Volk sogar eigene Kader zum FraÖ vorzuwerfen, die dem System Jahr um Jahr treu gedient hatten, wenn sie die Wut und den Zorn des Volkes besänftigen müssen. Skandale werden aufgedeckt, solange es nötig ist, um die falsche Ansicht zu kultivieren, daÖ die Macht der Monopole menschlich, sozial und arbeiterfreundlich sein könne, wenn nur die Diebe und Betrüger beseitigt würden.
Das antiimperialistische Bündnis
Was hat die KKE dem Volk heute zu bieten? Zuallererst das, was Werktätige und Jugend sehr gut wissen, daÖ wir beharrliche und unbeugsame Streiter an der Seite der Arbeiterklasse, der Selbständigen, der Kleinbauern, der Jugend, der Frauen und der Migranten sind. Wir informieren, sehen und prüfen, warnen rechtzeitig. Wir fürchten uns nicht, halten Schwierigkeiten aus, weichen nicht zurück, wir verraten nicht und dementieren unser Bestreben nicht. Wir geraten nicht in Versuchung, jemanden mit der Aussicht auf schlaue Lösungen zu beschwindeln, für die kein Kampf, keine Opfer des Volkes nötig wären.
Unserem Vorschlag für ein Bündnis geben wir auf der Basis objektiver Einsichten Profil und nicht auf der von Parolen, abstrakten Visionen und subjektiver Selbstfixierung. Diese Allianz stützt sich auf die gemeinsamen Interessen der Arbeiterklasse, der Selbständigen, der Kleinbauern. Zu diesen gesellschaftlichen Kräften zählen wir auch die Migranten in unserem Land, unabhängig davon, ob sie legalisiert wurden oder nicht.
Wir entwickeln Aktionsprogramme für die Jugend und die Frauen, die den Bündniskräften angehören oder in sie hineinwachsen werden. Wir erweitern und verankern diese Programme auch in der Allianz. Dies scheint heute schwierig, ist aber eine Frage der Kräfteverhältnisse. Die verändern sich mit dem Willen und der Aktion der Bevölkerung. Je schneller sich Teile der Bevölkerung aus der Umklammerung, dem Defätismus und dem Einfluss der Strategie der Monopole befreien, umso schneller ändert sich auch die Zusammensetzung der politischen Kräfte. (…) Unter dem Einfluss positiver Entwicklungen in der Bewegung und im Bewusstsein des Volkes können neue politische Formen entstehen, die auf den Bruch mit den Monopolen und dem Imperialismus im Land, mit der Strategie des Kapitalismus ausgerichtet sind. Dann ist es unsere Pflicht, damit zu korrespondieren. Es liegt in unserer Verantwortung zu helfen, aber nicht alles hängt von uns ab.
Basis des Bündnisses ist der Widerspruch und der Bruch mit den Monopolen, dem Imperialismus und folglich auch mit den ihnen dienenden Parteien. Wir fordern keine Übereinstimmung in der Frage des Sozialismus, keine Identifizierung mit der Ideologie der KKE. Nach unserer Einschätzung kann allerdings die Aussicht auf die Macht des Volkes eine gemeinsame Basis bilden, damit die Allianz eine Richtungsänderung bewirkt, einen anderen Weg des Wachstums, arbeiterfreundlich, volksfreundlich, ohne die Verpflichtungen, die von EU und NATO auferlegt werden. Man kann nicht zwei Herren dienen, entweder dem Volk oder den Monopolen.
Einige Gutwillige fragen, ob es nicht heute, wo die Probleme der Werktätigen zunehmen, wo wir eine erdrückende Ausweglosigkeit spüren, vielleicht gut wäre, wenn einige Parteien oder einige Bewegungen in drei bis vier existentiellen Fragen Übereinstimmung fänden und alles andere erst einmal aussen vor lieÖen. Doch wenn die drängenden Probleme heute nur drei, vier oder auch fünf, sechs wären, dann würden wir vielleicht nicht von erdrückender Ausweglosigkeit sprechen. Auch wird gefragt, wenn wir willkürlich einige Probleme isolieren und viele andere ausser acht lassen, ob es dann nicht die Möglichkeit einer Übereinkunft z.B. mit PASOK oder SYRIZA gäbe? Es gibt keine unabhängigen Probleme, die nicht Auswüchse einer allgemeinen politischen Linie des Monopolkapitals sind. Es gibt Probleme der Arbeiterklasse, der Selbständigen, der Klein- und Mittelbauern. Es gibt das Problem der Folgen aus der Konzentration des Kapitals, der Privatisierung, der Entfesselung des Marktes, das Problem der Folgen aus den Verpflichtungen gegenüber der EU und der NATO, der griechisch-US-amerikanischen Abkommen, die Auswirkungen auf politischer, militärischer und ökonomischer Ebene haben, auf der Ebene der gewerkschaftlichen und demokratischen Rechte.
Machtfrage stellen
Was sollen wir da aussen vor lassen? Ein Pakt in der Opposition ist im Grunde auch ein Pakt für eine mögliche Regierungskoalition oder, nach unserem Verständnis, ein Pakt für die Ausübung der politischen Macht. Eine Regierung, welcher Form auch immer, muss eine umfassende Strategie vorweisen, die in grundlegenden Linien Antwort auf die Frage »Hältst du es mit dem Volk oder mit den Monopolen?« gibt. Griechenland wird nicht mit der Zustimmung und Beteiligung der KKE ein zweites Italien, Frankreich oder Deutschland der verlorenen Hoffnungen werden.
Wir bleiben nicht untätig, wir kämpfen auch unter den heutigen Kräfteverhältnissen, aber der Widerstand gegen die Regierungen von ND oder PASOK reicht nicht. Es braucht die Auseinandersetzung mit ihrer Strategie. Es braucht einen entschiedenen Kampf, der die Machtfrage stellt. Das ist der einzige Weg für die Arbeiter und für das Volk. Eine neue politische Herrschaft in seinem Interesse, aber unter den alten Eigentumsverhältnissen ist dazu verurteilt zu scheitern, verurteilt zu verraten.
Die Logik von den Zwischenstufen, die Logik »Machen wir einen Schritt, und dann schau’n wir mal, wie es weitergeht« birgt heute die groÖe Gefahr, daÖ wertvolle Zeit verlorengeht. Und die Lehre von 1981 liegt nicht so weit zurück. Macht den ersten Schritt mit uns zusammen, in geeinter Aktion, ohne daÖ von euch verlangt wird, eure eigenen Ansichten aufzugeben. Dann werden die Dinge morgen besser aussehen. (…)
Unsere Kraft ist die avantgardistische Theorie, die avantgardistische Praxis! Unsere Kraft und unsere Waffe sind die Geschichte der KKE und der KNE, sind die Erfahrung und die Lehren aus der Geschichte der internationalen Bewegung der Arbeiter und der Kommunisten, ist die wissenschaftliche Untersuchung des sozialistischen Aufbaus im 20. Jahrhundert! Unsere Kraft ist die GewiÖheit, daÖ die Bewegung der Völker erneut anschwillt, daÖ ein neuer Reigen gesellschaftlicher Umstürze und sozialistischer Revolutionen kommen wird. Wir lassen den Kopf nicht hängen, wir glauben an die Kraft und den Willen des Volkes. Wir glauben an die Jugend.
Anmerkungen
1 Die Rede ist vom Zusammenbruch osteuropäischer sozialistischer Staaten zwischen 1989 und 1991.
2 1989 gründete sich die »Koalition der Linken und des Fortschritts«, Synaspismos, an der sich zunächst auch die KKE beteiligte. 1991 wehrte sich die KP gegen ein Aufgehen in dem Bündnis und verlieÖ es daraufhin.
3 Am 7. Februar 1992 unterzeichnete im niederländischen Maastricht der Europäische Rat den »Vertrag über die Europäische Union«. Die EU ist seitdem ein den Nationalstaaten übergeordneter Verbund, der für eine gemeinsame Aussenpolitik und für die Zusammenarbeit in Justiz und Innerem zuständig ist.
4 »Nea Dimokratia« ist die konservative Partei Griechenlands, PASOK, die Gesamtgriechische Sozialistische Bewegung, die sozialdemokratische.
5 Auf der Konferenz von Jalta trafen sich im Februar 1945 die alliierten Staatschefs Franklin D. Roosevelt (USA), Winston Churchill (Vereinigtes Königreich) und Josef Stalin (Sowjetunion). Es wurden die Einflusssphären nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges festgelegt.
6 Ein 2004 gebildetes Wahlbündnis von Synaspismos mit anderen linken griechischen Parteien, das bei Parlamentswahlen erfolgreich kandidiert.
Text (deutsch Heike Schrader) übernommen von: www.jungewelt.de