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Das Bild des Jahres: Schuhwurf gegen Bush

 

Irak feiert einen Helden mehr im nationalen Widerstands- und Befreiungskampf gegen die Besatzungsmacht. Tausende gingen auf die Strassen und forderten die Freilassung des Fernseh-Korrespondenten Montasser al-Saidi, der bei einer Pressekonferenz seine Schuhe auf US-Präsident Bush warf und ihn als Hund beschimpfte und daraufhin überwältigt, mit Schlägen traktiert und festgenommen wurde. «Dies ist ein Abschiedkuss, du Hund», hatte al-Saidi Bush zugerufen, während er seine Schuhe in dessen Richtung schleuderte. «Dies ist von den Witwen, den Waisen und denen, die im Irak getötet wurden.»

 

Die irakische Marionettenregierung hat den Schuhwurf umgehend verurteilt.

Aber im Armenviertel Sadr City der irakischen Hauptstadt Bagdad folgten tausende Anhänger der schiitischen Bewegung einem Aufruf des Geistlichen Muktada al-Sadr zum Protest. Sie verbrannten US-Flaggen und forderten Freiheit für al-Saidi. In Nadschaf wurde eine eine amerikanische Patrouille von Demonstranten mit Schuhen beworfen.

Für seine beherzte Tat soll der Jounalist nun eine Auszeichnung von Libyen erhalten. Eine Hilfsorganisation unter Vorsitz der Tochter des libyschen Staatsführers Muammar al-Gaddafi will ihm den “Orden für Mut” verleihen. Der libanesische Fernsehsender New TV (NTV) hat dem Journalisten eine Stelle in seiner Nachrichtenredaktion angeboten. Das Angebot umfasst neben Übernahme von Kautionen für seine Feilassung und der Anwaltskosten auch die Lohnzahlung von dem Moment an, als er den (ersten) Schuh warf.

Der Bruder von Montasser al-Saidi hat inzwischen schwere Vorwürfe gegen die irakischen Sicherheitsbehörden erhoben: Diese hätten al-Saidi nach dem Vorfall schwer verletzt, ihm einen Arm und mehrere Rippen gebrochen und Verletzungen an einem Auge und an einem Bein zugefügt.

 

Kommentar

Von Chrutschschow, der 1960 in einem Wutanfall seinen Schuh auszog und auf den Tisch hämmerte, muss man sagen: der Mann lag mit jener lächerlichen Performance neben den Schuhen. Ruckedicku, der Schuh, den er sich anziehen wollte, war ihm zu gross.

Bei Al-Saidi kann man feststellen, dass er nicht nur mit seinem souveränen Wurf Zielsicherheit bewiesen hat, sondern dass auch die Auswahl seines ledernen Wurfgeschosses von kulturgeschichtlichem Feinsinn zeugt. Die Symbolkraft seines Wurfes darf nicht unterschätzt werden. Ganz abgesehen von seiner erotischen Bedeutung, die uns in vielen Volksliedern, im Aschenputtel und tausend anderen literarischen Werken begegnet, spielt der Schuh auch in der politischen Symbolgeschichte seine Rolle. (Man vergesse nicht das böse Schicksal der Marcos-Witwe, die ihre Schuhe aufbewahrte, anstatt sie zu schmeissen.)

Im Mittelalter warf man hierzulande einem Gegner den Fehdehandschuh vor die Füsse. Eine weit verzweigte Bauernverschwörung in Süddeutschland um 1500 nannte sich der “Bundschuh”. Selbst Jesus mass dem Schuh besondere Bedeutung bei, wenn er seinen Jüngern gebot, “nichts mitzunehmen auf den Weg als allein einen Stab, kein Brot, keine Tasche, kein Geld im Gürtel, wohl aber Schuhe …”(Markus 6,8-9).

Im arabisch-islamisch geprägten Kulturraum gilt es schon als Beleidigung, wenn man seinem Gegenüber im Sitzen auch nur die Schuhsohlen zeigt. Die Ungefährlichkeit des Wurf eines weichen Leders lässt die damit ausgedrückte Verachtung noch deutlicher hervortreten.

(16.12.08/mh)

 

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