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König hin oder her – Chávez lässt sich nicht den Mund verbieten.

Ausgerechnet der vom Franquismus auf den wiederaufgerichteten spanischen Thron gesetzte Bourbone Juan Carlos, erlaubte sich am 11. November 2007 an einer Gipfelkonferenz von Staatsoberhäuptern, welche alle aus Wahlen hervorgegangen sind, Venezuelas Präsident Hugo Chávez schweigen zu heissen, nachdem dieser den früheren spanischen Regierungschef Aznar als Faschisten bezeichnet und die Gefrässigkeit spanischer Kapitalgruppen in Lateinamerika angeprangert hatte. “Warum schweigst du nicht?”; mit diesen beleidigenden und im diplomatischen Verkehr unerhörten Worten verliess der König von Francos Gnaden den ibero- amerikanischen Gipfel in Santiago de Chile.

Chávez gab ihm noch einige Worte mit auf den Weg: “Der König mag der König sein, aber mich wird er nicht zum Schweigen bringen. Der dort ist geradeso gut Staatschef wie ich, mit dem Unterschied, dass ich dreimal gewählt wurde.” Bei der letzten Wahl war er mit 63% der Stimmen im Präsidentenamt bestätigt worden.

Schweifwedelnd im Schatten des Monarchen sah man auch den heutigen SP- Regierungschef Zapatero, der sich für seinen Amtsvorgänger und zur Verteidigung der imperialistischen Interessen des spanischen Grosskapitals in Lateinamerika in die Brust warf und Chavez vorwarf, mangelnden Respekt vor Aznar zu zeigen. Seine Worte “ich hoffe das war das letzte Mal!” waren so peinlich, dass sich die chilenische Präsidentin Bachelet veranlasst sah, etwas zur Beschwichtigung zu sagen: “Dramatisieren wir nicht. Wir alle sind doch erwachsene Leute.”

Zapateros Vorwurf des mangelnden Respekts ist auch völlig haltlos. • Erstens hat Aznar zu wiederholten Malen Venezuela und den venezolanischen Präsidenten Malen persönlich schwer beleidigt, so dass Chávez ihm irgendwann eine öffentliche Antwort erteilen musste, um sich und sein Land gegen die Angriffe zu verteidigen. Daran erinnerte der kubanische Vizepräsident Carlos Lage die Versammlung der Staatschefs. So hatte Aznar den Präsidenten als “billigen Demagogen”, “Diktator”, “populistisch verkleideten Gegner der Freiheit”, als ein “Produkt aus bösen Gedanken” beschimpft und die bolivarianische Revolution in Venezuela eine “Wende zum Nazismus” betitelt. • Zweitens ist die Qualifizierung Aznars als Faschist nicht eine Frage der Tischsitten, sondern eine Frage von Aznars Politik und ihrer Beurteilung. • Drittens hat Chávez politische Gründe für sein Urteil über Aznar genannt. Aznar war etwa in den Putschversuch von 2002 in Venezuela eingeweiht oder verwickelt. Auch der spanische Unternehmerverband CEOE hatte da die Finger im Spiel. Es ist allgemein bekannt, dass Aznar 1999 zu den Hauptkriegstreiber gegen Serbien gehörte und auch die treibende Kraft hinter vielen Versuchen zur Störung der Beziehungen zwischen Europa und Kuba war. Der Kern seiner Partei sind die alten faschistischen Eliten. Der Faschismus hat überhaupt erst die imperialistischen Finanzgruppen erzeugt, die heute Spanien beherrschen und damit noch nicht genug haben.

Seit Jahren betreibt das spanische Finanzkapital, angeführt von der Banco de Santander, eine Offensive zur ökonomischen Wiedereroberung Südamerikas. Milliardensummen werden exportiert, auch um haufenweise privatisierte Staatsbetriebe in lateinamerikanischen Ländern aufzukaufen. Dank der Komplizenschaft der nationalen und regionalen Politiker und Beamten bezahlen die Konquistadoren meist nur einen Spottpreis und erhalten ausser gut abgeschotteten Märkten auch Steuererleichterungen, Privilegien und Garantien aller Art zugeschanzt. Es ist augenscheinlich, dass sich der Eroberungsdrang der spanischen Hochfinanz mit den Interessen und Erwartungen der Völker Lateinamerikas nicht vereinbaren lässt. Nie wird sich das imperialistische Kapital freiwillig mit den Projekten Cubas, Venzuelas, Boliviens und anderer Länder abfinden, die zur Festigung der nationalen Souveränität und zur Schaffung von Vorbedingungen für den Aufbau des Sozialismus führen. Obwohl einige in Spanien meinen, der Ausfall von Juan Carlos gegen Chávez sei der Ausdruck einer momentanen Angeschlagenheit des Monarchen, dieser habe einfach die Fassung verloren, so spricht doch auch einiges für einen gezielten “Misstritt”.

Bemerkung: Francos Ziehsohn gebrauchte die Worte “¿Por qué no te callas?”. Ihre Wirkung im Spanischen ist so, dass die wörtliche deutsche Übersetzung (Warum schweigst du nicht?) die Schwere der Beleidigung nicht wiedergibt. Frei übersetzt: “Halt doch die Klappe!”.