
Grosse Medienpräsenz: Jewghenia Gutsul mit Ehemann und einem ihrer Kinder im Gerichtsgebäude.
Justizwillkür in der Moldau: Baschkanin von Gagausien zu 7 Jahren verurteilt
ko-ch. Jewghenia Gutsul, Baschkanin, das heisst Oberhaupt der moldawischen autonomen Region Gagausien, wurde zu 7 Jahren Gefängnis und einer hohen Geldstrafe verurteilt. Es ist ein weiterer Versuch der moldawischen Staatschefin Maia Sandu, die EU-kritische Opposition des Landes mit Kriminalisierung und Existenzvernichtung mundtot zu machen. Im März dieses Jahres liess die Sandu-Clique die Regierungschefin der autonomen Region bei der Ausübung ihres Amtes festnehmen und unter Anklage stellen. Die Bevölkerung, die aufgrund der Wirtschaftsstruktur der Region für die Aufrechterhaltung guter Kontakte mit Russland kämpft, gibt ihrer Solidarität mit Gutsul tagtäglich mit Protesten vor dem Gefängnis Ausdruck.
Das gagausische Regionalparlament steht hinter Jewghenia Gutsul und trat nach der Verkündung des Urteils zu einer ausserordentlichen Sitzung zusammen. «Auf der Tagesordnung wird die politische Lage in Gagausien nach der rechtswidrigen Verurteilung der Vorsitzenden der Autonomiebehörde stehen», teilte der parlamentarische Pressedienst mit. In der Folge beschloss das Parlament Gagausiens, das über Gutsul verhängte Urteil nicht anzuerkennen. Es sei unter «politischem Druck» zustande gekommen, wurde festgehalten. Die Verfolgung von Gutsul durch moldawische Strafverfolgungsbehörden werden vom Regionalparlament als Versuch gewertet, «die Autonomie der Region zu beseitigen und den Willen der Bevölkerung zu unterdrücken».
Schon Gutsul hatte zuvor erklärt, dass die gegen sie erhobenen Vorwürfe politisch motiviert seien – ein Versuch, sie aus dem Amt der Regierungschefin der autonomen Region zu entfernen und eine Konkurrentin [der Staatschefin] auszuschalten. Sie war wegen illegaler Finanzierung der Oppositionspartei SOR zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt worden. Ausserdem wurde ihr für fünf Jahre die Mitgliedschaft in einer politischen Partei untersagt, und sie wurde zu einer Geldstrafe von 2,4 Millionen Dollar verurteilt. Diese Summe soll sie zur Finanzierung ihres Wahlkampfs verwendet haben. Das Gericht bestätigte zudem ein früheres Urteil zur Beschlagnahme ihres Eigentums.

«Gagausien fordert Gerechtigkeit!»: Die Bevölkerung des autonomen Gebietes solidarisiert sich mit ihrer Baschkanin, aber auch mit Svetlana Popan, einer im gleichen Verfahren verurteilten gagausischen Abgeordneten im moldawischen Parlament.

Gutsul bestreitet unterdessen alle Vorwürfe kategorisch und bezeichnet den Fall als politischen Rachefeldzug gegen sie. Ihrer Meinung nach steckt die in der Republik Moldau aktuell regierende Partei der Aktion und Solidarität (PAS), der auch die Staatschefin Sandu angehört, hinter dem Vorgehen der Justiz. Das Ziel ist, die Opposition zu kriminalisieren. Die Anwälte Gutsuls haben angekündigt, gegen das Urteil Berufung bei einem höheren Gericht einzulegen. Während der Berufungsfrist wird Jewghenia Gutsul das Mandat als Baschkanin Gagausiens behalten. Die Amtsgeschäfte werden jedoch während ihrer Haft von ihrem ersten Stellvertreter Ilja Usun wahrgenommen.
Gutsuls Beziehungen zur moldawischen Führung verschlechterten sich 2023, nachdem die junge, charismatische Politikerin die Wahlen in der Autonomieregion gewonnen und einen Kurs engerer Beziehungen zu Russland angekündigt hatte. Gleichzeitig kritisierte sie Kisinaus Konfrontationspolitik gegenüber Moskau.
Die moldauischen Behörden hatten 2023 versucht, die Wahl Gutsuls als Oberhaupt von Gagausien für ungültig zu erklären, doch das gagausische Parlament stellte sich auf ihre Seite. Darüber hinaus fanden, wie auch jetzt wieder, zahlreiche Kundgebungen zu ihrer Unterstützung statt. Die moldawische Präsidentin Maia Sandu weigert sich seither, ein Dokument zu unterzeichnen, das Gutsul als Chefin der regionalen Regierung bestätigt, obwohl dies nach den Gesetzen des Landes zwingend ist.
Da der Weinbau ein wichtiger Wirtschaftszweig der autonomen Region ist und ein grosser Teil der Produktion traditionell nach Russland exportiert wird, sind gute Beziehungen zur Russischen Föderation für Gagausien elementar. Die von der Staatschefin Sandu, einer Marionette Brüssels, mit Hochdruck betriebene Integration der Moldau in die EU mit gleichzeitiger Abschottung von Russland wäre für Gagausien eine Katastrophe.
Unterdessen regt sich die moldawische Ausland-Diaspora. Alarmiert durch die Vorgänge in ihrer Heimat, fordern in Russland lebende Moldawier – sie bilden weitaus den grössten Teil der Ausland-Moldawier – dass bei den im September stattfindenden Parlamentswahlen ausreichend Stimmlokale eingerichtet werden. Bei den moldawischen Präsidentschaftswahlen im Oktober 2024 standen ihnen in dem riesigen Land gerade mal 2 Stimmlokale zur Verfügung, und dazu mit ungenügend Stimmzetteln bestückt. Aber auch in der vom Sandu-Regime lange gehätschelten West-Diaspora erwacht die Kritik an der in Kisinau herrschenden Clique. In Wien und in Grossbritannien gehen junge Moldawier, oft frühere Wähler von Sandu, auf die Strasse, protestieren gegen die Repression und fordern «Freiheit für Jewghenia Gutsul». Das Regime scheint nun zu weit gegangen zu sein.

Demonstration vor der moldawischen Botschaft in Wien: «Hör auf, die Opposition zu verfolgen», «Stoppt die Repression», «Sie ist die Mutter zweier Kinder» usw.