"Der «Euro-Kommunismus» ist zum «Euro-Troikismus» degeneriert"
Jorge Cadima: Italien
Die Wahlen in Italien waren eine wenn auch widersprüchliche Niederlage für die Pläne der EU und des grossen internationalen Finanzkapitals. Ihr Wahlziel war klar: die Austeritätspolitik, den Militarismus und den Föderalismus der Regierung von Mario Monti mittels einer Koalition mit dem sogenannten Mitte-Links-Partei Partito Democratico (PD) fortzusetzen. Die Wahlen brachten ihnen keine Mehrheit, weder bei den Wählerstimmen noch bei den Sitzen im Senat.
Die Niederlage von Monti ist nicht zu unterschätzen. Es handelt sich um einen grossen Fisch. Europäischer Ex-Kommisar, europäischer Ex-Präsident der Trilateralen, mit Verbindungen zur Bilderberg-Gruppe und zum Finanzgiganten Goldman Sachs, gelangte Monti an die Spitze der italienischen Regierung, nicht durch das Votum der Wähler, sondern dank einem in den Kommandozentralen der EU orchestrierten Putsch, wobei der Präsidenten der Republik, dem Ex-PCI-Mitglied Napolitano eine wichtige Rolle zufiel. Seine Nomination für einen Premier im November 2011 erfolgte nicht zufällig zwölf Tage, nachdem eine anderer mit dem grossen Finanzkapital liierter Italiener, Mario Draghi, die Präsidentschaft der Europäischen Zentralbank (eines der drei Pfeiler der Troika) angetreten hatte. Draghi war Vizepräsident der Goldman Sachs und Direktor der Weltbank und der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ, die “Bank der Banker”), und sein Antritt des Chefpostens bei der EZB fiel mit einer erheblichen Finanzspekulation zusammen, welche das Terrain für eine Ablösung des unberechenbaren Berlusconi durch eine “Regierung der Technokraten” düngte. Durch die Medien des Regimes vergöttert, verdoppelte Monti die von seinen Vorgängern, den Mitte-Links-Regierung und der Regierungen Berlusconi eingeleiteten Angriffe gegen die Werktätigen und das Volk. Von Wählerumfragen eingelullt, schritt er zu vorgezogenen Neuwahlen und eröffnete unverzüglich mit einer neuen Partei die Wahlkampagne. Er erhielt mehr oder weniger offene Hilfe von der EU, von Merkel, von Obama, vom Vatikan. Seine Wahlniederlage (er blieb unter 10% der Stimmen) ist daher bemerkenswert. Sie ist ein Reflex, und zu gleich ein verstärkender Faktor, der Krise der EU und des europäischen Kapitalismus.
Die negative Seite der Wahlen liegt darin, dass sich die gewaltige soziale Unzufriedenheit der Italiener in einer Zunahme der Wahlabstinenz (15%) ausdrückt oder dass Kräfte aus zweifelhafter und obskurer Umgebung (wie die Bewegung Cinque Stelle von Grillo) sowie Berlusconi Kapital daraus schlagen. Beide proklamieren auf demagogische Weise Gegnerschaft zur Austerität und distanzieren sich von der EU und vom Euro. Auf der Linken erreichten die kommunistischen Parteien (PdCI und Rifondazione), die im Bündnis mit den Gründen und der Partei des Richters Di Pietro an den Wahlen teilnahmen, schlechte Ergebnisse und bleiben wieder ohne Parlamentssitze. Durch das Schweigen der Medien, durch den Druck des “voto utile” und durch das Wahlgesetz zerquetscht, werden sie auch wegen ihrer personalistischen Option des Wahlkampfs, die zur Austilgung von Parteinamen und Symbolen führte, gelitten haben, sowie durch ihre Beteiligung an «Mitte-Links»-Regierungen, deren Politik grundlegend vom Grosskapial und der EU diktiert war.
Der Generalstab der EU wird reagieren wie gewohnt, indem er die Wahlresultat ignoriert. Durão Barroso sagte bereits, dass die Niederlage Montis nicht bedeute, dass seine Politik oder die Politik der EU falsch seien; und er ruft auf, “nicht vor dem Populismus zu weichen”. Napolitano kündigte bereits an, dass «die Regierung Monti Italien im Europarat Mitte März vertreten und in Fortsetzung ihrer Politik alle notwendige Verantwortung eingehen wird». Die Zukunft ist ungewiss. Aber wichtig ist die Feststellung, dass bei den Putschs des Grosskapitals Napolitano und den Parteiführern der PD eine zentralen Rolle zukommt. Diese hatten sich im Prozess zur Charakterveränderung und Liquidation der grössten kommunistischen Partei Westeuropas hervorgetan. Der «Euro-Kommunismus» ist zum «Euro-Troikismus» degeneriert, zur Tragödie für die Werktätigen und das Volk. Aber früher oder später werden die Werktätigen Italiens ihre grosse revolutionäre Klassenpartei wieder aufrichten.
Quelle/Original (port.): Jornal «Avante!» (Nº 2049, 7 de Março de 2013, Crónica internacional) – Übersetzung: kommunisten.ch (7.3.2013/mh)