Wörterbuch der Geopolitik: Kosmopolitismus und Internationalismus
Weiter geht es mit unserem Wörterbuch: diesmal mit «Kosmopolitismus» und «Internationalismus». Es gilt, Internationalismus und Kosmopolitismus auseinanderzuhalten. Ersterer hat eine emanzipatorische Dimension und respektiert die Souveränität der Nationen und ihrer Völker, während letzterer, so wie er heute verstanden wird, für ein imperialistisches Instrument zur Einebnung kultureller Eigenheiten steht, das der unipolaren Dominanz im Namen der «Neuen Weltordnung» dient.
von Davide Rossi1
sinistra. Kosmopolitismus hat sicherlich seit langen Jahrhunderten eine positive Bedeutung, zumindest während des 18. und 19. Jahrhunderts. Er war Symbol der Verständigung und Offenheit zwischen verschiedenen Kulturen, die zur gleichen Epoche in Teilen der Welt präsent waren. Oft auch auf engem Raum, zum Beispiel in Städten wie Istanbul oder Triest, in denen wirtschaftliche, kulturelle, ethnische und religiöse Gemeinschaften nebeneinander existierten und das soziale Gefüge bereicherten. Die Definition wurde auch etwa auf die mitteleuropäische Welt der Habsburger-Monarchie ausgedehnt. Im 20. Jahrhundert verlor der Begriff mit der Zeit seine ursprüngliche Bedeutung, da der kulturelle Austausch inzwischen generell zugenommen und sich die Geschwindigkeit dieses Austauschs dank der Globalisierung erhöht hatte: Er wurde daher zum Synonym für die Abschaffung von Grenzen im Hinblick auf die Förderung eines zunehmend freien Handels, im Sinne von dereguliert und uneingeschränkt.
Der Begriff hat mit unerwarteter und unverhältnismässiger Wucht mit dem Beginn des 21. Jahrhunderts wieder an Kraft gewonnen, indem der Westen ihn als Waffe gegen Russland und China einsetzt oder eine Form von Multikulturalismus propagiert, in dem die Gebräuche, Sitten, Bezüge, Vorgaben im Wesentlichen – in einigen Fällen ausschliesslich – die des Westens sind, mit Einsprengseln von Musik, Worten, Kleidungsaccessoires, aus anderen Kulturen.
Diese neue begriffliche Definition des Kosmopolitismus hat indes nichts mit jener früherer Jahrhunderte zu tun. Der Begriff wird heute dazu benutzt, die gewaltsame Förderung des allumfassenden westlichen Gedankens in ihren frivolsten und kommerzialisiertesten Aspekten zu maskieren und zu tarnen. Er wird so auf eine Waffe der Unipolarität reduziert. Kosmopolitismus bedeutet heute in jeder Hinsicht eine konsumistische Vereinheitlichung, auch in kultureller Hinsicht, denn die literarischen, kinematografischen und künstlerischen Bezüge sind die vom Westen diktierten, wenn nicht subtil aufgezwungenen. Wenn sie aus nicht-westlichen Kulturen kommen, werden sie nur akzeptiert, wenn sie sich dem westlichen Werteuniversum unterordnen.
Internationalismus hingegen ist heute genau das Gegenteil von Kosmopolitismus, nämlich die Idee der Solidarität zwischen verschiedenen Nationen und Völkern, die ihre Kulturen, ihre Sprachen, ihre Besonderheiten und ihre nationale Souveränität schützen und bewahren, ohne sich der wirtschaftlichen Erpressung der Unipolarität und deren angestrebten Kultur- und Wertegleichschaltung zu beugen. Kurz gesagt, der Internationalismus erkennt die Nationen an und befürwortet ihre Zusammenarbeit, während er die Unabhängigkeit jeder einzelnen respektiert; der Kosmopolitismus hingegen will sie überwinden, um der liberalen Wirtschaftsmacht zu erlauben, sich überall ohne Unterscheidungen und Regeln durchzusetzen und die Souveränität der Völker zu überwinden.
Ein ausgeprägter Internationalismus besteht in jenen politischen Organisationen und in jenen Nationen, die weiterhin eine marxistische kulturelle Orientierung haben. Die westliche Propaganda geht, was die sozialistischen und internationalistischen Nationen betrifft, schnell mit der Definition von «nicht-demokratischen Regimen» vor. Die marxistischen politischen Kräfte, die innerhalb des Westens für den Internationalismus kämpfen, brandmarkt sie als «Souveränisten», d. h. sie betreibt eine sprachliche Verfälschung, die in den liberalen und westlichen Medien den Begriff der Verteidigung der nationalen Souveränität automatisch mit faschistischen und rechtsextremen Bewegungen in Verbindung bringt oder dies doch suggeriert. Dabei verwendet den Begriff der Souveränität auch die italienische Verfassung, die aus dem antifaschistischen Widerstand heraus geboren ist. Der Angriff gegen die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens durch die italienische Wochenzeitung «Internazionale» (siehe Seitenspalte nebenan) ist ein gutes Beispiel, wie Kosmopolitismus heute als Gegensatz zum emanzipatorischen Internationalismus herangezogen wird (Der Name dieser kosmopolitischen und unipolar ausgerichteten Zeitschrift kann als ironisches Detail zur Kenntnis genommen werden).
1 Davide Rossi, ausgebildet als Historiker, ist Lehrer und Journalist. In Mailand leitet er das Studienzentrum «Anna Seghers» und ist Mitglied der Foreign Press Association Milan.
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Der Artikel wurde erstmals veröffentlicht am 14. März 2021 in sinistra.ch. Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version).
Die ganze bisher erschienene Serie «Wörterbuch der Geopolitik»:
→ Unipolarismus, Multipolarismus und Multilateralismus
→ Reformen, Regime und Demokratie
→ Kosmopolitismus und Internationalismus