USA-Illusion geplatzt: Vietnam gibt sich nicht als Brückenkopf gegen China her
Die US-amerikanischen Planer für einen Krieg gegen China sind einer grossen Illusion aufgesessen. Sie waren dem Wahn verfallen, Vietnam für Kriegsvorbereitungen gegen China ins Boot holen zu können. Gedacht war an die Installation eines Netzwerkes von Raketenstützpunkten, die rotierend besetzt werden können, um sie nicht so schnell zur Beute chinesischer Raketen werden zu lassen. Das Pentagon hatte die Prinzipientreue Vietnams falsch eingeschätzt – die abgeblitzten US-Militärstrategen halten das für eine «konservative» Anwendung von Grundsätzen…
GARETH PORTER1 in «The Grayzone»
Als das Pentagon 2018 begann, sich auf einen zukünftigen Krieg mit China vorzubereiten, erkannten Beamte des US-Verteidigungsministeriums bald einmal, dass sie Zugang zu vietnamesischem Territorium für Truppen benötigen, die mit Raketen bewaffnet sind, um chinesische Schiffe in einem US-China-Konflikt zu treffen. Also initiierten sie eine aggressive Kampagne, um die vietnamesische Regierung zu beeinflussen, und sogar Funktionäre der Kommunistischen Partei, in der Hoffnung, dass diese schliesslich eine Vereinbarung unterstützen würden.
Eine Recherche von «The Grayzone» über den Lobbying-Vorstoss des Pentagons in Vietnam zeigt, um welche wahnhafte Übung es sich dabei von Anfang an gehandelt hat. In einem Anfall von Selbsttäuschung, der auf wahre Verzweiflung hinweist, ignorierte das US-Militär unübersehbare Beweise dafür, dass Vietnam nie dafür zu haben war, seine langjährige, fest verankerte Politik der Äquidistanz zwischen den Vereinigten Staaten und China aufzugeben.
Vietnam als wichtiger Stützpunkt in der US-Kriegsstrategieplanung
Zwischen 2010 und 2017 entwickelte China Mittelstreckenraketen, die in der Lage sind, amerikanische Basen in Japan und Südkorea zu treffen. Um dieser Bedrohung zu begegnen, begannen das Pentagon und die militärischen Dienste an einer neuen Strategie zu arbeiten. Raketenbewaffnete Einheiten der US-Marine sollen sich über ein Netzwerk von kleinen, rudimentären Stützpunkten ausbreiten und kontinuierlich von einem Stützpunkt zum anderen ziehen. Vietnam war die logische Wahl für solche Standorte. Australien und die Philippinen schlossen öffentlich aus, US-Raketen zu beherbergen, die China treffen könnten, und es galt als unwahrscheinlich, dass Südkorea zustimmen würde. Indonesien und Singapur sind wirtschaftlich ohnehin zu abhängig von China, um interessiert zu sein.
Wie sagte doch Chris Dougherty, ehemaliger leitender Berater des stellvertretenden Verteidigungsministers für Strategie und Streitkräfteentwicklung, der grosse Teile der Nationalen Verteidigungsstrategie 2018 geschrieben hatte, der «Military Times» im vergangenen September: «Vietnam hat eine wunderbare Geografie. Es bietet gute Angriffspositionen («external lines») gegen die Chinesen». Die Strategen des Pentagons erinnerten sich natürlich daran, dass Vietnam 1979 eine schlecht vorbereitete chinesische Invasion, mit der die Vietnamesen für ihre Beziehungen zur Sowjetunion bestraft werden sollten, solide zurückgeschlagen hatte.
Der Plan des Pentagons auf Vietnam reifte, als der damalige Verteidigungsminister James Mattis sowohl 2017 als auch 2018 Vietnam besuchte und sich mehrmals mit Verteidigungsminister General Ngo Xuan Lich traf, der ihn zuvor in Washington besucht hatte. Während seines Besuchs im Januar 2018 äusserte sich Mattis enthusiastisch über die Zukunft der Zusammenarbeit zwischen den USA und Vietnam und nannte die beiden Länder «gleichgesinnte Partner». Im April 2019 besuchte der Kommandeur des US Indo-Pacific Command, Adm. Philip S. Davidson, während einer viertägigen Reise Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt. Mattis’ Nachfolger, Mark Esper, ging bei einer Reise im November 2019 sogar noch weiter und traf sich nicht nur mit dem Verteidigungsminister Lich, sondern auch mit dem Exekutivsekretär der Kommunistischen Partei, Tran Quoc Vuong.
Beamte waren zufrieden mit dem, was sie für einen Durchbruch für das Pentagon gehalten hatten – trotz der abrupten Absage für 15 geplante «Verteidigungsverpflichtungen» mit den Vereinigten Staaten durch das vietnamesische Verteidigungsministerium ohne öffentliche Erklärung im Monat zuvor. Bei ihrem Streben nach einer aktiven Beteiligung Vietnams an ihrer neuen Kriegsstrategie ignorierten die US-Militärs jedoch die grundlegende Tatsache, dass die Kommunistische Partei Vietnams und die militärische Führung nicht von der strategischen Politik abrücken würden, zu der sie sich seit zwei Jahrzehnten öffentlich bekannt hatten. Diese Politik war in drei Grundprinzipien zusammengefasst: keine militärischen Allianzen, kein Bündnis mit einem Land gegen ein anderes und keine ausländischen Militärbasen auf vietnamesischem Boden. Das vietnamesische Bekenntnis zu diesen «3 Nein», erstmals in einem 1998 veröffentlichten Weissbuch zur nationalen Verteidigung veröffentlicht, wurde in aufeinanderfolgenden Weissbüchern in den Jahren 2004 und 2009 wiederholt.
Diese Prinzipien schlossen eindeutig die Art von militärischer Kooperation aus, die das Pentagon von Vietnam anstrebte. Aber es stand offensichtlich zu viel auf dem Spiel, als dass die obersten Pentagon-Beamten sich von dieser Realität von ihrem Enthusiasmus hätten abbringen lassen. Der wichtigste Forschungsarm des Verteidigungsministeriums, die RAND Corporation, die viel in die Idee einer praktikablen neuen Militärstrategie für den Krieg mit China investiert hat, war ebenso wenig bereit, die Wahrheit anzuerkennen. Im Januar 2019 versicherte Derek Grossman, der RAND-Spezialist für vietnamesische Verteidigungspolitik, öffentlich, dass Hanoi nicht wirklich an eines der «3 Nein» gebunden sei.
Zum Prinzip «keine Militärbündnisse» behauptete Grossman, dass Vietnam «im Wesentlichen ein grosses Schlupfloch in seiner eigenen Regel geschaffen» habe, indem es ein Bündnis als eine militärische Vereinbarung definierte, die ein anderes Land dazu verpflichtete, Vietnam zu verteidigen, falls es angegriffen würde. Er kam mit ebenso kreativen Erklärungen dafür, warum die anderen Nein in der Praxis ebenfalls locker definiert waren.
Als Vietnams lang erwartetes neues Nationales Verteidigungsweissbuch Ende November 2019 veröffentlicht wurde, entdeckte Grossman neue Gründe dafür, das Angebot des Pentagons zur Zusammenarbeit Vietnams mit dem US-Militär gegen China voranzutreiben. Grossman suggerierte, dass die Vietnamesen «subtile Botschaften der Gelegenheit für Washington» in das Dokument gepflanzt hätten, einschliesslich ihrer Bereitschaft, an «Sicherheits- und Verteidigungsmechanismen in der indopazifischen Region teilzunehmen». Und er wies auf einen neuen Zusatz zu neu nun «4 Nein» Vietnams hin.
«Abhängig von den Umständen und spezifischen Bedingungen», so der vierte Grundsatz, «wird Vietnam die Entwicklung notwendiger, angemessener Verteidigungs- und Militärbeziehungen mit anderen Ländern in Betracht ziehen». In der Praxis bedeutete das lediglich, dass Vietnam, wenn es ernsthaft von einem chinesischen Angriff bedroht würde, seine Verpflichtung zu den «4 Nein» aufgeben könnte. Aber der Zusatz war kaum ein Signal der vietnamesischen Bereitschaft, sich an einer «Indo-Pazifik-Strategie» der USA zu beteiligen. Vielmehr waren die «4 Nein» im Verteidigungsweissbuch Teil einer umfassenderen Strategie der Aufrechterhaltung der Äquidistanz zwischen China und den Vereinigten Staaten, wie sie erstmals 2003 vom Zentralkomitee der Partei als «Resolution 8» verabschiedet wurde.
Die Vietnam-Blase des Pentagons geplatzt
Washingtons Optimismus über eine neue Ära der amerikanisch-vietnamesischen Verteidigungskooperation gegen China basierte auf wenig mehr als Wunschdenken. Ende 2020 war es offensichtlich, dass die Blase der Pentagon-Hoffnungen auf einen Durchbruch mit Vietnam geplatzt war: Es würde keine vietnamesische Beteiligung an einer US-Militärstrategie gegen China in der Region geben. Es würde auch keine hochrangigen Besuche des Pentagons oder des Militärs im Laufe des Jahres geben. Noch wichtiger ist, dass keine weiteren militärischen Aktivitäten zwischen den USA und Vietnam angekündigt wurden.
Derek Grossman von der RAND Corporation räumte schliesslich im August 2020 ein, dass Vietnam doch nicht bereit gewesen sei, eine tiefere militärische Zusammenarbeit gegen China zu beginnen. Er schickte sich nun in die Realität, dass Hanoi eine «konservative Herangehensweise» an die «4 Nein» verfolgt, die er nur Monate zuvor als offene Tür für mehr US-Kooperation vermarktet hatte.
Grossman räumte ein, dass Vietnam einen «heiklen Balanceakt» vollzogen habe, indem es jeden Schritt vermieden habe, der China verärgern könnte. Die vorsichtige Herangehensweise des Landes, schrieb er, sei «enttäuschend für Washington und sollte die amerikanischen Einschätzungen über das Ausmass, in dem Hanoi bereit sein könnte, eine Rolle in der US-Indopazifik-Strategie zu spielen, mässigen», was eindeutig bedeutet, dass die «grossen Hoffnungen» der Trump-Administration auf eine «gleichgesinnte Partner»-Strategie in Vietnam unangebracht waren.
Nguyen The Phuong, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Internationale Studien an der Vietnam-National-Universität in Ho-Chi-Minh-Stadt, bestätigte in einem Interview mit «The Grayzone», dass die grundlegende vietnamesische Politik der Aufrechterhaltung der Äquidistanz zwischen China und den USA von niemandem innerhalb der vietnamesischen Regierung in Frage gestellt wird.
Nguyen bemerkte, dass sowohl zivile als auch militärische Beamte davon ausgehen, dass die US-Marine keine effektive Strategie zur Eindämmung chinesischer Operationen in der von Vietnam beanspruchten Seezone hat. Die einzige Meinungsverschiedenheit, die innerhalb dieses Konsenses entstanden ist, sei, dass viele vietnamesische Diplomaten, mit denen er gesprochen habe, glaubten, dass die US-Küstenwache, die nicht unter der Kontrolle des Verteidigungsministeriums stehe – aber die von den USA dennoch als Militärdienst betrachtet wird – ein effektiveres Werkzeug wäre, um Chinas Taktiken in der umstrittenen Seezone im Südchinesischen Meer entgegenzuwirken, als es die US-Marine gewesen ist. Sie glaubten auch, dass es keine Provokation für China wäre, der Küstenwache Zugang zu Vietnams Tiefwasserhafen in Cam Ranh Bay zu geben. Die militärische Führung habe diese Idee jedoch abgelehnt, so Nguyen. Was das Pentagon von Vietnam aber in erster Linie wolle, sei der Zugang zu Stützpunkten für amerikanische Bodentruppen mit Raketen.
Im September 2020, nachdem das Pentagon eine Vereinbarung mit Palau über Stützpunkte auf der Pazifikinsel getroffen hatte, enthüllte der stellvertretende Verteidigungsminister für Ostasien, Heino Klinck, in einem Interview mit dem Wall Street Journal, dass das, was das Verteidigungsministerium wirklich suchte, «Zugang zu Orten anstelle von permanenten Basen» war. Wie der Artikel erklärte, «fordert die US-Sicherheitspolitik in Asien eine stärkere Präsenz amerikanischer Streitkräfte, aber auf Rotationsbasis, wobei die Truppen für Training und Übungen ein- und ausrücken». Die Marine, die das Pentagon gerne in Vietnam positioniert hätte, wäre sonst leichte Beute für chinesische Raketen gewesen. Aber Nguyen The Phuong glaubt nicht, dass irgendein vietnamesischer Beamter, ob zivil oder militärisch, einen solchen Zugang auch nur in Erwägung ziehen würde. «Wenn die USA diesen Ansatz in Vietnam versuchen würden, würde er sicherlich scheitern», sagte er.
Die Geschichte der Gewinnung Vietnams durch das Pentagon als potenzieller militärischer Partner gegen China offenbart ein ausserordentliches Mass an Selbsttäuschung, das das ganze Unterfangen umgibt. Und sie fügt dem bereits gut etablierten Bild einer verworrenen und verzweifelten US-Militärbürokratie, die nach jedem möglichen Vehikel greift, um den Anschein zu wecken, die US-Macht im Pazifik könne noch immer in einem Krieg mit China siegen, ein weiteres Kapitel hinzu.
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1 Gareth Porter ist ein unabhängiger investigativer Journalist, der seit 2005 über die Sicherheitspolitik der USA berichtet.
Der Artikel ist am 8. April 2021 erstmals in The Grayzone erschienen. Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)