kommunisten.ch

kommunisten.ch

«Soberana», der von BioCubaFarma hergestellte Impfstoff gegen CoVid19

Kuba: ein kleines Land, ein Gigant der Biotechnologie

Trotz des längsten Embargos der modernen Geschichte ist es Kuba gelungen, mehrere Impfstoffe zu entwickeln, deren Technologie sicher und seit langem bekannt ist. Etwas, auf das viele Menschen warten, welche den experimentellen Vakzimen der Pharma-Multis misstrauen. Ein beeindruckender Erfolg, den z. B. Frankreich, das Land Pasteurs, bisher nicht erreichen konnte. Wird die kleine Insel, die von den Vereinigten Staaten und ihren Vasallen im Würgegriff gehalten wird, das erste Land der Welt sein, das seine gesamte Bevölkerung mit einem eigenen Impfstoff impft? Ihr vorbildliches Gesundheitssystem stellt unser eigenes in Frage, das seit Jahrzehnten vom neoliberalen Modell zerfressen wird. Ein Vor-Ort-Bericht der französischen Journalistin ROMANE FRACHON für die Plattform «QG».

Seit dem 10. Mai hat die Massenimpfung der kubanischen Bevölkerung begonnen. Die Kubaner erhalten zwei der fünf entwickelten Impfstoffe, Abdala und Soberana 2. Die Kampagne begann in Havanna und dann in den Provinzen Santiago de Cuba und Matanzas. Pflegekräfte und ältere Menschen wurden zuerst geimpft. Die kubanischen Behörden hoffen, 70% der Bevölkerung bis August und 100% bis Dezember zu immunisieren.

Die kubanischen Impfstoffe sind die einzigen Impfstoffe gegen CoVid19 auf der Welt, die nur mit öffentlichen Geldern finanziert werden.

Was kein französisches Institut geschafft hat, hat eine von sechs Jahrzehnten Embargo belagerte Insel geschafft. In den letzten Wochen hat die Impfstoffproduktion ein industrielles Niveau erreicht, das eines Landes mit starkem Wirtschaftswachstum würdig ist. Gleichzeitig steht die sozialistische Insel vor einer der schwersten Krisen ihrer Geschichte, vergleichbar mit der in den 1990er Jahren. Die Engpässe sind inzwischen so massiv, dass es manchmal unmöglich ist, Grundprodukte wie… Reis oder Paracetamol zu finden. Der Kontrast ist frapant.

Kurzinterviews von Franck Padron (franz. Untertitel

Von den 23 Impfstoffen, die sich weltweit in klinischen Studien der Phase III befinden, sind zwei kubanische. Es ist das kleinste Land auf dem Planeten, das seine eigenen Impfstoffe entwickelt hat. Es ist in Europa nicht sehr bekannt, aber seit den frühen 1980er Jahren konnte die Karibikinsel eine echte «Biotech»-Industrie entwickeln, die die Hauptinvestitionen Gesundheit und Bildung verbindet. Dies lässt sich durch die Geschichte des Landes erklären. Nach der Ermordung des argentinischen Revolutionsarztes Ernesto Guevara im Jahr 1967 räumte der kubanische Präsident Fidel Castro der Wissenschaft als Kraft zur «Vereinigung des Volkes» Priorität ein und gründete 1981 die Biologische Front, die heute 20 000 Menschen beschäftigt. 1999 gründete er die ELAM, die Lateinamerikanische Schule für Medizin, um das «kubanische Modell der Präventivmedizin» in Hochrisikogebiete zu exportieren, in indigene Gebiete, wo die Bevölkerung manchmal noch nie einen einzigen Arzt gesehen hat, der in der Nähe ihrer Häuser praktiziert.

Kuba hat langjährige und erfolgreiche Erfahrung in der Entwicklung von Impfstoffen

Kuba verfügt über 40 Jahre Erfahrung in der medizinischen Entwicklung und Impfstoffproduktion. «Impfstoffe, von denen rund 50 Länder in Lateinamerika, Asien, Afrika und Osteuropa profitieren», sagt Gerardo Guillén, Forschungsdirektor des Zentrums für Gentechnik und Biotechnologie. «Seit vier Jahrzehnten produziert das Land hochwertige Impfstoffe, unter anderem gegen Hepatitis B, Tetanus, Diphtherie, Tollwut, Pocken und Typhus sowie Meningokokken-Meningitis. Und das trotz des längsten Embargos der modernen Geschichte.

Seit dem Beginn der Coronavirus-Epidemie hat Kuba fünf Impfstoffe entwickelt. Zwei davon («Soberana 02» und «Abdala») sind für die Phase III validiert worden. Die anderen drei («Soberana 01», «Soberana Plus» und «Mambisa») befinden sich in klinischen Studien der Phase II. Die Ergebnisse dieser Studien sollten bald bekannt sein, so Olga Lidia Jacobo Casanueva, Direktorin des staatlichen Zentrums für die Qualität von Medikamenten (Cecmed), der für die Zulassung von Medikamenten zuständigen Behörde. Sie versichert, dass das Gesundheitspersonal bei diesem Untersuchungs- und Entwicklungsprozess eine «notwendige und übliche Strenge» anwendet, «von der präklinischen Phase an», die sich an den WHO-Vorschriften orientiert, und vergleicht sie mit Placebos. «Die Ergebnisse werden in The Lancet veröffentlicht», verspricht sie.

Kubas CoVid-Impfstoffe basieren auf bewährten, nicht auf unerprobten, riskanten Technologien

Anstatt «auf neue Technologien zurückzugreifen, die nie zuvor für präventive Impfstoffe verwendet wurden (wie es bei Pfizer, Moderna oder AstraZeneca der Fall ist), wenden wir eine sehr sichere Technologie an, die allen bekannt ist und die zwischen Januar und März an mehr als 100 000 Menschen getestet wurde», versichert Dr. Gerardo Guillén, der sich selbst einen der Impfstoffe injiziert hat («Abdala», aus dem Gedicht von José Martí, kubanischer Nationalheld). «Wir haben überzeugende Neutralisierungsergebnisse gegen die ursprünglichen Coronavirus-Stämme und vorläufige Neutralisierungsergebnisse gegen die mutierten Varianten».

Mathieu Molimard, Leiter der pharmakologischen Abteilung der Universitätsklinik Bordeaux, ist auf Nachfrage «absolut nicht überrascht», dass ein kleines Land eigene Impfstoffe gegen das Coronavirus entwickeln kann. «Pasteur konnte schon vor 200 Jahren einen Impfstoff herstellen. Wir können Impfstoffe herstellen, sobald wir ein wenig wissenschaftliches Wissen haben, eine medizinische Dienstleistung, die funktioniert, also nein, es scheint mir nicht unmöglich.

Das Problem sind die Ressourcen und die Ausrüstung

Es ist nicht ungewöhnlich, einen Kubaner humorvoll sagen zu hören, dass es «so viele Ärzte gibt, dass sie nicht mehr respektiert werden». Die Daten sprechen unter diesem Gesichtspunkt für sich selbst. In Kuba gibt es 8,4 Ärzte pro 1000 Einwohner. Dies ist der Weltrekord. Das Land hat eine der höchsten Impfraten der Welt und produziert 8 der 12 Impfstoffe, die Kindern injiziert werden. Medizinische Versorgung jeglicher Art ist für Kubaner kostenlos. Medikamente kosten im Durchschnitt weniger als 3 Cent (bei einem Monatsgehalt von etwa 50 Dollar). Das Problem ist der Mangel an Ressourcen und Ausrüstung, um sie zu produzieren.

Das Land wäre in der Lage, 100 Millionen Dosen zu produzieren, wobei die Dosen, die über den Bedarf der Bevölkerung hinausgehen, exportiert werden. Aber der Wissenschafter und Präsident von BioCubaFarma, Eduardo Martinez Diaz, ist vorsichtig, denn seiner Meinung nach muss man «warten, bis man das ganze Material erhält», wobei die Herkunft dieses Materials aus Angst vor amerikanischen Sanktionen geheim gehalten werden muss. Die Zeitschrift Medicc und europäische Verbände der Solidarität mit Kuba haben kürzlich zu Spritzen-Spenden aufgerufen.

Wenn Kuba erfolgreich ist, wäre es das erste Land, das seine gesamte Bevölkerung mit einem eigenen Impfstoff impfen kann. Durch die Produktion von Impfstoffen will das Land seine Souveränität bekräftigen, was für die seit 60 Jahren von einer Wirtschaftsblockade bedrängte Insel essentiell ist. Deshalb lehnten sie auch die Hilfe von Covax, dem internationalen Fonds für Impfstoffe, ab.

Obwohl das Land mit 11,2 Millionen Einwohnern die älteste Bevölkerung des Kontinents hat, hat es die Gesundheitskrise wie kein anderes in Amerika gemeistert, trotz eines Anstiegs der Fälle in den letzten Wochen (+28,8% in einem Monat). Eine Rekrudeszenz, die wahrscheinlich auf die kürzliche Ankunft der drei wichtigsten Varianten (britisch, südafrikanisch und brasilianisch) zurückzuführen ist. Insgesamt gibt es in Kuba 118 000 Fälle und 771 Todesfälle. (Quelle: MINSAP)

Laut den medizinischen Behörden wurde die kubanische Reaktion auf die Pandemie durch die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und Universitäten ermöglicht. Medizinstudenten gehen täglich von Tür zu Tür, um die Symptome von Covid 19 in der Bevölkerung zu erfassen.

«In Kuba sind Impfgegner extrem selten. Das Vertrauen in die (kubanische) Medizin und Wissenschaft ist sehr hoch, das ist nicht wie in Europa», erklärt Dr. Franco Cavalli, Präsident der Schweizer NGO MediCuba, «die bisherigen kubanischen Impfstoffe haben sich in der Welt bewährt». «Diese haben zum Beispiel geholfen, Krankheiten wie Hepatitis B und Meningitis B zu eliminieren. «Sie sind auch den Umgang mit Epidemien gewohnt», so Cavalli. Tatsächlich waren die Missionen der kubanischen Ärzte zur Zeit der Ebola-Epidemie im Jahr 2014 noch vor denen der UN im Einsatz.

Ilia, ein kubanischer Einwanderer, der seit 16 Jahren in Italien lebt, plant, diesen Sommer nach Kuba zu reisen, um sich impfen zu lassen. «Ich traue den in Europa angebotenen Impfstoffen nicht», sagt Ilia, der ursprünglich aus Ciego de Avila (im Zentrum der Insel) stammt, «ich mache das lieber zu Hause, wo ich absolutes Vertrauen in die Medizin und die Wissenschaft habe».

Kubas Impferfolge Chance für Wiederankurbelung des Tourismus

«Da der Tourismus rückläufig ist, kann der kubanische Impfstoff ein attraktives Element sein, um Ausländer anzulocken und sogar Länder zu überzeugen, die Zweifel an der Zuverlässigkeit der auf dem Markt befindlichen Impfstoffe haben», sagt Franco Cavalli. Diese kubanischen Impfstoffe können bei höheren Temperaturen gelagert werden als andere, so dass sie für südliche Länder gut geeignet sind. Jamaika, Mexiko, Vietnam, Uganda, Indien und Pakistan haben unter anderem Interesse an einem kubanischen Impfstoff bekundet.

Kuba befindet sich seit der Vereinheitlichung der beiden Währungen am 1. Januar 2021 in einem kontrollierten Prozess der Privatisierung und Dollarisierung. Dies ist zum Teil eine Reaktion auf die schwere Wirtschaftskrise auf der Insel. In den letzten Jahren hat sie um jeden Preis versucht, Partnerschaften auf der ganzen Welt aufzubauen.

Das chinesisch-kubanische Unternehmen Changchun Heber Biological Technology Co. wurde im Jahr 2003 gegründet und hat seinen Sitz in China (Jilin). Es hat unter anderem das Medikament Interferon alfa-2b (INFrec) entwickelt, das von den Chinesen zur Bekämpfung von Covid eingesetzt wird. «Kuba stellt sein wissenschaftliches Wissen auf diesem Gebiet zur Verfügung, und China liefert die notwendige Ausrüstung», fasste der kubanische Botschafter in China in seinem Blog zusammen. Auf Nachfrage wollte der Botschafter keine Auskunft über eine mögliche Materiallieferung Chinas bei der Produktion kubanischer Anti-Covid 19-Impfstoffe geben. Sicher ist aber, dass sich Kuba in den letzten Monaten China angenähert hat. Beobachter nehmen an, dass Kuba dem Modell des «Marktsozialismus» folgt.

Politische Erwägungen könnten verhindern, dass der Impfstoff in Europa auf den Markt kommt, selbst wenn er sich als wirksam erweist. «Wegen der extraterritorialen Blockade. Die Vereinigten Staaten könnten Transaktionen blockieren oder schlimmer noch, die Unternehmen bestrafen, die dies tun», sagt der kubanische Gesundheitsminister José Angel Portal Miranda. «Aber vor allem sind wir noch nicht am Ziel. Unsere Priorität ist es, zuerst unsere gesamte Bevölkerung zu impfen, bevor wir versuchen, unsere lizenzierten Impfstoffe an die EMA (European Medicines Agency) zu verkaufen.»

Die Obama-Präsidentschaft hatte die Sanktionen gelockert, aber die von Donald Trump hat mehr verhängt als jede andere Administration zuvor. Nicht weniger als 240 Massnahmen wurden unter seiner Amtszeit ergriffen, um die kubanische Wirtschaft zu schädigen. In einem Jahr sank das kubanische BIP um 11%. Sollte Joe Biden überhaupt für die Wiederherstellung der Beziehungen sein, würde eine Amtszeit nicht ausreichen, um die Situation zu korrigieren.

Laut dem staatlichen kubanischen Bericht über die durch das Embargo verursachten Schäden hätte das US-Embargo von April 2019 bis März 2020 Verluste im Gesundheitssektor in der Grössenordnung von mehr als 160 Millionen Dollar verursacht. Der kumulierte Schaden in diesem Bereich seit 1961 würde sich auf 3,74 Milliarden Dollar belaufen.

Trotz Bidens jüngsten Ankündigungen zu Patenten blockieren die Vereinigten Staaten den Export von Impfstoffen (und den Rohstoffen zu ihrer Herstellung) nach Kuba. Da das Land dringend Ressourcen benötigt, muss es von weiter her bestellen. Aber «einige traditionelle Lieferanten (wie z.B. Kolumbien) haben aus Angst vor den Auswirkungen der US-Politik auf ihre Unternehmen die Belieferung der Insel eingestellt», heisst es in einem Bericht der Biotechnology and Pharmaceutical Industries Business Group Kubas vom 25. April.

US-Blockade zum Schaden kranker Amerikaner, die auf kubanische Medikamente angewiesen sind

Durch die Verschärfung dieser seit sechs Jahrzehnten andauernden Politik werden den Amerikanern auch die in Kuba entwickelten und international anerkannten Medikamente vorenthalten. So berichtete das Zentrum für Gentechnik und Biotechnologie vor kurzem, dass es aufgrund des Nichtexports des weltweit einzigartigen Medikaments Heberprot-P zur Behandlung von diabetischen Fussgeschwüren in die USA Umsatzeinbussen erlitten hat.

Die Entsendung von kubanischen Ärzten zur Verstärkung der einheimischen Belegschaft – vor allem in Italien – ist in der Öffentlichkeit stark beachtet worden. Mehr als 4000 Ärzte und medizinisches Personal wurden in 38 Länder zur Bekämpfung von Covid 19 entsandt, trotz der US-Sanktionen gegen eine solche medizinische Zusammenarbeit. Zum ersten Mal schickte Kuba seine «weisse Armee» zu Behandlungen in entwickelte Länder (darunter Frankreich: in Martinique und Guadeloupe). Der Export seines qualifizierten Personals ins Ausland und seiner Impfstoffe ist das, was Kuba bleibt, um zu versuchen, seine Devisen zurückzugewinnen und eine beispiellose Wirtschaftskrise zu bewältigen.
___

Der Text ist für das Medium «Quartier général» von Romane Frachon geschrieben worden und dort am 4. Juni 2021 erschienen. Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)