Deutsche Regierung will verhindern, dass die Kommunistische Partei bei Wahlen antritt
sinistra. In Deutschland verweigert die Bundeswahlbehörde der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) das Recht, bei den Bundestagswahlen zu kandidieren und beabsichtigt sogar, ihr den Status als politische Partei zu entziehen. Der Grund für diesen schwerwiegenden Eingriff in den politischen Pluralismus, auf den Deutschland so stolz ist, liegt angeblich darin, dass die DKP ihre Rechenschaftsberichte zu spät bei der Aufsichtsbehörde eingereicht hat. Der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele hat diesen Vorwurf zurückgewiesen und stattdessen ein repressives Klima im Land verantwortlich gemacht.
DKP-Präsident Patrick Köbele
Nach den Journalisten sind jetzt die Kommunisten an der Reihe
«Der Versuch, unserer Partei die Kandidatur für die Bundestagswahl 2021 zu verwehren und uns den Parteistatus zu entziehen, ist politisch motiviert und reiht sich ein in die jüngsten Angriffe gegen fortschrittliche Organisationen wie die antifaschistische Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA) und die linke Zeitung ‹junge Welt›», erklärt die DKP-Führung, die inzwischen zahlreiche Solidaritätsbekundungen erhält: zum Beispiel von der Kommunistischen Partei der Ukraine, die, obwohl sie bis vor kurzem eine Regierungskraft war, in einem faschistischen Putsch verboten wurde, der 2014 von der Europäischen Union orchestriert wurde, um einen Regimewechsel in Kiew mit antirussischer Stossrichtung zu erzwingen. In der Zwischenzeit hat die DKP beschlossen, gegen diese Entscheidung, die gegen die politische Vereinigungsfreiheit verstösst, vor dem Verfassungsgericht zu klagen: Man beachte jedoch, dass die Frist für die Klage nur 4 Tage beträgt! In der Praxis ist dies ein Einsatz gegen die Zeit, insbesondere für kleinere Parteien, die keine Vollzeit-Rechtsabteilungen haben.
In Berlin wird das Gesetz für politische Zwecke genutzt
Der formale Vorwurf an die DKP, mit dem die deutschen Behörden ihre Zensur zu begründen versuchen, ist der der «verspäteten Rechnungslegung». Dabei handelt es sich aber nicht um eine gewöhnliche Buchführung, sondern um eine besonders komplizierte Finanzprüfung, die absurderweise schwieriger ist als die, die Unternehmen durchlaufen müssen: Im Falle der DKP müssen z. B. neben der Zentralkasse alle Buchhaltungsdaten von 80 regionalen und bezirklichen Sektionen, die mit der Partei verbunden und oft rein ehrenamtlich, d. h. ohne dafür bezahlte Funktionäre organisiert sind, zusammengefasst werden. Klaus Leger, DKP-Zentralschatzmeister, erklärte die Situation: «Für eine kleine Partei ist das ein grosses Hindernis. Unsere Kassierer sind ehrenamtlich tätig und machen einen hervorragenden Job, aber auch das wurde durch die Pandemie erschwert. Eine zeitnahe Erstellung der Abrechnungen war nicht möglich, da zunächst alle Buchungssätze aller Abteilungen vorliegen müssen, diese dann national geprüft und schliesslich im Datev-Buchhaltungsprogramm verarbeitet werden müssen. Aufgrund der dezentralen Struktur unserer Partei ist dies in der Wirkungszeit von nur 9 Monaten kaum möglich.» Wenn aber die DKP (und andere Parteien) ihre Rechenschaftsberichte verspätet einreichten, wurde das jahrzehntelang toleriert, nicht zuletzt, weil die Deutsche Kommunistische Partei keine staatlichen Zuschüsse erhält! Es gab auch keine Zahlungserinnerungen oder Mahnungen vor der sehr schweren Sanktion.
Mit 5 Minuten bis Mitternacht eine Entscheidung, die ausschliesslich repressiv ist
Kurzum, die Verzögerungen bei der Rechnungslegung scheinen ein formalistischer Vorwand zu sein, um ein klares politisches Signal an die Oppositionsparteien zu geben: Nach deutschem Recht verliert ein Verein nämlich nur dann seinen rechtlichen Status als politische Partei, wenn er der Pflicht zur Rechnungslegung für einen Zeitraum von sechs Jahren nicht nachkommt. Die Deutsche Kommunistische Partei hat aber z. B. ihren Rechenschaftsbericht 2017 regulär vorgelegt und der Bericht für 2018 wird noch in diesem Monat abgeliefert: kurzum, auch rechtlich müsste man an der Situation zweifeln. Ausserdem hatte die DKP am 27. April 2020 ihre Kandidatur für die Bundestagswahl 2021 formell beim Wahlamt angemeldet und die Behörde sah keine Probleme, ja sie hatte den Eingang bestätigt und am 12. Mai 2020 der Partei sogar folgendermassen geantwortet: «Die Prüfung Ihrer Anzeige hat ergeben, dass die formalen Voraussetzungen des §18, 2 BWG erfüllt sind». Danach begann die Partei mit dem Sammeln der Unterschriften der Befürworter und hatte bereits mehrere Tausend eingereicht. Ganz abgesehen davon, dass die DKP-Listen bei den letzten Parlamentswahlen, bei denen zum Europaparlament und bei den Kommunalwahlen bisher nie Probleme gemacht haben. Jetzt aber, und nur fünf Minuten vor Mitternacht, zieht das Regierungsgremium einen angeblichen Verstoss gegen die Kandidaturkriterien aus dem Hut. «Das zeigt die politische Motivation ihrer Entscheidung», erklärt Köbele. In einer Erklärung der Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ), die mit der DKP sympathisiert, erklärte er, dass bürgerliche Parteien regelmässig «in Skandale verwickelt werden, die verspätete Rechenschaftsberichte zu einer Lappalie machen.» So wurde kürzlich aufgedeckt, dass «ein CSU-Bundestagsabgeordneter seine Nebeneinkünfte seit 2011 verspätet meldet und damit die Fristen um mehrere Jahre überschreitet! Die Zahl solcher schwerwiegender Verstösse von Abgeordneten ist in den letzten Jahren stark angestiegen, aber niemand hat deswegen sein Mandat verloren, und auch die Parteien müssen nicht um ihre Wählergunst fürchten.»
Beim Sammeln der Unterschriften für die DKP-Kandidatur bei den Bundestagswahlen.
Das Unterscheidungsmerkmal ist Antiimperialismus und Multipolarität
Aber die politische Tatsache geht über die Wahl hinaus: «Wir sollten diesen Angriff als Weckruf nehmen. Wir müssen uns auf ein härteres Vorgehen der Behörden gegen unsere Partei einstellen und die Angriffsflächen so weit wie möglich reduzieren», erklärt Köbele, der prognostiziert, dass die DKP nun mit grösserem finanziellen Aufwand Personal einstellen muss, um ähnliche Situationen in Zukunft zu vermeiden. Aber während es klar ist, dass die Parteistruktur weiter professionalisiert werden muss, ist es in erster Linie notwendig, politisch zu reagieren, denn das ist der zentrale Punkt: «Wir laden die Menschen ein, auf die Strasse zu gehen und eine Kampagne der Solidarität für unsere Partei zu starten. Die Stärkung der DKP ist das beste Mittel gegen diesen Angriff!», erklärt der deutsche Kommunistenführer. Aber eine noch politischere Lesart des Geschehens kommt aus der Schweiz: «Wir haben mit Besorgnis und Wut von dieser Entscheidung erfahren, die die Kommunistische Partei Deutschlands an der Teilnahme an den Wahlen hindern und ihr sogar den Status als politische Partei entziehen will. Die angegebenen Ausreden sind Teil einer antikommunistischen Kampagne». So beginnt der Solidaritätsbrief der Kommunistischen Partei der Schweiz, der von ihrem Sekretär Massimiliano Ay unterzeichnet ist. Er fährt fort: «Das Klima wachsender Sinophobie und Russophobie ist ein Zeichen eines neuen kalten Krieges, den der atlantische Imperialismus und die europäischen Regierungen schüren und der auch jene Parteien betroffen sind, die konsequent für Frieden und Zusammenarbeit kämpfen und die, auch wenn sie in Bezug auf die Wählerschaft klein sind, eine Alternative zum liberalen Einheitsdenken darstellen und die die herrschende Klasse aus Angst davor, dass sie sich unter den neuen Generationen durchsetzt, behindern will». Die Vision der Schweizer Kommunisten wird im Wesentlichen auch von der SDAJ geteilt, die sogar in einer Notiz betont: «Die DKP ist die politische Kraft, die wie keine andere konsequente Positionen im Kampf um den Frieden vertritt und deutlich macht, dass die Aggression vom Westen kommt, dass der Hauptfeind der deutsche Imperialismus ist und dass wir Frieden mit Russland und China brauchen. Kurz gesagt, auch wenn sie noch so klein und wahltechnisch marginal sind, wenn sie nicht in den Mainstream-Chor gegen die Russen und die Chinesen einstimmen und sogar die Multipolarität verteidigen, dann sind sie gefährlich und dann geht man zur psychologischen Kriegsführung über, um sie zu verleumden und man kann so weit gehen, sie zu unterdrücken, aber – natürlich – ohne den wahren Grund zuzugeben, denn in Europa sind wir alle … demokratisch!»
___
Erstmals veröffentlicht am 9. Juli 2021 in sinistra.ch. Übersetzt mit Hilfe von www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)