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Alle Bilder: Palsawa-Agentur

Gazainfo 113: Der Schuss ging nach hinten los

Aus Palästina werden wieder dramatische Ereignisse gemeldet. Für israelische Parteien gehören Aggressionen und Provokationen gegen die Palästinenser zum üblichen Wahlkampf. Warum sollte es diesmal auch anders sein, bekommt doch Israel dazu die Rückendeckung der imperialistischen Staaten und der westlichen Medien. Die israelische Aggression gegen den Gazastreifen ist ein Schuss nach hinten gewesen – der Widerstand hat die Oberhand und kann diesen Kampf diktieren. Das Gespräch hat Gazainfo mit einem Genossen aus dem Gazastreifen am 6. August 2022 in der Nacht geführt.

Es gab mehrere Angriffe von Gaza aus, etwa um 9 Uhr unserer Zeit, d. h. vor 50 Minuten, da gab es Angriffe auf Tel Aviv, Ashkelon und andere Städte in Israel. Die israelischen Angriffe auf den Gazastreifen erfolgen pausenlos. es gibt jetzt mindestens 24 Tote bei uns und mehr als zehnmal so viele Verletzte. Fast alle sind Zivilisten, Frauen, Kinder und alte Menschen.

Wir rechnen in dieser Nacht, von vor 50 Minuten bis morgen früh, wird es wahnsinnig werden. Weil die israelische Aggression ein Schuss nach hinten war. Die haben gedacht, dass sie grünes Licht haben, auch durch den Verrat Ägyptens und der UNO, dass sie ein einfaches Täuschungsmanöver durchführen können. Sie haben damit gerechnet, wegen der Informationen, die sie aus Ägypten bekommen haben, dass sich die palästinensischen Organisationen nicht an einem Gegenangriff beteiligen können. Und dass Jihad Islami von den anderen Organisationen im Stich gelassen werden würde. Und dass sie sich deshalb nicht trauen würden, den Kampf zu eröffnen. Deshalb haben sie einen Anführer liquidiert. Taysser al Gabarey (auch Taisir al-Dschabari geschrieben) war Kommandant der Nordfront im Gazastreifen.

Aber diese Rechnung ist nicht aufgegangen und nach hinten losgegangen. D. h. nach dem Schock hat es nicht einmal ein paar Stunden gedauert, dann hat der Widerstand alles unter seiner Kontrolle gehabt. Sie haben die Schlacht ganz ruhig begonnen, mit Taktik und Strategie. Und die anderen Organisationen koordinieren sich mit ihnen, wann und wo und welches Ziel sie angreifen. Und jetzt sind sie in einem Radius von fast 90 km vom Gazastreifen tätig und nehmen Israel seit einem Tag unter Feuer, von Netanja Stadt (20 km im Norden von Tel Aviv) bis zu Eilat im Süden. All die Städte und Siedlungen und Flughäfen und militärischen Stützpunkte, Militärlager und Kommunikationseinrichtungen liegen in der Reichweite der Widerstandsraketen. Obwohl die Israelis mit allen Waffen wie den F 16 und bewaffneten Drohnen pausenlos die Wohnungen und Häuser beschießen, aber das ist alles, was sie erreichen können. Sie haben keine militärische Ziellinie vor Augen. Die Operation hat bis jetzt etwas über 24 Stunden gedauert. Gestern um 16.15 Uhr palästinensischer Zeit ging es los, und dauert bis jetzt. Alle militärischen Beobachter und Strategen sagen, dass sich Israel momentan in einer schlimmen Situation befindet, weil sie den Überraschungsmoment verloren haben. Israel kann nicht mehr die Aktivitäten bestimmen. In den letzten Stunden konnten sie nur Häuser und Hochhäuser bombardieren, es gab keine Fangdaten mehr. Sie greifen zivile Ziele an, weil sie keine militärischen Ziele im Gazastreifen finden. Die sind alle unter der Erde.

Rechnest du damit, dass die Kämpfe länger dauern oder die Aggression weitergeht?
Wenn es nach den Israelis geht, sind sie zufrieden, wenn die Kämpfe bald aufhören, weil sie die Kontrolle verloren haben. Und aktuell befinden sich 3 Millionen Israelis im Bunker. Und morgen am Sonntag fangen die wirtschaftlichen Aktivitäten und Schulen und Universitäten an. Doch alles ist lahmgelegt. Jetzt am Samstag ist ja in Israel Wochenende und Sonntag ist bei ihnen Arbeitstag. Aber morgen wird es eine wirtschaftliche Katastrophe bei denen geben, wenn alles stillsteht. Auch der Ben Gurion Flughafen ist stillgelegt. Israel ist derzeit von der ganzen Welt abgeschnitten. Von diesem Flughafen gehen keine Flüge hin oder zurück. Auch im Süden wurde der Ramon Flughafen in der Negev-Wüste lahmgelegt. Auch die Häfen wie Ashkelon oder Haifa sind außer Dienst. Gleichzeitig sind die Züge zwischen Eilat, Haifa oder Tel Aviv eingestellt worden. In den Städten und Siedlungen um den Gazastreifen haben sich die Israelis in die Bunker begeben oder in Sicherheit gebracht. Das bedeutet, alles ist lahmgelegt.

War so ein Angriff erwartet worden oder kam das überraschend?
Wir haben damit gerechnet, dass es so kommen wird. Weil das Motto des Widerstands in Gaza heißt: Alle Gruppen sind einig. D. h. was in Jerusalem oder der Westbank oder den 1948er-Gebieten passiert, betrifft auch den Gazastreifen. Und der Widerstand konnte nicht stillbleiben oder wegschauen. Und in den letzten 2 Wochen waren die Aktivitäten der Palsawa-Agenturisraelischen Armee in der Westbank so gehäuft, dass täglich zwischen 10 und 30 Aktivistinnen und Aktivisten von den Widerstandsorganisationen verhaftet wurden. Auch wurden mehrere Kämpfer in Nablus oder Jenin oder in Tulkarem liquidiert. Und der eigentliche Ausbruch dieser Eskalation ereignete sich vor etwa 5 Tagen, wo die israelischen Spezialeinheiten und die Armee einen politischen Führer von Jihad Islami in Jenin verhaftet haben. Sie haben sein Haus gestürmt, ihn verletzt und seine Frau und Kinder geschlagen. Und ihn haben sie mitgenommen. Sie haben ihn und seine Familie brutal behandelt, da gab es Videos von Leuten, die das aufgenommen haben. Wir haben damit gerechnet, dass Jihad Islami nicht tatenlos dabei zusieht und eine Aktion folgen wird. Deshalb hat sich die Situation seit Montag zugespitzt, die israelischen Siedlungen um den Gazastreifen waren vorgewarnt und es wurden mehrere Spezialeinheiten der Armee in Alarmbereitschaft gesetzt. Und die Geräte für die Raketenabwehr waren in Bereitschaft.

Und die Sache war klar, auch wegen der politischen Situation in Israel: die israelische Regierung und die israelischen Politiker wie Lapid befinden sich in einer schlimmen Situation, nachdem die Regierung aufgelöst worden ist und in den nächsten Monaten Neuwahlen stattfinden sollen. In den Umfragewerten befinden sich die Parteien von Lapid oder Bennet oder Gantz im Sinkflug. D.h. alle Umfragen sagen, die Likud-Parteimit Netanyahu könnte wieder an die Macht kommen. Deshalb versuchen sie, auf den Leichen von Kindern und Frauen in der Westbank oder im Gazastreifen ihre Stimmen zu bekommen. Deshalb führen sie auch seit Wochen diese Eskalation und Verhaftungen und Zerstörungen von Häusern durch. Auch vor kurzem – vor einer Stunde etwa – hat die Regierung beschlossen, dass morgen die Stürmung der Al Aqsa Moschee stattfinden soll, von Palsawa-Agenturfaschistischen Siedlern und Abgeordneten. Es ist der Erinnerungstag der angeblichen Tempelzerstörung, der sogenannte Tempelbergtag. Deshalb rechnet man damit, dass die Kämpfe weitergehen, obwohl Israel mit allen Mitteln versucht, dass sich ihre Komplizen in Katar und Ägypten oder anderen Ländern und der UNO einmischen, um eine Feuerpause zu machen und politische Forderungen des Widerstands zu vermeiden. Wie etwa die Aufhebung der Blockade oder die Freilassung von Gefangenen wie Bassam al-Sadi oder Khalil Awawdeh oder die Verhinderung der Stürmung der Al-Aqsa-Moschee. Oder die Versorgung des Gazastreifens. Auch würde gefordert werden, dass Diesel für die Stromwerke durchgelassen wird. Die Stromwerke sind nämlich seit heute Nachmittag lahmgelegt, weil es keinen Diesel mehr gab. Und alle Appelle, dass die Lastwagen mit Diesel nach Gaza kommen, wurden abgelehnt, auch die Lieferung von Lebensmitteln und Medikamenten. Auch wurde es Patienten, die Termine in der Westbank, Jerusalem oder israelischen Spitälern gehabt haben, seit ein paar Tagen verweigert, dorthin zu reisen, auch wenn es beispielsweise um wichtige Operationen geht.

Kurz darauf gab es einen zweiten Anruf: Es gab vor kurzem einen Angriff auf einen Anführer auf Al-Quds-Brigaden: tatsächlich aber auf Häuser, wo Menschen drinnen waren. Die Israelis sagen, dieser Angriff diente der Liquidierung eines Kommandanten von Sarayah Al Quds, Khalid Mansour. Durch Raketen wurden mehrere Häuser zerstört und die Bewohner durch Raketenteile und Scheiben schwer verletzt, einige getötet. Frauen, Kinder, alte Leute. 5 Personen, darunter eine Frau und ihr Sohn, wurden getötet und mehr als 40 Menschen verletzt.


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Quelle: Gaza-Info 113