Der ukrainische Asow-Kämpfer Illia Samoilenko, der das von Hitlers Truppen im Zweiten Weltkrieg verwendete Wollfsangel-Symbol trägt, besichtigt die archäologische Stätte Masada in Israel. (AsowstalFam/Twitter)
Israel hilft der Ukraine, ihre Nazis weisszuwaschen
Der Besuch von Asow-Neonazis in Israel wirft ein Schlaglicht auf Tel Avivs Unterstützung für Rechtsextremisten. Die Delegation wurde von führenden Politikern der Regierungskoalition empfangen. Das Ziel ist unzweifelhaft: die Ukro-Nazis sollen weissgewaschen werden in einem Mass, das fast schon an israelische Holocaust-Verleugnung grenzt.
Von ASA WINSTANLEY und ALI ABUNIMAH1
Vertreter des ukrainischen Neonazi-Bataillons Asow haben Israel bereist, um für die inhaftierten Kämpfer ihrer Einheit zu werben. Sie haben sich mit israelischen Politikern und Soldaten getroffen.
Der Geheimdienstoffizier des Asow-Bataillons Illia Samoilenko wurde im September im Rahmen eines Gefangenenaustauschs mit Russland freigelassen. Er gehörte zu den Hunderten von Asow-Kämpfern, die sich im Mai am Ende der langen russischen Belagerung der Stadt Mariupol ergaben. «Israel schätzt Freiheit, schätzt Stärke, schätzt Ehre. Das sind die gleichen Dinge, die auch wir schätzen», sagte er diese Woche der israelischen Zeitung Haaretz.
Der Times of Israel sagte Samoilenko, er sehe Israel und die Ukraine auf derselben Seite, die Zivilisierten gegen die Unzivilisierten in einem Kampf um die Zukunft der Menschheit», fasst die Zeitung zusammen. «Wir haben Wohlstand, eine schöne, wohlhabende, schöne Zivilisation, und sie haben mittelalterliche Höhlenmenschen», sagte er. Es scheint, dass die «sie» in diesem Fall die Palästinenser und die Russen sind, die Samoilenko als «unzivilisiert» betrachtet.
Mit Samoilenko reist auch Julia Fedosiuk, die Frau eines inhaftierten Asow-Kämpfers und selbst eine rechtsextreme Aktivistin, durch Israel. Beide haben diese Woche eine Charmeoffensive gestartet, um das Image von Asow im Westen aufzupolieren.
Die Asow-Mitglieder Illia Samoilenko und Yulia Fedosiuk trafen sich mit Naama Lazimi von der sozialdemokratischen Arbeitspartei Israels. (AsowstalFam/Twitter)
Bevor Russland im Februar in die Ukraine einmarschierte, war allgemein bekannt, dass das Asow-Bataillon die Nazi-Ideologie vertritt. Die Anti-Defamation League, eine grosse jüdische Israel-Lobbygruppe der USA, die sich den Kampf gegen den Antisemitismus auf die Fahne geschrieben hat, warnte beispielsweise 2019, dass Asow eine «ukrainische extremistische Gruppe» mit «Verbindungen zu Neonazis und weissen Rassisten» sei.
Aber jetzt, da westliche Regierungen die Ukraine, einschliesslich des Asow-Bataillons, in einem Stellvertreterkrieg gegen Russland bewaffnen, gibt es eine konzertierte Aktion, um diese hässliche Realität vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Infolgedessen hat Asow in den letzten Monaten – mit Hilfe der Medien und jetzt auch Israels und dessen Lobby – versucht, sich einen neuen Namen zu geben.
Die Suche nach einem israelischen Gütesiegel ist eine altbewährte Strategie europäischer und amerikanischer Rechtsextremisten, wenn sie versuchen, die Legitimität des Mainstreams zu erlangen. Im Mai berichtete die Londoner Times, dass Asow plane, sein Symbol von der Wolfsangel – einem rechtsextremen Symbol, das mit einer Division der deutschen Armee während Hitlers Nazi-Regime in Verbindung gebracht wird – zu ändern. Aber selbst diese oberflächliche Schönfärberei scheint für Asow eine zu grosse Veränderung gewesen zu sein, um sie zu ertragen. Das Symbol bleibt in allen Online-Auftritten von Asow sichtbar. Jüngste Social-Media-Postings von Asow zeigen, dass ihre Kämpfer immer noch die Wolfsangel verwenden.
Und Fotos, die von einem Pro-Asow-Twitter-Account, dem «Verband der Familien der Verteidiger von Asowstal», gepostet wurden, zeigen, dass Samoilenko und Fedosiuk Masada besuchten, wo Samoilenko das Nazi-Symbol auf seiner Uniform trug. Masada ist der Ort eines mythischen letzten Widerstandes jüdischer Kämpfer gegen die römischen Truppen. Heute hält Israel dort die Vereidigungszeremonien für seine neuen Soldaten ab, die versprechen, dass «Masada nicht wieder fallen wird».
Der Telegram-Account der Vereinigung Asowstal postete Fotos der Asow-Mitglieder in Masada und erklärte: «Wenn wir heute in Israel über die Verteidigung von Mariupol sprechen, wiederholen die Israelis … ständig: ‹Mariupol ist euer Masada›.»
Aus den Tweets geht hervor, dass die beiden ukrainischen Kämpfer neben Masada auch mit israelischen Reservisten zusammentrafen, eine Filmvorführung besuchten und mit Naama Lazimi zusammentrafen, einer führenden israelischen Politikerin der Arbeitspartei, die Teil der scheidenden Koalitionsregierung ist.
Kurz nach der Veröffentlichung dieses Artikels löschte der Asowstal-Twitter-Account seinen Beitrag, der das Treffen mit Lazimi zeigte. Hier ein Screenshot davon:
Gelöschter Tweet der Vereinigung Asowstal, der ihr Treffen mit der israelischen Arbeitspolitikerin Naama Lazimi zeigt.
Dokumentierte Verbindungen zum Nazismus
Während des Treffens mit Lazimi «entlarvte» Samoilenko «die von der russischen Propaganda geschaffenen Mythen über das Asow-Regiment», so die Asowstal-Vereinigung auf ihrem Telegramm-Kanal. Dies scheint ein Hinweis auf die Behauptung der russischen Regierung seit Beginn ihrer Invasion in der Ukraine im Februar zu sein, dass das Asow-Bataillon eine Nazi-Organisation ist. Es sei jedoch daran erinnert, dass dies nicht nur eine Behauptung Russlands war, sondern auch in westlichen Medien weithin anerkannt und berichtet wurde, unter anderem von der EU finanzierten «investigativen» Website Bellingcat.
Im Jahr 2019 dokumentierte Bellingcat ausführlich die internationalen Kontakte des Bataillons zu weissen suprematistischen Gruppen und stellte fest, dass «Asows Interesse, Verbindung zu amerikanischen Extremisten zu haben, und die Bemühungen der ukrainischen Nazis, mit Neonazis in den USA und im Westen zusammenzuarbeiten, bis mindestens 2018 zu sehen waren» – vier Jahre nachdem das Asow-Bataillon in die ukrainische Nationalgarde integriert wurde.
Doch während die USA, Grossbritannien und die EU ihren Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine führen, sind die westlichen Medien weitgehend auf einer Linie und porträtieren Asow wohlwollend als «Verteidiger von Mariupol», als missverstandene Nationalisten und als Opfer von «Putins Propaganda».
Sogar die Anti-Defamation League, die zuvor die Naziverbindungen von Asow verurteilt hatte, schliesst sich nun an. Nach der russischen Invasion betrieb die ADL eklatanten Holocaust-Revisionismus, um Hitlers Kriegskollaborateure zu beschönigen, die heute in der Ukraine als Nationalhelden verehrt werden, obwohl sie dem deutschen Führer während des Zweiten Weltkriegs bei der Ermordung Hunderttausender Polen und Juden geholfen haben.
Die ADL trägt nun auch dazu bei, Asow zu beschönigen. Kürzlich behauptete die Israel-Lobbygruppe, dass die Eingliederung des Asow-Bataillons in die ukrainische Nationalgarde im Jahr 2014 bedeute, dass sich die Asow-Militäreinheit von der breiteren rechtsextremen Asow-Bewegung und ihrem Gründer Andriy Biletsky abgespalten habe. Infolgedessen sagt die ADL nun, dass sie «das Asow-Regiment nicht als die rechtsextreme Gruppe ansieht, die es einmal war».
Doch bereits 2019 hatte Bellingcat über «neu aufgedeckte Aussagen eines hochrangigen Strafverfolgungsbeamten» in der Ukraine berichtet, die «darauf hindeuten, dass die Eingliederung des Asow-Regiments in die ukrainische Nationalgarde keinen Einfluss auf die rechtsextreme Ideologie hatte, die von den Mitgliedern des Regiments vertreten wurde – und es Asow stattdessen ermöglichte, hochentwickelte Waffen zu erhalten und eine eigene politische Partei aufzubauen.»
«Die Ehre der weissen Rasse wiederherstellen»
In den letzten Monaten scheint sich das Asow-Bataillon in «Asow-Regiment» umbenannt zu haben, ein weiterer offensichtlicher Versuch, sich als normales Element des ukrainischen Staates zu legitimieren und sein Nazi-Image zu beschönigen, während es dieselbe Politik beibehält. Diese Namensänderung wurde diese Woche in einem Artikel der Jerusalem Post hochgespielt, in dem behauptet wurde, dass «das Asow-Bataillon der Vorgänger des Asow-Regiments [ist]».
Aber genau wie bei den wiederholten Versuchen der USA und ihrer Verbündeten, den syrischen Zweig der al-Kaida in «gemässigte Rebellen» umzubenennen, ist es unwahrscheinlich, dass solche kosmetischen Änderungen irgendjemanden ausserhalb der Reihen der rückgratlosen Journalisten der Mainstream-Medien täuschen.
Und trotz dem Charme, den Samoilenko und Fedosiuk diese Woche in der israelischen Presse versprühten, gibt es absolut keinen Grund zu der Annahme, dass Asow seine rassistischen, antisemitischen Wurzeln hinter sich gelassen hat. Die jüngsten Social-Media-Postings von Asow zeigen, dass der Gründer der Gruppe, Andrij Biletsky, immer noch regelmässig an Asow-Paraden teilnimmt und auch das Nazi-Wolfsangel-Symbol verwendet.
Biletsky hat sich verpflichtet, «die Ehre der weissen Rasse wiederherzustellen», und als er im Parlament war, hat er Gesetze zum Verbot der «Rassenvermischung» eingebracht. Im Jahr 2014 schrieb er, dass «die historische Mission unserer Nation in diesem kritischen Moment darin besteht, die weissen Rassen der Welt in einen letzten Kreuzzug um ihr Überleben zu führen. Ein Kreuzzug gegen die von den Semiten geführten Untermenschen.»
Eine engagierte Faschistin
Trotz der wohlwollenden Behandlung, die sie in diesem Jahr von denselben westlichen Medien erfahren hat, die die Asow-Nazis verherrlichten, ist auch Julia Fedosiuk ein aktiver Teil der ukrainischen Rechtsextremen. «Einer meiner besten Freunde ist Jude und er ist in Asow», erklärte Fedosiuk diese Woche in einem Interview mit der Times of Israel. Samoilenko machte ähnliche Behauptungen in seinem Haaretz-Interview, eine Behauptung, die er laut der Zeitung «nicht sofort mit Namen belegen konnte».
In einem aufschlussreichen Artikel über Fedosiuk stellt der Forscher Bob Pitt fest, dass «Asows Neigung zu Doppelzüngigkeit und Leugnung besonders im Zusammenhang mit Antisemitismus auffällt, wo Zusicherungen gegenüber westlichen Journalisten, dass die Bewegung jüdische Mitglieder willkommen heisst, an anderer Stelle durch Äusserungen extremer Feindseligkeit gegenüber Juden widerlegt werden».
Pitt schreibt, Fedosiuk sei eine überzeugte Faschistin, die gegen Feminismus und LGBTQ-Rechte hetzt und den rumänischen Faschistenführer Corneliu Codreanu aus dem frühen 20. Jahrhundert verherrlicht. Codreanu war ein bösartiger Antisemit, der einmal erklärte”: «Die historische Mission unserer Generation ist die Lösung des Kike-Problems» («Kike» ist eine extrem abwertende Bezeichnung für Juden).
Wie Pitt bemerkte, veröffentlichte Fedosiuk, als sie für den Asow-Verlag Plomin arbeitete, ukrainische Übersetzungen von Schriften von Codreanu, dem italienischen Faschisten Julius Evola und anderen berüchtigten Persönlichkeiten der faschistischen Geschichte Europas.
Nazis an der Macht
Israel hat enge Beziehungen sowohl zu Russland als auch zur Ukraine. Obwohl sich Präsident Wolodymyr Zelenskij darüber beklagte, dass Israel es abgelehnt hat, der Ukraine das Raketensystem «Iron Dome» zu liefern, sind Waffen, Ausbildung und Kämpfer aus Israel in die Ukraine gelangt – auch zum Asow-Bataillons.
Im April tauchte ein Video auf, in dem israelische Söldner in der Ukraine kämpfen und sich bei der israelischen Regierung dafür bedanken, dass sie «uns» im Krieg gegen Russland hilft. Ebenfalls in diesem Monat wurde ein von Asow online gestelltes Video veröffentlicht, das zeigt, dass die Einheit israelische Panzerabwehrwaffen einsetzt.
Das Asow-Bataillon begann als eine Bande rechtsextremer Strassenschläger. Seine Aktivisten bildeten die Vorhut des von den USA unterstützten «Maidan»-Putsches von 2014, durch den die gewählte Regierung der Ukraine gestürzt wurde. Bald darauf wurde sie in die ukrainischen Streitkräfte integriert, wo sie bis heute geblieben ist.
Im Jahr 2018 wandte sich der israelische Menschenrechtsanwalt Eitay Mack schriftlich an die israelische Regierung und beanstandete, dass die Hilfe des Landes für die Ukraine von Neonazis genutzt werde. In ihrer Antwort bestätigte die Regierung, dass ihre Waffenlizenzen für die Ukraine «in voller Abstimmung mit dem Aussenministerium und anderen Regierungsstellen» erteilt wurden, bestritt aber nicht, ukrainische Nazis zu bewaffnen.
Die Enthüllung der Electronic Intifada von 2018 über Israels Bewaffnung ukrainischer Nazis führte zu einem kleinen diplomatischen Zwischenfall, als der ukrainische Botschafter in Israel eine formelle Beschwerde an Haaretz schrieb, nachdem die Zeitung unsere Berichterstattung aufgegriffen hatte.
Mack beantragte beim höchsten israelischen Gericht, die Bewaffnung ukrainischer Nazis durch den Staat zu stoppen. Die Regierung reagierte, indem sie verlangte, dass die Anhörungen hinter verschlossenen Türen stattfinden und eine Nachrichtensperre über die Presse verhängt wurde.
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1 Asa Winstanley ist ein investigativer Journalist und Ali Abunimah ist Geschäftsführer von The Electronic Intifada. Dort ist der Text am 23. Dezember 2022 ursprünglich auch veröffentlicht worden.