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Israelische Streitkräfte stürmten am 5. April die Jerusalemer Al-Aqsa-Moschee, wo sich Gläubige zum Ramadan versammelt hatten, setzten Schlagstöcke und Gummigeschosse ein, um das Gelände zu räumen, und verhafteten zahlreiche Palästinenser im Inneren. (Bild: BBC)

Israelische Provokationen und ihre Darstellung in den westlichen «Qualitätsmedien»

Gaza-Info 119: Das folgende Interview wurde mit einem Gewährsmann im Gazastreifen am 7. April 2023, zwei Tage nach dem Übergriff der israelischen Armee in der Al-Aksa-Moschee, geführt.

Wenn wir den westlichen Medien Glauben schenken, ist Israels jüngster Gewaltausbruch oder die Stürmung der Al Aqsa Moschee eine rein defensive Massnahme. Der Standard in Österreich als eines der aggressivsten zionistischen Aushängeschilder schreibt bei israelischen Raketenangriffen prinzipiell von «Israels Gegenangriffen» …

Was die Medien in Europa oder den USA betrifft, das ist klar. Diese zionistische und proisraelische Positionierung ist für uns nichts Neues. Diese Parteinahme für Israel ist immer dieselbe. Zum Beispiel, als diese Raketen abgefeuert wurden aus dem Südlibanon, oder als die Raketen aus dem Gazastreifen abgefeuert wurden, da gab es von den USA, Deutschland, Italien, Tschechien und den anderen imperialistischen Metropolen die gewohnten Verurteilungen dieser Aktionen. Aber es gab noch niemals Kritik gegen die israelischen Aggressionen, oder aktuell daran, dass die israelischen Soldaten die Gläubigen in der Al-Aqsa-Moschee geschlagen haben. Dabei wurden mehr als 250 Menschen verletzt, Kinder, Frauen und alte Leute, 500 wurden verhaftet. Was machen die Israelis dort? Sie haben dort nichts verloren. Während die Leute beten, gerade zu Ramadan, es gibt fixe Zeiten für Gebete, die Menschen fasten, viele schlafen um diese Zeit dort …

Aufräumen nach dem Raid: Auch Beträume wurden von den israelischen Kräften nicht verschont. (Bild: AlJazeera)

Denkst du, diese Provokationen dienen nur dazu, um von inneren Widersprüchen in Israel abzulenken?

Nein, nicht nur. Die mitregierende Partei von Bezalel Smotrich, diese faschistische Siedlerpartei, auch von Ben Gvir und ihren Rabbinern, die haben das angekündigt. Sie wollen die Plätze vor der Moschee von Palästinensern leeren und dort am Mittwoch ein Opfertier für das Pessachfest schlachten. Sie wollten alles von Muslimen säubern, damit sie ihre Feste feiern mit ihren Trompeten und rassistischen Parolen. Ihr eigentliches Ziel ist es, die Moschee unter ihre Kontrolle zu bringen. Vor 2 Tagen kam es nach der versuchten Realisierung dieser Ankündigung zu einer riesigen Schlägerei.

Aber was die westlichen Medien von diesen Provokationen berichten, ist die gewohnte Positionierung. Wenn die Siedler schon bisher die Olivenbäume zerstörten, oder als in Dschaba in der Nähe von Dschenin eine Spezialeinheit eindrang und einfach drei junge Menschen in einem Auto ermordete, oder wenn die israelische Armee in Nablus die Menschen terrorisiert, wenn es jeden Tag Tote und Verletzte gibt, wenn die Menschen auf der Strasse oder sogar in Moscheen geschlagen werden oder so wie in Hebron die Siedlerbanden die Geschäfte demolieren, da gibt es keine Reaktionen von der sogenannten freien Welt.

Seit gestern ist es stärker eskaliert, die Konflikte haben auch auf die 1948 besetzten Gebiete und den Südlibanon übergegriffen, es gibt sie jetzt nicht mehr nur in der Westbank, in Jerusalem und im Gazastreifen. Aber wie es weitergeht, ob sich die Situation beruhigt oder ob sie weiter eskaliert, weiss keiner. Es könnte jede Minute zu einer Explosion kommen. Alle wissen auch, wenn es weiter eskaliert, könnte es zu einem grossen Krieg kommen. Es gab gestern die ganze Nacht Raketenangriffe auf verschiedene Städte im Gazastreifen, aber vor allem auf militärische Stützpunkte oder auf freie Plätze. Deshalb gab es auch kaum Tote. Umgekehrt trafen auch die Raketen des Widerstands primär auf freie Plätze. Es ist ein Katz und Maus-Spiel, mit der Bedrohung einer Eskalation, aber keine Seite möchte jetzt einen völlig ausufernden Krieg.

Wegen der Freitagsgebete der Muslime im Ramadan und dem jüdischen Pessachfest (und morgen ist Sabbat) ist es noch ruhiger, aber ab Sonntag – nach den Osterfestlichkeiten – könnte es noch viel härter abgehen, wenn es zu keiner Vermittlung kommt. Auch die israelische Regierung fürchtet, dass es zu einer Ausweitung der Kämpfe kommt. Israel hat deshalb von Anfang an gesagt, dass es vom Südlibanon von palästinensischen Gruppen angegriffen wurde, nicht von der Hisbollah. Denn es möchte keine neue Front mit der Hisbollah eröffnen.

Das Problem für die sogenannte Vierbande in der Netanyahu-Regierung ist: Es gibt trotz allem keine Lösung für diese israelische Regierung, sie können ihre inneren Widersprüche nicht exportieren, nicht durch das Verprügeln von Gläubigen in der Al-Aqsa-Moschee oder der Zerstörung von Häusern oder Angriffen auf palästinensische Städte, oder mit Angriffen der Siedler auf die palästinensischen Familien. Sie haben Angst, dass diese aktuelle Krise stärker nach aussen geht, in den Gazastreifen oder den Libanon, da ihr Risiko gross ist, dass ein Krieg stattfindet, dem sie nicht gewachsen sind. Sie können die Krise nicht exportieren und die innerisraelischen Widersprüche zwischen den zwei grossen zionistischen Lagern – religiös konservativ versus liberal säkular – auf diese Weise lösen, wie sie es versucht haben. In einigen Tagen werden wir mehr wissen.