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Sandinistische Kämpfer feiern den Sieg der Revolution vor dem Nationalpalast in Managua.

170 Jahre US-Aggression gegen Nicaragua

von RICK STERLING1, 15. Juli 2024

Als 1823 die Monroe-Doktrin verkündet wurde, richtete sie sich gegen die europäischen Kolonialmächte. Sie befahl ihnen, sich herauszuhalten: Die «Einflusssphäre» der USA umfasste ganz Lateinamerika und die Karibik. In den vergangenen zwei Jahrhunderten musste praktisch jedes lateinamerikanische und karibische Land Interventionen und Einmischungen der USA in seine inneren Angelegenheiten erdulden. Die von Washington inszenierten Putsche, politischen Manipulationen und Aggressionen waren unerbittlich.

Eines der am meisten geschädigten Länder ist Nicaragua. In diesem Artikel werde ich die verschiedenen Arten der Aggression beleuchten, die Washington gegen Nicaragua eingesetzt hat. Das gehört nicht zur fernen Vergangenheit; die Einmischung dauert bis heute an. Die Methoden ändern sich, aber der Zweck bleibt derselbe: nominell unabhängige Länder zu unterwerfen, um sie für die Interessen der US-Konzerne, -Eliten und -Regierung zu nutzen. Wenn Nationen sich der Fremdbestimmung widersetzen und auf ihrer Unabhängigkeit beharren, wird es zum Ziel der USA, sie an ihrem Erfolg zu hindern.

19. Juli 2024

Am 19. Juli feiert Nicaragua den 45. Jahrestag der sandinistischen Revolution. An diesem Tag stürzten die Nicaraguaner die US-gestützte Somoza-Diktatur. Die Nicaraguaner feiern den Tag in Managua und bekräftigen damit ihre Unabhängigkeit und Souveränität. Die nicaraguanische Führung wird wahrscheinlich die Einmischung der USA verurteilen und ihr Recht auf freundschaftliche Beziehungen zu allen Ländern ihrer Wahl betonen. Gleichzeitig werden wir sicherlich negative Kommentare über Nicaragua zu hören bekommen, die aus Washington und US-Medien stammen.

Es sind acht verschiedene Arten der Einmischung und Aggression der USA gegen Nicaragua zu verzeichnen.

1 – Eroberung 1855-56

Im Jahr 1855 gelangte William Walker mit einer kleinen Armee aus amerikanischen und europäischen Soldaten nach Nicaragua. Das Land befand sich mitten in einem Bürgerkrieg, und das ausländische Militär wendete das Blatt. Als Walker mit seinen Truppen die Kontrolle über die nicaraguanische Stadt Granada übernahm, erklärte er sich zum Präsidenten von Nicaragua. Walkers Präsidentschaft wurde sofort von US-Präsident Franklin Pierce anerkannt. Unterstützt von den Sklaven haltenden US-Südstaaten, führte Walker als eine seiner ersten Amtshandlungen als Präsident Nicaraguas die im Jahr 1832 abgeschaffte Sklaverei wieder ein. Die Nicaraguaner waren damit nicht einverstanden. Binnen weniger Jahre waren Walkers Streitkräfte besiegt, und 1857 wurde er im benachbarten Honduras hingerichtet.

2 – Militärische Besetzung 1909-1933

Ab 1909 marschierten US-Marines in Nicaragua ein und besetzten es, als die finanziellen Interessen der USA noch nicht an erster Stelle standen. Die Nicaraguaner zogen in Erwägung, sich von europäischen Ländern Geld zu borgen, um einen Kanal zu finanzieren, der durch die Landenge führen sollte. In den folgenden drei Jahrzehnten waren die US-Marines ständig präsent, um sicherzustellen, dass Washington und Wall Street den Ausgang wichtiger Entscheidungen kontrollierten. USMC-Generalmajor Smedly Butler reflektierte später seine Rolle: «Ich habe 33 Jahre und vier Monate im aktiven Militärdienst verbracht, und während dieser Zeit habe ich meistens als hochklassiger Muskelmann für das Grosskapital, für Wall Street und die Banker gearbeitet. Kurz gesagt, ich war ein Gauner, ein Gangster für den Kapitalismus […]. Ich half dabei, ein halbes Dutzend zentralamerikanischer Republiken zu Gunsten von Wall Street zu vergewaltigen. Ich trug dazu bei, Nicaragua für das internationale Bankinstitut der Brown Brothers zu säubern.» Ab 1927 wurde die ausländische militärische Vorherrschaft der USA zunehmend von einer Bauernarmee unter der Führung von Augusto Cesar Sandino herausgefordert. In seinem Manifest vom 1. Juli 1927 prangert Sandino die Kollaborateure an und verspricht, «die nationale Ehre zu verteidigen und die Unterdrückten zu befreien». Im Jahr 1930 war Sandinos Armee 5000 Mann stark und erzielte schwere Schläge. Nach der Wahl von Juan Batista Sacasa verliessen die letzten US-Marines Nicaragua im Jahr 1933.

3 – Die US-gestützte Diktatur 1934–1969

Die US-Marines zogen ab, hinterliessen aber ausgebildete Ersatztruppen. Im Jahr 1934 brach die «Nationalgarde» ein Friedensabkommen mit Sandino und ermordete ihn, seinen Bruder und zwei Generäle. Anschliessend vernichtete sie Sandinos Armee und stürzte die gewählte Regierung. In den folgenden fünfundvierzig Jahren herrschte die Somoza-Familie mit Unterstützung der USA über das Land. Armut und Analphabetismus waren weit verbreitet und die Korruption grassierte. 1961 formierte sich der bewaffnete Widerstand gegen die Somoza-Diktatur unter dem Banner der Sandinistischen Front für die Befreiung Nicaraguas (FSLN). Nach fünfzigtausend Toten wurde die Somoza-Diktatur am 19. Juli 1979 gestürzt.

4 – Terrorismus 1969-1980

Unter der Führung der FSLN erzielte Nicaragua durch eine Landreform und eine äusserst erfolgreiche Alphabetisierungskampagne gewaltige Fortschritte. Zum ersten Mal stand in abgelegenen Gemeinden medizinische Hilfe zur Verfügung, und die Schulen wurden allen Kindern zugänglich gemacht. Doch die Reagan-Regierung in Washington konnte ein unabhängiges Nicaragua nicht akzeptieren. US-Präsident Reagan war davon besessen, die sandinistische Regierung zu stürzen. Zu diesem Zweck schuf er eine «Contra»-Armee, die kommunale Kliniken angriff, Gasleitungen und Infrastruktur in die Luft sprengte und Mitarbeiter des Gesundheitswesens und ländlicher Genossenschaften ermordete. Sie tötete sogar ausländische Entwicklungshelfer wie den jungen US-Ingenieur Ben Linder, der einen kleinen hydroelektrischen Damm baute, um ein abgelegenes Dorf mit Strom zu versorgen.

Angesichts dieser offensichtlichen Verbrechen erhob Nicaragua Klage gegen die Vereinigten Staaten vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH). Nicaragua gewann den Prozess, und die USA wurden zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt. Unter Missachtung des Urteils des höchsten Gerichts der Welt weigerte sich die Reagan-Regierung, Nicaragua Schadenersatz zu leisten, und unterstützte weiterhin die Terrorarmee. Auf öffentlichen Druck hin verabschiedete der Kongress das Boland-Amendment, das die Unterstützung der terroristischen Contras durch die USA verbot. Die Reagan-Regierung ignorierte auch das und finanzierte die Contras durch ein System, bei dem Waffen in kleinen Privatflugzeugen an die Contras geliefert wurden. Mit denselben Flugzeugen wurde kolumbianisches Kokain in die USA transportiert. Die Profite gingen an die Contras, während Crack-Kokain arme und überwiegend schwarze Viertel überschwemmte. Ein kürzlich erschienenes Buch eines «Black-Ops»-Agenten der CIA dokumentiert die Gründung, Ausbildung und Finanzierung der terroristischen Contras.

5 – Wirtschaftskrieg 1985 bis 1990

Im Jahr 1985 verhängten die USA ein Wirtschaftsembargo gegen Nicaragua. US-Produkte durften nicht mehr nach Nicaragua exportiert werden, und nicaraguanische Produkte durften nicht in die USA eingeführt werden. Das Ziel war eindeutig, die nicaraguanische Wirtschaft zu schädigen und die nicaraguanische Bevölkerung unter Druck zu setzen, damit sie sich gegen die Regierung wendet. Die Rechtfertigung lautete: «Ich, Ronald Reagan, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, stelle fest, dass die politischen Massnahmen und Aktionen der Regierung von Nicaragua eine ungewöhnliche und ausserordentliche Bedrohung für die nationale Sicherheit und Aussenpolitik der Vereinigten Staaten darstellen und erkläre hiermit einen nationalen Notstand, um dieser Bedrohung zu begegnen.» Die Wahrheit war das genaue Gegenteil: Die Aggressionspolitik der Vereinigten Staaten stellte eine extreme Bedrohung für Nicaragua dar.

6 – Einmischung in die Wahlen 1984 bis heute

Die ersten demokratischen Wahlen in der Geschichte Nicaraguas fanden im Jahr 1984 statt. Die FSLN gewann gegen eine stark gespaltene Opposition. Chuck Kaufman analysierte, was damals und danach geschah:

«Bereits 1984 sahen wir, wie die Vereinigten Staaten sich selbst zum letzten Richter und Geschworenen erhoben hinsichtlich der Frage, ob eine Wahl rechtmässig war oder nicht […] Die Delegitimierung von Wahlen ist eine der wichtigsten offenkundigen Methoden, die die Vereinigten Staaten einsetzen, um die Demokratie weltweit zu untergraben […]. Bei den Wahlen von 1990 wurde die US-Strategie für Wahlinterventionen entwickelt, perfektioniert und siegreich angewandt…. Durch den Einsatz von Geld und Druck nutzten die USA das Fehlen von Gesetzen zur Kontrolle ausländischer Wahlgelder in Nicaragua aus, um eine einheitliche antisandinistische Koalition mit 14 Parteien zu bilden […] Die USA gaben damals mehr Geld pro nicaraguanischem Wähler aus als George H. W. Bush und Michael Dukakis kombiniert pro US-Wähler bei unseren Präsidentschaftswahlen im Jahr 1988. Gleichzeitig warnten die USA die nicaraguanischen Wähler, dass der Contra-Krieg, der sie 40 000 Söhne und Töchter gekostet hatte, fortgesetzt würde, falls Daniel Ortega die Wiederwahl gewinnen sollte.»

Die US-Intervention war «erfolgreich» und brachte das von den USA unterstützte Team an die Macht in Managua. Eine knappe Mehrheit der Nicaraguaner gab sich angesichts der Aggression und der Drohungen der USA geschlagen. Die amerikanischen und westlichen Medien waren überrascht, als Daniel Ortega und die FSLN friedlich aus dem Amt schieden und die Führung abgaben.

In den folgenden 16 Jahren herrschte eine neoliberale Politik. Sie war zwar gut für die Wohlhabenden und die Eliten, aber für die Mehrheit der Nicaraguaner eine Katastrophe. Das Gesundheits- und Bildungswesen wurde wieder privatisiert. Die Landreformmassnahmen und die Alphabetisierungskampagne wurden beendet. Analphabetismus verbreitete sich erneut. Die staatlich kontrollierte Infrastruktur, einschliesslich Strassen, Wasser und Elektrizität, wurde nicht verbessert, sondern verwahrloste und verfiel.

Bei den Wahlen im Jahr 2006 gewannen Daniel Ortega und die FSLN eine Mehrheit. Dafür gab es mehrere Gründe: Erstens waren die Wirtschaft und die marode Infrastruktur eine Katastrophe. Zweitens gelang es den USA nicht, die Rechte zu vereinen. Drittens wurde die Wahleinmischung der USA öffentlich bekannt, nachdem der US-Botschafter einigen Aktivisten, die zu Besuch waren, unvorsichtigerweise mitgeteilt hatte, wie viele Millionen für die Einmischung in die Wahl vorgesehen waren.

7 – Subversion durch NROs und «farbige Revolution»

Nach 16 Jahren in der Opposition kam die FSLN 2007 unter der Führung von Ortega wieder an die Macht. Seitdem regiert sie mit stetig zunehmender Unterstützung durch die Wähler. Die Gründe für ihre Popularität sind praktischer Natur. Das Gesundheits- und Bildungswesen ist kostenlos. Die Strassen und Autobahnen wurden erheblich verbessert und erstrecken sich nun über das ganze Land bis zur Karibik. Elektrizität und fliessendes Wasser wurden kontinuierlich ausgebaut und sind nun in 98 Prozent des Landes verfügbar. Bei der Gleichstellung der Geschlechter und der Nutzung erneuerbarer Energien liegt Nicaragua weltweit unter den ersten 10 Prozent. Ausserdem unterstützt Nicaragua aktiv die Kleinbauern und ist zu 90 Prozent nahrungsmittelsouverän.

Washington hatte es nicht eilig, Nicaragua zu seinen Erfolgen zu gratulieren. Im Gegenteil, man nahm die Erfolge mit Bedauern zur Kenntnis und setzte Nicaragua wieder auf die Liste der Länder, die man zu destabilisieren gedenkt.

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte haben die USA einen sanfteren Ansatz entwickelt, um Regierungen zu untergraben, die als «feindlich» eingestuft werden. Eine wichtige Komponente dabei ist die Finanzierung von «Nichtregierungsorganisationen» (NROs). Diese Organisationen mögen harmlose oder sogar fortschrittlich klingende Ziele verfolgen, dienen aber unweigerlich den Zielen der USA. Die NROs erhalten einen Grossteil ihrer Finanzmittel von Organisationen, die der US-Regierung nahestehen, wie die USAID und das National Endowment for Democracy (NED). Max Blumenthal dokumentierte im Juni 2018, wie NROs stolz damit prahlten, dass sie «die Grundlage für Aufstände gelegt» und «die aktuellen Revolten genährt» hätten.

Mit Gehältern, die im Vergleich zu lokalen Verhältnissen hoch ausfallen, locken die NROs ambitionierte Studenten und Jugendliche an und beeinflussen sie. Die Leiter der NROs finden heraus, welche Jugendlichen sich für die Ziele der NROs eignen und welche Themen sie motivieren. In Nicaragua gab es Dutzende von NROs zum Zweck der «Demokratieförderung». Dabei handelte es sich im Wesentlichen um Schulungen in regierungsfeindlichem Aktivismus. Andere Schwerpunkte waren Journalismus und die Nutzung sozialer Medien. Die vom Ausland finanzierten Aktivitäten wurden kaum oder gar nicht überwacht.

Im Frühjahr 2018 gab es einen Versuch, die gewählte sandinistische Regierung zu stürzen. Der Putschversuch wurde von Jugendlichen vorangetrieben, die unter dem Einfluss von US-finanzierten NROs standen und von Söldnerbanden und Schlägertrupps unterstützt wurden. In einer Reihe von Artikeln beschrieben der in Nicaragua lebende Journalist John Perry und der Autor Dan Kovalik den Putschversuch von Anfang bis Ende. Er ähnelte den «farbigen Revolutionen», die in zahlreichen anderen Ländern im Visier der USA durchgeführt wurden. Die gemeinsamen Merkmale sind: Mobilisierung der Jugend durch US-finanzierte NROs, intensiver Einsatz sozialer Medien, falsche oder übertriebene Anschuldigungen gegen die Regierung, falsche Behauptungen, dass die Proteste absolut «friedlich» seien, während in Wirklichkeit Provokationen und Gewalt gang und gäbe sind.

Nicaragua durchlief diese Phase von April bis Juli 2018. Der Aufstand erlosch, als sich herausstellte, dass die Gewalt von den Demonstranten angestiftet wurde und dass der durchschnittliche Nicaraguaner durch die anhaltenden Störungen und Strassenblockaden ernsthaft zu Schaden kam. Dutzende von Polizisten und Hunderte von Zivilisten wurden bei den Auseinandersetzungen getötet. Hunderte von Regierungsgebäuden, Polizeistationen und Schulen wurden angegriffen, und die Wirtschaft wurde stark beeinträchtigt.

Letztendlich scheiterte der Aufstand und Putschversuch. Da die Polizei angewiesen wurde, in ihren Kasernen zu bleiben, wurde klar, wer für die Gewalt verantwortlich war. Die Öffentlichkeit reagierte mit zunehmender Wut auf die Demonstranten, weil deren Strassenblockaden und Gewalt das Leben und die Wirtschaft ruinierten. Als positiver Nebeneffekt realisierte die FSLN, dass sie sich künftig mehr um die Bildung der Jugend und die Überwachung ausländisch finanzierter Organisationen kümmern muss.

8 – Informationskrieg und extreme Sanktionen

Seit dem Putschversuch in Nicaragua im Jahr 2018 eskalierte der Informationskrieg der USA gegen Nicaragua dramatisch. Im Jahr 2020 begann Nicaragua, ausländisch finanzierte Organisationen zu regulieren. Da die vom Ausland unterstützten Organisationen massgeblich am Aufstand beteiligt gewesen waren, der zu Hunderten von Todesopfern und wirtschaftlichen Schäden in Milliardenhöhe geführt hatte, war die Notwendigkeit dieser Massnahme offensichtlich. Die neuen Vorschriften verlangen von ausländisch finanzierten Organisationen, dass sie dokumentieren, woher ihre Mittel stammen und wie sie verwendet werden. In den USA gilt dieselbe Regelung, die als Foreign Agents Registration Act (FARA) bekannt ist, was die westlichen Medien jedoch nicht davon abhält, zu behaupten, dass diese Bestimmungen «die Zivilgesellschaft zerstören». Tatsächlich liessen sich viele NROs registrieren und machten weiter wie bisher. Denjenigen, die sich nicht registrieren liessen, wurde die Zulassung verweigert, so wie es auch in den Vereinigten Staaten der Fall wäre.

Der Einfluss der US-Regierung erstreckt sich auf viele «Menschenrechtsgruppen» und einige Zweige der Vereinten Nationen. So hat der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen im April 2018 eine «Gruppe von Menschenrechtsexperten bezüglich Nicaragua» eingesetzt, um angebliche Menschenrechtsverletzungen und -missbräuche in Nicaragua zu untersuchen. Ihr Mandat wurde bis Februar 2025 verlängert, aber sie hat bereits zwei vorläufige Berichte veröffentlicht, in denen behauptet wird, dass Nicaragua Verbrechen, Verstösse und Missbräuche begeht, darunter die «Verfolgung jeder abweichenden Stimme», Folter und der «Entzug der nicaraguanischen Staatsbürgerschaft».

Die Berichte der drei «Experten», von denen keiner aus Nicaragua stammt, sind äusserst voreingenommen. Sie wurden in einem ausführlichen Artikel widerlegt, den der internationale Rechtswissenschaftler Alfred de Zayas mitverfasst hat. Der Artikel wird unterstützt von 85 verschiedenen Organisationen und über 450 Einzelpersonen, darunter auch Bürger und Einwohner Nicaraguas. Er offenbart, dass die «Experten» ihrem eigenen Mandat, Informationen von allen Seiten zu sammeln, nicht nachgekommen sind. Der Bericht der Gruppe der Menschenrechtsexperten für Nicaragua (GHREN) basiert ausschliesslich auf den Meinungen und Anschuldigungen der Dissidenten und ist eine Verhöhnung dessen, was ein objektiver Bericht auf der Grundlage von Beweisen von allen Seiten sein sollte.

Neben dem Trommelschlag negativer Anschuldigungen, die auf subjektiven oder gar keinen Beweisen beruhen, verhängen die USA immer mehr Sanktionen gegen Nicaragua. Den meisten Amerikanern ist nicht bewusst, dass die Sanktionen (die als «einseitige Zwangsmassnahmen» bezeichnet werden) von der Generalversammlung der Vereinten Nationen wiederholt verurteilt worden sind. Sie werden als Verstoss gegen das Völkerrecht und die UN-Charta betrachtet. Unter Missachtung der Meinung von 75 Prozent der Weltöffentlichkeit hat das US-Finanzministerium kürzlich eine Reihe von Sanktionen gegen nicaraguanische Beamte, staatliche Unternehmen, Richter, Bürgermeister und den Generalstaatsanwalt verhängt.

Während die USA versuchen, die nicaraguanische Wirtschaft zu schädigen, haben sie damit begonnen, Nicaraguanern eine vereinfachte Einwanderung in die USA anzubieten. Sie nutzen sogar Facebook und andere soziale Medien, um junge Leute aus Nicaragua anzulocken. Offenbar ist das Ziel, die Wirtschaft zu untergraben und die Abwanderung von Fachkräften zu fördern, sodass junge Menschen mit Fähigkeiten und Ambitionen versucht sind, das Land zu verlassen. Schliesslich sind die meisten Nicaraguaner trotz der positiven Errungenschaften, wie z. B. der kostenlosen Gesundheitsversorgung und Bildung, immer noch arm. Das Phänomen wurde gut dokumentiert in Artikeln wie «New US Immigration Policies Effect on Nicaragua: Brain Drain and Deportation» und «US government exploits animosity toward migrants to demonize socialist countries».

Zusammenfassung

Ende 2021, drei Jahre nach dem Putschversuch, fanden in Nicaragua nationale Wahlen statt. Die westliche Kritik an der Wahl wurde in diesem Artikel widerlegt. Internationale Beobachter waren beeindruckt von der Organisation, der hohen Wahlbeteiligung und dem Enthusiasmus. Die US-Regierung und die Medien behaupteten fälschlicherweise, die Hauptkandidaten der Opposition seien inhaftiert worden. Tatsächlich vertraten die wenigen inhaftierten Personen weder Parteien noch eine nennenswerte Unterstützungsbasis. Sie behaupteten, «Vorkandidaten» zu sein, nicht weil sie mögliche Kandidaten waren, sondern weil sie sich der Strafverfolgung entziehen wollten, während sie gleichzeitig die nicaraguanische Regierung verleumdeten.

Vielmehr gab es fünf Oppositionskandidaten, die echte Parteien und Bewegungen vertraten. Die Wähler hatten eine echte Wahl. Bei einer Wahlbeteiligung von 66 Prozent stimmten 75 Prozent der Wähler für Daniel Ortega und die FSLN statt für die Konkurrenz. Die Wahl lief unter dem Motto «Soberania», wunderschön gesungen von einer jungen nicaraguanischen Patriotin im Jugendhaus von Cesar Augusto Sandino.

Nicaragua hält weiterhin an seiner Souveränität fest und verfolgt eine eigenständige Aussenpolitik. Im September 2021 brach Nicaragua die Beziehungen zu Taiwan ab und nahm diplomatische Beziehungen zu China auf. Im Oktober 2022 weigerte sich Nicaragua, Russland für seine Intervention in der Ukraine zu verurteilen und beschuldigte stattdessen die USA und die NATO, den Konflikt provoziert zu haben. Am 24. Oktober 2023 forderte Nicaragua eine Dringlichkeitssitzung der UN-Generalversammlung, um den «Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung» zu besprechen. Später erklärte der nicaraguanische Aussenminister Denis Moncada, die Sache der Palästinenser sei eine der gerechtesten Sachen unserer Zeit. Im Januar 2024 reichte Nicaragua beim Internationalen Gerichtshof Klage gegen Deutschland ein wegen Beihilfe zum Völkermord in Gaza.

Im Juni wurden die Ergebnisse einer umfassenden Umfrage veröffentlicht, die von der unabhängigen und angesehenen Firma M&R Consultants durchgeführt wurde. Sie lassen auf eine hohe Zufriedenheit mit der Orientierung und Führung des Landes schliessen. Das Vertrauen in die «Stabilität, Sicherheit und den wirtschaftlichen Fortschritt» des Landes ist von 36,8 Prozent im Jahr 2018 auf heute 74,8 Prozent gestiegen.

Nicaragua hat guten Grund, den USA gegenüber misstrauisch zu sein. Die USA haben sich auf die acht oben beschriebenen Arten 170 Jahre lang in die Unabhängigkeit Nicaraguas eingemischt. Die überwiegende Mehrheit der Nicaraguaner leistet weiterhin Widerstand und beharrt unbeirrt auf ihrer Unabhängigkeit und Souveränität. Wie das Lied «Soberania» erklärt: «Respektiere meine Flagge oder verschwinde.»
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RS/OT

1 Rick Sterling ist Journalist und lebt in der kalifornischen Bay Area. Er ist Vorstandsmitglied der Task Force on the Americas. Sie können ihn unter rsterling1@protonmail.com erreichen.

Englischer Originaltext in Orinoco Tribune. Übersetzt mit Hilfe von DeepL.