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Wie die Zionisten versuchen, die Palästina-Bewegung zu spalten

Die wirksamste Form der Indoktrination durch das zionistische Regime besteht im Zeitalter der sozialen Medien nicht mehr darin, den Völkermord am palästinensischen Volk zu leugnen: Die Beweise sind inzwischen unwiderlegbar. Aus israelischer Sicht ist es von entscheidender Bedeutung, die unaufhörliche Welle der Massensolidarität mit Palästina zu stoppen. Und um dies zu erreichen, muss man auf die alte Strategie des «Teile und Herrsche» zurückgreifen. Dabei geht es aber nicht nur darum, die innere Einheit der Solidaritätsbewegung zu spalten, z. B. durch das Schüren von parteipolitischen, konfessionellen oder auch nur taktischen Spaltungen, sondern gerade heute geht es für die Zionisten darum, die entstandene breite Solidarisierung mit Palästina von Teilen der westlichen Bevölkerung zu brechen. Denn die Quelle der ideologischen Unterstützung für die Existenz des israelischen Kolonialstaates ist gerade der breite Konsens, der in den mächtigen westlichen Ländern immer noch herrscht.

Abkopplung der Solidaritätsbewegung von den Volksmassen

Neu ist, dass es der pro-palästinensischen Bewegung seit Oktober letzten Jahres gelungen ist, aus ihren politischen Nischen auszubrechen und auch grosse Teile der öffentlichen Meinung einzubeziehen, die sich zuvor nicht sonderlich für die Angelegenheiten des Nahen Ostens interessiert hatten und schon gar nicht bereit waren, sich zu mobilisieren. Diese Verbindung zu kappen, ist daher für Israel von strategischer Bedeutung! Aber es gibt auch eine letzte Spaltung, die Tel Aviv ausnutzen will: die der internationalen Politik. Es geht also darum, die pro-palästinensische Bewegung von ihren geopolitischen Verbündeten zu trennen. Wie das? Zum Beispiel, indem man innerhalb der europäischen Studenten- und Volksbewegungen Misstrauen gegenüber den wichtigsten und natürlichen Unterstützern des palästinensischen nationalen Befreiungskampfes weckt: der Islamischen Republik Iran, der Russischen Föderation, der Volksrepublik China usw.

Im Juli 2024 vermittelte China ein Abkommen zwischen den verschiedenen palästinensischen politischen Gruppierungen, die sich in Peking versammelt hatten, um ihre Anstrengungen im Befreiungskampf zu bündeln. Doch viele westliche Pro-Palästinenser stehen China weiterhin feindselig gegenüber …

Die ukrainische und kurdische Option

Die zionistische Propaganda tut alles, um Spaltungen, interne Konflikte und willkürliche ideologische Barrieren innerhalb der Solidaritätsbewegung mit Palästina zu schaffen. Einer der Wege ist, eine Fraktion innerhalb der Bewegung zu schaffen, die Palästina unterstützt, aber gleichzeitig das ukrainische Regime befürwortet, um eine Zusammenarbeit mit dem anderen Teil der Bewegung zu verhindern, der die Hintergründe für den antifaschistischen Kampf im Donbass versteht. Das andere Thema, das von den zionistischen Provokateuren instrumentalisiert wird, ist der allgegenwärtige kurdische Separatismus: Unter den Pro-Palästinensern gibt es denn auch eine wichtige Strömung, die das so genannte «Rojava» nicht unterstützt. Die pro-palästinensische Anti-Rojava-Strömung ist geteilt in zwei Lager, eines pro Assad, eines pro Erdogan. Würden sich diese Spaltungen strukturieren, hätten wir eine erhebliche Schwächung der antizionistischen Bewegung.

Verirrte Aktivisten und vorsätzliche Infiltratoren teilen die Plätze und stellen die palästinensische und die ukrainische Flagge nebeneinander. Inzwischen sind Kiew und Tel Aviv zunehmend enge Verbündete.

Dann gibt es noch eine andere Form der Spaltung, die schlaue Pro-Israel-Aktivisten zu schüren versuchen, indem sie die Strömung ausnutzen, die behauptet, alle globalen antiimperialistischen Kämpfe zu unterstützen, dann aber alle konkreten Antikriegskoalitionen mit Personen oder Gruppen ausserhalb der liberalen Linken ablehnt. Man muss also pro-palästinensisch, aber anti-iranisch sein, obwohl Teheran entscheidende (wir betonen: entscheidende!) Unterstützung bei den Bemühungen, den Zionismus zu besiegen, leistet. Oder man lehnt jeden Kontakt mit dem Verein des pro-palästinensischen italienischen Journalisten Alessandro Di Battista ab, weil er einst in einer mit den Rechtsradikalen verbündeten politischen Partei aktiv war.

Und wenn dies vor allem auf die radikalere, trotzkistische oder anarchistische Linke zutrifft, so gibt es auch die sozialdemokratische Variante, die zwar den Extremisten Benjamin Netanjahu entschieden ablehnt, dann aber auf der Idee beharrt, dass der Zionismus durch eine bessere israelische Führung geläutert werden könne. An der arabischen Front schliesslich gibt es eine ganze Reihe gemässigterer Anhänger Palästinas, die zwar die Verbrechen Israels anprangern, dann aber – mit der gleichen Rhetorik wie die Zionisten – die Kampfhandlungen der Hamas verurteilen und sie als «Terroristen» bezeichnen. Vom palästinensischen Volk werden sie dagegen als Partisanen betrachtet!

Sie wollen die Linke in strategische Sackgassen lenken

Kurz gesagt, es ist eine Operation der narrativen Manipulation im Gange, die versucht, linke Aktivisten (die oft das Rückgrat der pro-palästinensischen Bewegung sind) in Gruppen zu kanalisieren, die jeder kohärenten und pragmatischen antiimperialistischen Position feindlich gegenüberstehen. In der Vergangenheit wurde dieselbe Taktik angewandt, um die Linke für den hybriden Krieg gegen Syrien einzuspannen. Stattdessen hat Damaskus seit Februar 2022 die Rolle des Zankapfels der Linken an Kiew abgetreten.

Auch die rein taktische Frage sollte nicht vergessen werden: Der beste Weg, eine Bewegung zu spalten, ist – abgesehen von sekundären ideologischen Fragen – auch die Methode der Aktion. In den USA zum Beispiel ist es Infiltratoren gelungen, abenteuerliche Ideen zu verbreiten, mit denen sie die idealistischeren und weniger erfahrenen Aktivisten davon überzeugen konnten, Verkehrsblockaden zu organisieren, und so starke Feindseligkeiten zwischen den entpolitisierten Menschen und den einfachen Arbeitern zu erzeugen. Dasselbe gilt für maximalistische Aktionen, die Fast-Food-Ketten, die Komplizen Israels sind, mit deren Kunden verwechseln, die einfach nur einen Hamburger essen wollen. Wir wiederholen: Es ist für den Zionismus von entscheidender Bedeutung, dass die Bewegung in ihre selbstbezügliche Nische zurückkehrt!

Welche Form des Protests am wirksamsten ist, unterscheidet sich je nach Land und Volk: Wir müssen daher die für die breite Masse akzeptabelste wählen, ohne uns auf die Standardslogans der liberalen Kultur der eurozentrischen Linken zu beschränken. Das würde von weiten Teilen der Bevölkerung, die keine Sympathie für den anhaltenden Völkermord empfinden und potentiell unsere Verbündeten sind, nicht verstanden.

In England wurden McDonald’s-Filialen von pro-palästinensischen Aktivisten mit Hilfe von… Ratten angegriffen! Aber sind wir sicher, dass dies eine nützliche Taktik ist?

Palästina kann nur gewinnen, wenn die Nato verliert

Die Demonstranten in Verlegenheit zu bringen, weil beispielsweise Erdogans Wähler an der Seite der Kommunisten marschieren; oder pro-palästinensische Demonstranten sunnitischer Konfession davon zu überzeugen, dass der schiitische Iran «nur seinen eigenen Interessen dient» und kein wirklich verlässlicher Partner ist; oder Schweizer Jungsozialisten dazu zu bringen, Chinas diplomatischen Initiativen zu misstrauen (indem sie sie als «imperialistisch» bezeichnen) – all das sind zionistische Propagandatricks, die aufgedeckt werden müssen.

Durch den Einfluss des Oligopols der US-Nachrichtenagenturen, die auch den Schweizer Zeitungen die Nachrichten diktieren, wird versucht, die Entstehung einer Bewegung zu verhindern, die nicht nur ein unterdrücktes Volk allgemein unterstützt, sondern sich wirklich in eine organisierte antizionistische Bewegung verwandelt und effektiv genug ist, um zu reüssieren und nicht nur sich zu entrüsten.

Wenn die pro-palästinensische Bewegung unter der Kontrolle einiger weniger kindischer Tendenzen bleibt, die nicht richtig in den allgemeinen Kampf gegen den Imperialismus und die Nato eingeordnet sind, dann wird sie scheitern! Wenn sich die Bewegung hingegen auf den primären Widerspruch konzentriert – also den Widerspruch zwischen dem atlantischen System einerseits und den aufstrebenden Ländern (wie Russland und den BRICS-Staaten) sowie den sozialistischen Ländern anderseits, die eine multipolare Welt aufbauen –, dann wird sie nicht nur die lang ersehnte Unabhängigkeit Palästinas verwirklichen können, sondern dem Zionismus als solchem noch viel Unheilvolleres in Aussicht stellen.
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Quelle für diesen Text ist ein am 19. September 2024 in sinistra.ch erschienener Artikel.