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Symbolbild: Hasan Nasrallah bei einem Interview. Screenshot.

Hisbollah begrüsst sozialistische Verbündete

Dieses Interview mit dem kürzlich ermordeten Generalsekretär der Hisbollah Hasan Nasrallah wurde kurz vor dem Waffenstillstand des Libanonkriegs 2006 von Reportern der Tageszeitung Evrensel der türkischen Arbeiterpartei geführt.

F. Wie ist der aktuelle Stand Ihrer Beziehungen zur sozialistischen Bewegung?

Hasan Nasrallah: Die sozialistische Bewegung, die sich seit geraumer Zeit aus dem internationalen Kampf zurückgezogen hat, hat endlich wieder begonnen, uns moralische Unterstützung zu bieten. Das konkreteste Beispiel hierfür ist Hugo Chavez, der Präsident von Venezuela. Was die meisten muslimischen Staaten nicht geschafft haben, hat Chavez getan, indem er den Botschafter Venezuelas aus Israel abberufen hat. Darüber hinaus hat er uns mitgeteilt, dass er unseren Widerstand unterstützt. Das hat uns enorm moralisch gestärkt.

Eine ähnliche Entwicklung können wir auch bei der Türkischen Revolutionären Bewegung beobachten. In den 1960er Jahren kamen sozialistische Brüder aus der Türkei nach Palästina, um gegen Israel zu kämpfen. Einer von ihnen ist mir bis heute in Erinnerung und im Herzen geblieben: Deniz Gezmis!

[Deniz Gezmis, 1947–1972, war ein türkischer Revolutionär der marxistisch-leninistischen Tradition. Er leitete Ende der 1960er Jahre grosse Studentenaktionen, ging Ende 1969 in ein Fatah-Trainingslager im Libanon und kehrte in die Türkei zurück, wo seine Gruppe in Ankara vier US-Soldaten gefangen nahm. Nach der Freilassung der Soldaten wurde Gezmis gefangen genommen und aufgrund des Vorwurfs, den türkischen Staat stürzen zu wollen, vor Gericht gestellt. Am 6. Mai 1972 wurde er zusammen mit zwei seiner Kameraden im Zentralgefängnis von Ankara erhängt.]

F. Welche Bedeutung hat Deniz für Sie?

Hasan Nasrallah: Wir wollen jetzt neue Denize. Unsere Reihen stehen jederzeit offen für neue Denize gegen die Unterdrücker. Deniz wird für immer in den Herzen der Völker Palästinas und des Libanon weiterleben. Daran sollte niemand zweifeln. Leider gibt es keinen gemeinsamen Kampf und keine Brüderlichkeit gegen den gemeinsamen Feind mehr. Wir wünschten, unsere sozialistischen Brüder im Libanon würden mit uns Schulter an Schulter gegen den Imperialismus und den Zionismus kämpfen. Dieser Kampf ist nicht nur unser Kampf. Es ist der gemeinsame Kampf aller Unterdrückten auf der ganzen Welt. Wenn die Völker Palästinas und des Libanon diesen Krieg verlieren, bedeutet das eine Niederlage für alle unterdrückten Völker der Welt. In unserem Kampf gegen den Imperialismus sollten die Revolutionäre ebenfalls Verantwortung übernehmen und in den Herzen unserer Völker in Palästina und im Libanon erneut zu Denizen werden.

F. In den Strassen von Beirut kann man Plakate von Che, Chavez und Ahmadinedschad direkt nebeneinander sehen. Sind das Anzeichen für eine neue Polarisierung?

Hasan Nasrallah: Wir haben grosse Achtung vor den Führern und Völkern Lateinamerikas. Sie haben den amerikanischen Banditen heldenhaft Widerstand geleistet und sind für uns eine Quelle moralischer Stärke. Sie weisen den unterdrückten Völkern den Weg. Kommt und schlendert durch unsere Strassen! Ihr werdet sehen, wie die Menschen hier Chavez und Ernesto Che Guevara verehren. Fast in jedem Haus werdet ihr Poster von Che oder Chavez finden.

Wir sagen unseren sozialistischen Freunden, die gemeinsam mit uns für Brüderlichkeit und Freiheit kämpfen wollen: Kommt gar nicht erst, wenn ihr behauptet, Religion sei ein Opium. Wir sind mit dieser Analyse nicht einverstanden. Der beste Beweis dafür ist in unseren Strassen, wo Bilder von Chavez, Che, Sadr und Khamenei zusammen zu sehen sind. Unser Volk verehrt diese Führer alle gemeinsam. Solange wir eure Überzeugungen respektieren und ihr unsere, gibt es keine imperialistische Macht, die wir nicht besiegen können!

F. Kommen wir auf die Bedrohungen in der Region zurück: Die westlichen Regierungen erhöhen den Druck auf Damaskus und Teheran und fordern einen «Regimewechsel». Einige Quellen sind der Ansicht, dass sich der Angriff auf den Libanon gegen Syrien richten wird. Halten Sie einen regionalen Krieg für möglich?

Hasan Nasrallah: Die Machtzentren des Imperialismus wollen unsere gesamte Region zu Kollaborateuren machen. Sie erwarten, dass wir vor ihnen auf die Knie fallen. Syrien, der Iran und die Hisbollah widersetzen sich dem. Die Provokation in Bezug auf den ehemaligen libanesischen Premierminister Rafik Hariri und die Bemühungen, den Abzug der syrischen Armee aus dem Libanon sicherzustellen, und – noch gravierender – ihr Wunsch, Teheran und Damaskus kaltblütig anzugreifen, sind alle auf dieses Motiv zurückzuführen.

Syrien, der Iran und die Hisbollah werden sich mit Sicherheit dagegen wehren. Wir werden Widerstand leisten für unser Mutterland und für die Freiheit. Wir werden Widerstand leisten, um nicht vor ihnen niederzuknien. Die Imperialisten des Westens versuchen, aus dem Libanon und unserer Region ein zweites Kosovo zu machen. Sie versuchen, einen Konflikt zwischen Konfessionen zu schüren. Aber wir haben diesen Trick durchschaut. In unseren Strassen, im gesamten Libanon, mit seinen Christen, Sunniten und Schiiten, wehen die Flaggen der Hisbollah. Ich wiederhole: «Die unipolare Welt» ist bereits Geschichte. Da sind wir, da ist der Iran, da ist Syrien, da ist Venezuela, Kuba und Nordkorea. Da sind die widerständigen Völker von Palästina, Irak und Afghanistan! Solange es Imperialismus und Besetzung gibt, werden diese Menschen weiterhin Widerstand leisten. [Die Imperialisten] können den Frieden vergessen. Wenn sie Frieden wollen, müssen sie die Freiheit der Völker respektieren und die Kollaborateure beseitigen. So Gott will, werden wir siegen.

Sie werden unser Land und unsere Region nicht in ein Kosovo verwandeln können. Unser Volk ist sich jetzt über alles im Klaren und wird nicht auf imperialistische Tricks hereinfallen. Wir werden auf keinen Fall zulassen, dass sie den Iran oder Syrien angreifen. Wir werden bis zum letzten Blutstropfen für unsere Freiheit kämpfen. Daran sollte niemand zweifeln. Sie behaupten, der Iran verfüge über Atomwaffen. Im Gegenteil, die meisten Atomwaffen befinden sich in den Händen Israels und der USA. Zudem dienen Atomwaffen nur als Vorwand, um kollaborierende Regime in der Region zu errichten.

F. Manche behaupten, dass die Hisbollah von Teheran aus gesteuert wird. Was halten Sie von dieser Behauptung?

Hasan Nasrallah: Das ist eine grosse Lüge. Wir sind eine unabhängige libanesische Organisation. Wir lassen uns von niemandem etwas vorschreiben. Das heisst aber nicht, dass wir keine Allianzen eingehen. Wir stehen auf der Seite des Iran und Syriens. Sie sind unsere Brüder. Wir werden jeden Angriff auf Teheran und Damaskus bis zum letzten Blutstropfen abwehren, genau wie wir es im Libanon tun. Wir unterstützen den globalen Widerstand gegen den globalen imperialen Terrorismus.

F. Gibt es noch einen weiteren Punkt, den Sie ansprechen möchten?

Hasan Nasrallah: Es gibt keinen einseitigen Frieden. Solange es auf der Welt Imperialismus gibt, ist ein dauerhafter Frieden unmöglich. Der Krieg wird nicht enden, solange es im Irak, in Afghanistan und in Palästina Besatzungen gibt.
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Quelle: Marx Engels Lenin Institute. Übersetzt mit Hilfe von DeepL.