Sudans Rede zur Sudan-Resolution, die im Sicherheitsrat von Russland blockiert wurde
Russland legte sein Veto ein gegen eine von Grossbritannien und Sierra Leone eingebrachte UN-Sicherheitsratsresolution, die einen Waffenstillstand im Sudan forderte. Der britische Aussenminister David Lammy bezeichnete das russische Veto als «gemein, fies und zynisch». Die UN-Vertreterin der USA, Linda Thomas-Greenfield, sagte: «[Russland] behauptet, es gehe um die Souveränität des Sudan. Aber der Sudan unterstützt die Resolution.» Stimmt das tatsächlich? Die Antwort auf diese Frage findet sich in der nachfolgenden Rede, die der sudanesische UN-Botschafter, Al-Harith Idris, nach der Abstimmung gehalten hat.
von Sudan in the News, 18. November 2024
Kritik an der «Beide-Seiten»-Erzählung
Frau Präsidentin, um in einem Mehrparteienkrieg wie dem im Sudan Frieden zu stiften, bedarf es eines Narrativs, das der Wahrheit entspricht. Das aktuell verwendete Narrativ – dass es sich um einen Krieg zwischen zwei Parteien handelt – ist einer der Gründe, warum wir uns über die Beschreibung dieses Krieges nicht einigen können.
Um die Chancen auf eine Beendigung des Konflikts zu erhöhen, müssen wir die Besonderheiten des Konflikts und die Bemühungen der am Frieden interessierten Länder berücksichtigen, damit wir ein Verständnis dafür entwickeln, wie der Nationalstaat zum Frieden beitragen kann.
Die Vereinten Nationen sorgen für die Einheit der Staaten, ihre Souveränität, ihre territoriale Integrität und die Verhinderung jeglicher Aggression gegen Staaten. Im Falle des Angriffskrieges gegen den Sudan ist das allerdings nicht wirklich geschehen. Vielmehr wurden in koordinierter Weise Druck und Zwang ausgeübt, um den Staat zu schwächen. Das liegt an den Entscheidungen von internationalen Akteuren in einer internationalen Ordnung, die gerade auf spektakuläre Weise zusammenbricht. Es gilt, die internationale Ordnung wiederherzustellen.
Laut der neuen Friedensagenda des UN-Generalsekretärs zögert der Rat noch immer, die Aggressoren zu benennen, obwohl er weiss, wer sie sind. Die Waffenlieferungen an Milizen und Söldner haben in unglaublichem Masse zugenommen, nachdem der Sudan den Grenzübergang Adre geöffnet hat, was verlängert wurde mit der gleichzeitigen Festlegung bestimmter Bedingungen, unter denen der Staat diese Operationen überwachen kann, um die humanitäre Arbeit zu erleichtern.
Dies führte zu einer Ausweitung der regionalen Interventionen und zu einer Verschärfung des Krieges, trotz der Tatsache, dass die Milizen Angriffe und Massaker gegen Zivilisten verübten und die Zivilbevölkerung gewaltsam vertrieben. Es dauerte 18 Monate, bis der Rat diese Gräueltaten verurteilte. Wir danken den Ratsmitgliedern, die in ihren nationalen Stellungnahmen diese Gräueltaten verurteilt haben.
Man kann nicht neutral sein, wenn man dem sudanesischen Volk beistehen und die Aggression und den Krieg beenden will. Man kann nicht passiv sein. Manche lehnen es ab, mit Terroristen zu verhandeln, und manche setzen alles daran, terroristische Gruppen zu eliminieren, doch zwingen sie die sudanesische Regierung unter dem Vorwand der Unparteilichkeit, den Frieden mit ausländischen Söldnern zu akzeptieren, damit diese morgen zu politischen Akteuren werden und dann vom politischen Weg abweichen, um Angriffe zu verüben im Rahmen eines Komplotts, dessen sich die Sudanesen sehr wohl bewusst sind: das Komplott, den Sudan zu zersplittern und betrügerische Friedensabkommen zu schliessen.
Sudanesische Eigenverantwortung für den Friedensprozess
Frau Präsidentin, es gibt Leute, die darauf bestehen, den Sudan von humanitärer Hilfe abhängig zu machen. Der Sudan hat fruchtbares Land und genügend landwirtschaftliches Potenzial, um die Welt zu ernähren. Selbstverständlich ist der Sudan in der Lage, das sudanesische Volk zu ernähren – ein Volk, dem gewisse internationale Akteure immer wieder Unrecht zugefügt haben.
Die Notlage wurde ausgenutzt, um in die Souveränität des Sudan einzugreifen. Einige ausländische Rettungsorganisationen, von denen es inzwischen mehr als 19 000 gibt, […] fordern nun, dass sie aus allen Richtungen und auf jede beliebige Weise in den Sudan einreisen können, wobei sie lediglich den Sudan benachrichtigen müssen.
Der Rat kann seine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit nur dann zurückgewinnen, wenn er sich mit den Entscheidungen der Menschen auseinandersetzt – vor allem in Afrika, das sich von den Zwängen befreien möchte –, um einen positiven Beitrag zum Weltfrieden leisten zu können.
Der Sudan befindet sich seit 2004 noch immer in UN-Gefangenschaft. Diese Situation muss überdacht werden. Die systematische «Inhaftierung» schränkt die Rolle des Sudan ein, hemmt seine Ambitionen und hindert ihn daran, zum Aufbau von Frieden und Demokratie auf der Grundlage nationaler Eigenverantwortung beizutragen.
Deshalb fordere ich Ihren Rat auf, den nationalen Plan zum Schutz der Zivilbevölkerung zu unterstützen, den wir Ihnen vorlegen werden. Dieser Plan ist ein nationaler Wegweiser, um den Krieg zu beenden.
Die RSF als terroristische Gruppe einstufen
Das Volk des Sudan erhofft sich vom Rat eine positive Dynamik und fordert Geschlossenheit im Kampf gegen den Terrorismus, die Söldner und Milizen, die den Sudan seit 18 Monaten systematisch zerstören. Diese Gruppen zu billigen, nachdem sie im Sudan so viel Blutvergiessen angerichtet haben, bedeutet eine klare Komplizenschaft mit ihnen.
Wir haben gefordert, die Milizen für ihre Gräueltaten zu verurteilen und sie als terroristische Organisationen einzustufen. Das wurde jedoch abgelehnt, was für die Milizen ein klarer Freibrief ist, die Gräueltaten weiterhin zu begehen.
Ablehnung einer internationalen Intervention
Wir wenden uns gegen jede internationale oder UN-Intervention oder Einmischung unter dem Vorwand, Frieden zu schaffen, indem man sich auf überholte Modelle stützt, die auf harte Macht setzen. Wir können dazu beitragen, einen Plan für einen dauerhaften Frieden und den Schutz der Zivilbevölkerung auszuarbeiten, der sich auf sanfte Macht und den Willen des Volkes stützt.
Der Sudan befindet sich in einem existenziellen Kampf mit begrenzten Wahlmöglichkeiten. Entweder bleibt der Sudan frei, unabhängig und vereint, oder er verschwindet. Die Tätigkeit der UNITAMS als politische Mission endete mit dem Ausbruch des Krieges und der Verschärfung des Konflikts, zu dessen Lösung sie eingerichtet worden war. Das war die Folge des komplizierten Übergangs, den man sich als reibungslosen Ablauf vorgestellt hatte.
Deshalb glauben wir an nationale Eigenverantwortung. Die Menschen müssen sich an der Schaffung von Frieden beteiligen können, damit der Frieden sich festigt. Die Friedensbildung kann nicht von oben kommen. Sie kann sich nicht auf eine Formel stützen, die von oben auferlegt oder von Spendern aufgezwungen wird, damit diese den Sudan nach ihren Vorlieben umgestalten und sogar entscheiden können, wer den Sudan regieren soll.
Der Sudan wird sich gegen die ausländischen Interventionen wehren, die darauf abzielen, den Sudan zu zersplittern und die Milizen und Söldner zu stärken, damit die sudanesische Armee nicht in der Lage ist, die Einheit und territoriale Integrität des Sudan zu wahren und die Söldner zurückzuschlagen.
Betonung der sudanesischen Souveränität
Im Internet kursieren Videos, welche die teuflischen Aktivitäten der Söldner enthüllen. Sie haben Spass daran, im Sudan einen schrittweisen, vorsätzlichen Völkermord zu begehen, um den internationalen Akteuren zu dienen, die diese Söldner finanzieren.
In diesem Kontext verhängen die internationalen Akteure ein Waffenembargo, um die Kapazitäten der Armee zu zerstören, während gleichzeitig gewisse Mitglieder des Rates [Frankreich] den Milizen Waffen zur Verfügung stellen, wie aus einem kürzlich erschienenen Bericht von Amnesty International hervorgeht.
Die Charta der Vereinten Nationen gewährleistet die Souveränität der Staaten, die souveränen Rechte der Staaten und die souveräne Gleichheit der Staaten. Sie garantiert die Rechtspersönlichkeit der Staaten und ihre territoriale Integrität.
Gewisse Parteien verstossen gegen all diese Grundsätze, was im Widerspruch steht zu den kosmetischen Paragraphen über die Souveränität, die in den Präambeln der Sicherheitsratsresolutionen zu finden sind.
Aufruf zum Handeln
Wir fordern vom Sicherheitsrat, dass er sich an die Seite des sudanesischen Staates stellt und die von den Vereinigten Arabischen Emiraten gesponserte Aggression im Sudan unterbindet.
Wir ersuchen den Rat, sich von den diplomatischen Bemühungen bestimmter Akteure zu distanzieren, die auf eine Beilegung des Konflikts drängen, um ihre eigenen Interessen zu bedienen, die weder mit Frieden noch mit der Beendigung des Krieges etwas zu tun haben.
Der Rat muss verhindern, dass die Vereinigten Arabischen Emirate und ihre regionalen Verbündeten Waffen an neue Generationen von Milizen liefern. Der Rat muss bewaffnete und terroristische Banden aus der Sahelzone und den angrenzenden Ländern verurteilen.
Sie verletzen die Charta. Sie begehen Gräueltaten. Sie vertreiben die Bevölkerung und holen Menschen von anderen Ländern, um die Häuser der sudanesischen Bevölkerung zu besetzen. Sie verwenden sogar künstliche Intelligenz, um die territoriale Integrität des Sudan zu verletzen.
Der Generalsekretär betonte in seinem Kurzbericht über die neue Friedensagenda die Notwendigkeit, die Charta zu verteidigen, zumal die Konflikte und der Terrorismus zunehmen. Er rief zur Nichteinmischung auf. Er rief dazu auf, regionale Initiativen zur Konfliktbeilegung zu ergreifen. Er appellierte an die Staaten, von halbhegemonialen Ambitionen gegenüber Nachbarländern Abstand zu nehmen. Er forderte präventive Diplomatie und thematisierte die zunehmende Rolle von bewaffneten Gruppen innerhalb von Staaten. Er verwies auch auf den Anstieg des Terrorismus in Afrika.
Ich danke dem Rat. Ich danke allen, die mit dem Sudan zusammengearbeitet haben, um Frieden zu schaffen. Wir sind bereit, mit ihnen zusammenzuarbeiten, um:
- den Krieg zu beenden
- die Milizen zu verurteilen und sie als terroristische Milizen einzustufen
- den Fluss von Waffen über die Grenzen zu stoppen
- die Souveränität des Sudan durch die Umsetzung eines Friedensplans zum Schutz der Zivilbevölkerung zu respektieren.
Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin.
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Quelle: Sudan in the News. Übersetzt mit Hilfe von DeepL.