
Netanjahu sagt, es sei antisemitisch, wenn israelische Soldaten ihre Gräueltaten schildern
Je deutlicher die Kriminalität Israels ans Licht kommt, desto absurder werden die Argumente zu ihrer Verteidigung.
von CAITLIN JOHNSTONE, 28. Juni 2025
Manchmal schreibe ich eine Überschrift, die auf den ersten Blick seltsam aussieht. Aber die dazu dargelegten Fakten und Argumente ermöglichen am Ende dem Leser des Textes, die Plausibilität der Behauptung zu verstehen. Das hier ist keiner dieser Fälle.
Mit dieser Schlagzeile sage ich einfach, was geschehen ist. Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Israel Katz verurteilen öffentlich einen Bericht einer israelischen Zeitung, in dem israelische Soldaten zitiert werden, die Gräueltaten schildern, die sie im israelischen Militär begehen mussten. Der Premier und sein Minister werfen dem Medium die Ausbreitung von «Blutverleumdungen» vor.
Die israelische Zeitung Haaretz veröffentlichte einen Artikel mit dem Titel «‹Es ist ein Schlachtfeld›: IDF-Soldaten erhalten den Befehl, gezielt auf unbewaffnete Gaza-Bewohner zu schiessen, die auf humanitäre Hilfe warten». Der Untertitel lautet: «IDF-Offiziere und -Soldaten berichteten Haaretz, sie hätten den Befehl erhalten, auf unbewaffnete Menschenmengen in der Nähe von Lebensmittelverteilungsstellen in Gaza zu schiessen, selbst wenn keine Bedrohung bestand. Hunderte Palästinenser wurden getötet, was die Militärstaatsanwaltschaft dazu veranlasste, eine Untersuchung möglicher Kriegsverbrechen zu fordern.»
This a headline from Haaretz today. Israeli soldiers are deliberately and systematically massacring Palestinian civilians at aid points. pic.twitter.com/XEeMwqkxR0
— Jason Hickel (@jasonhickel) June 27, 2025
Ein israelischer Soldat bestätigt, dass Zivilisten, die Hilfe suchen, «wie eine feindliche Macht behandelt werden – keine Massnahmen zur Kontrolle der Menschenmenge, kein Tränengas – nur scharfes Feuer mit allem, was man sich vorstellen kann: schwere Maschinengewehre, Granatwerfer, Mörser».
«Wir eröffnen aus ein paar hundert Metern Entfernung das Feuer, wenn sich jemand frühmorgens anstellen will, und manchmal greifen wir sie auch aus nächster Nähe an. Dabei besteht gar keine Gefahr für die Streitkräfte», sagt der Soldat und fügt hinzu: «Mir ist kein einziger Fall von Gegenfeuer bekannt. Es gibt keinen bewaffneten Feind.»
Quellen aus der israelischen Armee berichten Haaretz, Gaza sei zu einem «Ort mit eigenen Regeln» geworden, wo man mit Zivilisten interagiere, denen man nur mit Schiessen begegnen könne. Tödliche Militärwaffen würden eingesetzt, um die hungernde Bevölkerung in die ihnen zugewiesenen Gebiete zu zwingen, wobei regelmässig verzweifelte Hilfesuchende getötet würden.
Ein anderer Soldat beschreibt, wie er angewiesen wurde, Artilleriegranaten auf eine Menschenmenge abzufeuern, um sie auf Distanz zu halten. Er sagt: «Jedes Mal, wenn wir schiessen, gibt es Verletzte und Tote, und wenn jemand fragt, weshalb dazu eine Granate nötig ist, gibt es nie eine gute Antwort. Manchmal nervt es die Kommandanten schon, wenn nur diese Frage gestellt wird.»
In unzähligen Zitaten schildern israelische Soldaten Gräueltaten, die ihnen befohlen wurden und von denen sie wussten, dass sie falsch waren. Ich schätze, Israels PR-Maschinerie hat nicht damit gerechnet, dass einige der Soldaten, die sie für den Gaza-Holocaust einsetzten, ein echtes Gewissen haben.
Blood libel is when an Israeli outlet quotes Israeli soldiers describing atrocities they were told to commit in the Israeli military. https://t.co/D2BH5SMj7J
— Caitlin Johnstone (@caitoz) June 27, 2025
In einer gemeinsamen Erklärung verurteilten Netanjahu und Katz den Bericht und warfen Haaretz vor, «Blutverleumdungen» zu veröffentlichen.
«Der Staat Israel weist die in der Zeitung Haaretz veröffentlichten verachtenswerten Blutverleumdungen entschieden zurück. Darin heisst es, dass ‹IDF-Soldaten den Befehl erhalten hätten, gezielt auf unbewaffnete Gaza-Bewohner zu schiessen, die auf humanitäre Hilfe warten›. Dabei handelt es sich um bösartige Lügen, die darauf abzielen, die IDF, die moralischste Armee der Welt, zu diffamieren», heisst es in der Erklärung.
Mit «Blutverleumdungen» ist die Art und Weise gemeint, wie die Europäer im Mittelalter Juden fälschlicherweise beschuldigten, christliche Kinder bei Blutopfern ermordet zu haben – eine frühe Form der Gräuelpropaganda, die zur Rechtfertigung der Judenverfolgung eingesetzt wurde.
Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Der israelische Regierungschef behauptet, eine israelische Zeitung, die israelische Soldaten zitiert, die ihre eigenen Gräueltaten schildern, sei antisemitisch. Und dass Berge von Zeugenaussagen aus der israelischen Armee darauf abzielen, «die israelische Armee, die moralischste Armee der Welt, zu diffamieren».
Was soll ich dazu überhaupt sagen? Es spricht für sich. Dem habe ich nichts hinzuzufügen.
Je deutlicher die Kriminalität Israels ans Licht kommt, desto absurder werden die Argumente zu ihrer Verteidigung.
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Der Kommentar ist in Caitlin Johnstones Blog am 28. Juni 2025 erschienen. Übersetzt mit Hilfe des Chromium-Moduls.