Offizielle Schweiz rehabilitiert Spanienkämpfer nach 70 Jahren
Von den ungefähr 800 Schweizern, die im Spanischen Bürgerkrieg (1936-39) auf Seiten der Republik teilnahmen, haben noch gerade deren fünf – nach 70 Jahren und zahlreichen vergeblichen Anläufen – endlich den Tag ihrer Rehabilitation durch den Nationalrat erleben können. Die offizielle Schweiz musste sich beeilen, wenn sie noch einen der tapferen Vorfahren zum Amnestieren finden wollte, die vor sieben Jahrzehnten ihren Leib und ihr junges Leben für die Freiheit eingeworfen haben.
Auf Antrag der Rechtskommission hat der Nationalrat am 1. Dezember in der Schlussabstimmung mit 130 gegen 32 Stimmen bei 13 Enthaltungen einer Initiative Rechsteiner zugestimmt, und damit die seinerzeit ergangenen Urteile gegen die Spanienkämpfer aufgehoben.
Eine finanzielle Entschädigung der Verurteilten ist nicht vorgesehen. Die Urteile seien damals rechtens gewesen, und Kritik am Verhalten der Behörden sei nicht angebracht, erklärte der Freisinnige Kurt Fluri im Namen der Mehrheit der Rechtskommission. Aber die seinerzeit von Militärgerichten gesprochenen Urteile decken sich nach Ansicht des Nationalrats nicht mehr mit dem “heutigen Rechtsempfinden”.
Gegen die Vorlage hatte sich die Fraktion der Schweizerischen Volkspartei (SVP) ausgesprochen.
Auch der Bundesrat hatte die Rehabilitierung befürwortet und festfgestellt: “Im Lichte des heutigen Geschichtsverständnisses verdient der damalige Kampf für die Demokratie Anerkennung.” Das Verbot des fremden Militärdienstes werde dadurch nicht in Frage gestellt.
An einem Treffens der Interessengemeinschaft ehemaliger Spanienkämpfer hatte die damalige Bundesrätin Dreifuss 1994 in einer öffentlichen Ansprache den damaligen Einsatz der Spanienkämpfer als mutiges, historisch notwendiges Engagement für die Demokratie in der spanischen Republik und gegen die faschistische Diktatur gewürdigt. Die Geschichte habe den Spanienkämpfern Recht gegeben. Sie seien heute politisch und moralisch vollständig rehabilitiert. In Beantwortung einer Einfachen Anfrage Grobet hatte sich der Bundesrat 1996 der Stellungnahme Dreifuss angeschlossen und allen seinen Dank und Anerkennung ausgesprochen, die sich während des zweiten Weltkrieges gegen den Nationalsozialismus zur Wehr gesetzt, einschliesslich jene Schweizerinnen und Schweizer, die in Spanien gegen die faschistischen Kräfte gekämpft haben. (06.12.08)
Zur Figur des “heutigen Rechtsempfindens”
Kommentar: Die Marxisten wären die allerletzten, denen es einfiele zu behaupten, dass die Rechts- und Moralauffassungen ewig und unverrückbar seien. Allerdings ist der nationalrätliche Rückgriff auf die Figur des “heutigen Rechtsempfindens” geeignet, vergessen zu lassen, dass das Rechtsgefühl der Arbeiterklasse nicht einer siebzigjährigen Höherentwicklung bedurfte, um zu merken, was sie von der Verfolgung der Spanienkämpfer halten sollte. Die Arbeiter wussten gut, was sie an diesen mutigen Antifaschisten hatten. Was die Bourgeoisie angeht, so erschöpft sich die angebliche rechtstheoretische Neuerung in der Praxis oftmals darin, dass sich das “heutige” Rechtsempfinden auf die Verfolgung von heutigen Antifaschisten konzentriert. (mh/10.12.08)
Lieder aus dem Spanischen Bürgerkrieg
- Die Thälmann-Kolonne (Spaniens Himmel breitet seine Sterne)
- Los cuatro Generales
- Lied der internationalen Brigaden (Wir, im fernen Vaterland geboren)
- Ballade der XI. Brigade (In Spanien stands um unsre Sache schlecht)
- Das Bataillon Edgar André (Die Freiheit ist unser Gefährte)
- Halt stand, rotes Madrid