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Französische EU-Präsidentschaft bringt neue Gefahren: Das Programm der französischen Präsidentschaft der EU für das zweite Halbjahr 2008 wurde dem Europäischen Parlament in Strassburg vorgestellt. Neben der Vertiefung der neoliberalen, zentralistischen und militaristischen Politik der EU beharrt diese Präsidentschaft auch darauf, den Entwurf des Lissabon-Vertrags durchzuwängen, der bereits klar vom irischen Volk verworfen worden ist.

Wir dokumentieren hiernach die:

Pressenote der Vertreter der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) im EU-Parlament

10. Juli 2008

Französische EU-Präsidentschaft – Neue Gefahren

Noch ein antidemokratisches Manöver

Sarkozy präsentierte heute vor dem Europäischen Parlament das Programm der französischen Präsidentschaft des Rats der Europäischen Union (EU) für die nächsten 6 Monate.

Zuoberst auf seiner Prioritätenliste kommt der Versuch zum Vorschein, den sogenannten Vertrag von Lissabon durchzusetzen. In Missachtung der Willensäusserung des irischen Volkes, das dieses Vertragsangebot zurückgewiesen hat, und um das zu überwinden, was Einige als “Problem” auffassen, vervielfältigen sie die Formen des Zwangs auf das Volk von Irland zur Abhaltung eines neuen Referendums, und zwar noch vor den Wahlen von 2009 zum Europäischen Parlament.

Die Vertreter der PCP im EU-Parlament verurteilen auch dieses antidemokratische Manöver der EU, die von neuem versucht, den Lohnabhängigen und den Völkern einen – neoliberalen, zentralistischen und militaristischen – Vertrag aufzuerlegen, der schon vom französischen, holländischen und irischen Volk abgelehnt worden ist.

Der Beschluss des EU-Rats vom 19. und 20. Juni, nicht unverzüglich einzuhalten und das Verfahren zur Ratifizierung dieses Vertragsentwurf sofort zu beenden, stellt einen unannehmbaren Angriff auf die Demokratie dar. Dieser Entscheid ist ist umso weniger zu akzeptieren, wenn man den ganzen Druck auf das irische Volk berücksichtigt, und weil allgemein bekannt ist, dass die Ablehnung einer Vertragsofferte durch ein Land das Ende eines Entwurfs bedeutet.

Nach Deutschland ist es nun Frankreich, das den Impuls für die Umgestaltung der EU in einen politisch-ökonomisch-militärischen Block gibt, um die Mechanismen der imperialistischen Intervention in enger Zusammenarbeit mit den USA und der NATO zu verstärken.

Vertiefung der neoliberalen, zentralistischen und militaristischen Politik

Neben dem antidemokratischen Versuch zur Neuauflegung des gescheiterten Vertragsentwurfs, beharrt die französische Präsidentschaft auch auf genau denselben Politiken, die ihren Niederschlag in diesem Entwurf fanden und die seiner Zurückweisung durch die Völker von Frankreich, der Niederlande und Irlands zugrunde lagen, namentlich auf folgenden Politiken:

  • Verstärkung der “Strategie von Lissabon”, welche die Liberalisierung der Weltmärkte, die Öffnung der Länder für das Kapital und die Herrschaft der EU-Grosskonzerne, die Privatisierung der öffentlichen Dienste, die wachsende Deregulierung der Arbeitsverhältnisse fördert, mit dem Abschluss des Revisionsverfahrens zu einer Arbeitszeit-Richtlinie, die erlauben soll, dass Arbeitnehmer im Durchschnitt 65 Wochenstunden arbeiten, während gleichzeitig das Flexicurity-Konzept vorangetrieben wird, um Anreize zu Entlassungen zu schaffen, und um die kollektive Vertragsaushandlung und die gewerkschaftliche Aktion zu schwächen;
  • Förderung der Liberalisierung und Privatisierung des Energiesektors auf Ebene der EU, wobei die Schaffung eines “einheitlichen Energieraums” vorgesehen ist, der die schadlose Versorgung der Grossmächte sicherstellt, und ihren wachsenden Bedürfnissen und ihrer zum gleichen Zweck jedesmal aggressiveren Aussenpolitik entspricht. Gleichzeitig wird versucht, Zielvorgaben für alle Länder festzulegen, gleichgültig die Voraussetzungen zur Erreichung der Ziele in diesen Ländern gegeben sind oder nicht, um diese Vorgaben im Nachhinein in den internationalen Verhandlungen zu benutzen, die gerade forciert werden, um das wirtschaftliche Wachstum der sogenannten Schwellenländer an Bedingungen zu knüpfen.
  • Was die Landwirtschaft und die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) angeht, ist kein Schimmer von Massnahmen zu erkennen, um der Teuerung und Verknappung der Lebensmittel entgegen zu wirken. Ebenso fehlen Massnahmen gegen die Betriebsaufgabe von vielen Tausenden von kleinen und mittleren Bauern und gegen die aus GAP-Reformen und Verhandlungen zur Liberalisierung des Welthandels fliessenden Probleme der Ernährungssicherheit; es wird an der gleichen Politik der Begünstigung der Agro-Industrie, der grossen Grundbesitzer, festgehalten, die eine zunehmend intensivierte und in bestimmten Regionen konzentrierte Landwirtschaft fördert, und damit eine souveräne und an die Interessen des jeweiligen Landes gebundene Agrarpolitik verhindert;
  • Vorantreiben des “Einwanderungspakts”, der die unmenschliche und ausbeuterische Immigrationspolitik der EU bestätigt, die sich durch Überwachung, Selektion, Repression und Kriminalisierung der Immigranten auszeichnet, eine gemeinschaftliche Politik, welche die die Eingewanderten unterdrückt und ausweist oder ausbeutet und wegwirft, eine Vision Europas als “Festung”; Förderung einer Politik, die im Gegensatz zur dem, was sie zu verteidigen beteuert, die Lage der Immigranten gegenüber den Netzen der Mafia und des Menschenhandels noch weiter schwächt;
  • 10 Jahre nach dem französisch-britischen Gipfel von Saint Malo, wo man der Militarisierung Europas Impulse gab, versucht die französische Präsidentschaft, auf einem gefährlichen Weg voranzuschreiten und die “Europäische Sicherheitsstrategie” von 2003 entsprechend einer vermehrt interventionistischen Politik zu revidieren, um die Interessen der EU-Grossmächte und ihrer Verbündeten auf der Welt sicherzustellen; es ist vorgesehen, dass die EU ihre militärische “Interventionsfähigkeit” operationell macht und ihre Zusammenarbeit mit der NATO noch weiter “anreichert”, indem sie sich mit mehr Mitteln ausrüstet, wozu eine verstärkte Rolle der Europäischen Verteidigungsagentur und Anreize zur Förderung von Forschung und Entwicklung der EU-Waffenindustrie vorgesehen sind.

Aussen vor bleiben Politiken und Massnahmen, die eine Antwort auf die immer grössere Zahl von Arbeitslosen, auf die ständige Erhöhung der Kosten für die Lebenshaltung, auf die wachsende Zahl der Auslagerungen und Betriebsschliessungen, auf die Aufgabe der Produktion in Landwirtschaft und Fischerei, auf die Verschlechterung der Lebenslage von vielen Millionen Menschen, die Opfer der Ausbeutungspolitik der EU sind.

Die Abgeordneten der Portugiesischen KP im EU-Parlament werden ihre Interventionen fortsetzen, um diese Politiken zu verurteilen und zu bekämpfen und um Vorschläge vorzulegen, welche die Schaffung der politischen Alternative ermöglichen, die die Interessen und Erwartungen der Werktätigen und des portugiesischen Volkes vertritt und den Weg frei macht für ein souveränes Portugal in einem Europa der Zusammenarbeit und des Friedens.

(Aus dem Portugiesischen übersetzt von mh/lih)

Présidence Française du 1er juillet au 31 décembre 2008 - Programme de Travail

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