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GEMEINSAME ERKLÄRUNG der KOMMUNISTISCHEN PARTEI (SCHWEIZ) und der ITALIENISCHEN KOMMUNISTISCHEN PARTEI

Friede und Multipolarität: für eine neue internationalistische Zusammenarbeit

4. Dezember 2016

Die Auflösung des sozialistischen Lagers in Osteuropa und die daraus folgende Beendigung der Teilung der Welt in zwei entgegengesetzte Blöcke hat keineswegs zum angekündigten “Ende der Geschichte” geführt. Der Klassenkonflikt wirkt weiterhin auf mehreren Ebenen: abgesehen von der (noch oft unterschätzten) Ebene der Geschlechter, entwickelt er sich auch innerhalb des nationalen Staates durch den Widerspruch Kapital-Arbeit, wie auch auf internationaler Ebene. Und es ist gerade dieser letztere Aspekt, der in der gegebenen historischen Phase zur Hauptsache geworden ist und in dessen Mittelpunkt wir den Zusammenstoss von Ländern des imperialistischen Zentrums mit Ländern der Peripherie sehen. Auf diesem Gebiet müssen sich es die Kommunisten besonders verstehen, sich kenntlich von anderen zu unterscheiden.

Die internationale Lage erfährt in der Tat eine epochale Umgestaltung: mit der Tendenz der Verlagerung von Prozessen der Kapitalakkumulation vom westlichen Epizentrum in Richtung der BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika) und anderer Schwellenländer, ebenso mit der schrittweisen geopolitischen Annäherung dieser Länder, werden die Fähigkeiten auf Seiten des imperialistischen atlantischen Pols zur Absicherung der eigenen hegemonialen Stellung im Weltmassstab zurückgestutzt.

Die meistenteils gewaltsamen Antworten seitens der Vereinigten Staaten und ihrer Verbündeten der Europäischen Union auf Tendenzen zum Übergang in Richtung Multipolarismus äussern sich durch den Wirtschaftskrieg gegen die BRICS (wovon die Handelssanktionen gegen Russland ein klares Beispiel abgeben) und die Aufeinanderfolge von Kriegen und Destabilisierungs-Operationen gegen souveräne und fortschrittliche Regierungen sowohl im Mittleren Osten wie in Lateinamerika.

Solche globalen Verschiebungen haben zur Folge, den Klassenkampf innerhalb des europäischen Kontinents zusätzlich zu verschärfen. Dieser wird vom spezifischen institutionellen Apparat der EU geführt, der von transnationalen wirtschaftlichen Interessen bestimmt ist und oligarchische Formen vorschreibt, welche die Demokratie einschränken und die soziale Kontrolle und Repression gegenüber den Volksschichten erhöhen. All dies ist lässt sich in der Beschleunigung des Vorgangs der Konzentration des Reichtums nach oben und der zunehmenden Verarmung gegen unten feststellen, die nochmals verschlimmert wird durch den Massencharakter der Migrationsbewegungen, welche vom Patronat und der Bourgeoisie zur klasseneigenen Zwecken ausgenützt werden, indem sie einen “Krieg unter den Armen” innerhalb derselben niedergehaltenen Klassen nähren.

Indem sich das Kapital mit einer eigenen supranationalen Koordination dotiert, hat es die Rolle der Nationalstaaten an den Rand gedrängt, mit dem Zweck, sich die Instanzen der Arbeit wieder zu unterwerfen, die gerade innerhalb der Parameter der Nationen ein Maximum eigener Kraftentfaltung erreicht hatten. Instanzen der Arbeit, die sich vorderhand nicht fähig erwiesen haben, einen gemeinsamen supranationalen Kampf zu führen.

Angesichts eines internationalen Szenarios mit zunehmenden Konfliktsituationen, kommt dem friedlichen Übergang zu einer multipolaren Weltordnung heute für uns Kommunisten ein prioritärer Charakter zu. In diesem Sinne erachten wir den Kampf gegen die NATO für zentral, in jedem Land nach seinen Modalitäten: Italien mit dem Ziel, daraus auszutreten, die Schweiz mit dem Ziel, die Zusammenarbeit abzubrechen.

Angesichts der Tragödie der Migration halten wir es für angebracht, den blossen Pietismus und einen banal humanitären und wohltätigen Ansatz zu überwinden, mit dem ein Teil der Linken erfolglos an das Phänomen herangeht, und als Alternative dazu eine feste Klassenanalyse zu konsolidieren, welche ihre Stütze in der anti-imperialistischen Praxis und in der kommerziellen und produktiven Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern sucht.

In überzeugter Gegnerschaft gegenüber der EU, antworten wir mit einer Annäherung der Völker und der nationalen Volkswirtschaften auf der Grundlage der Prinzipen der Souveränität, Unabhängigkeit, Gegenseitigkeit, Nicht-Paktgebundenheit und Vielseitigkeit der Beziehungen unter souveränen Ländern.

Ebenso wichtig erachten wir eine Annäherung unter den Parteien und fortschrittlichen Organisationen, abseits von Formalismen und Liturgien, welche anstatt Einigkeit noch heute Unverständnis zwischen den Organisationen schaffen, welche sich bei ihrer Arbeit auf nationaler Ebene in dieser oder anderer Weise auf den wissenschaftlichen Sozialismus stützen, und eine Koordination auf supranationaler Ebene auf Grundlage der oben dargelegten Prinzipien bilden könnten.

  • Kommunistische Partei, Schweiz: Alessandro LUCCHINI, Leiter des Abteilung Internationale Kooperation
  • Italienische Kommunistische Partei (PCI): Fosco GIANNINI, Leiter der Internationalen Abteilung

Original (italienisch): Pace e multipolarismo: per una nuova cooperazione internazionalista (4 di dicembre 2016) | Übersetzung: kommunisten.ch (07.12.2016)


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