Treffen zwischen Antony Blinken (links) und Muhammad Yunus (rechts)
Durchgesickerte Dokumente enthüllen geheimes Komplott der US-Regierung zur «Destabilisierung der Politik Bangladeschs»
Aus durchgesickerten Dokumenten geht hervor, dass das von der US-Regierung finanzierte International Republican Institute vor dem Sturz der Premierministerin von Bangladesch, Sheikh Hasina, eine Armee von Aktivisten ausbildete, darunter Rapper und «LGBTQI-Personen», und sogar «Transgender-Tanzaufführungen» veranstaltete, um eine nationale «Machtverschiebung» zu bewirken. Mitarbeiter des Instituts sagten, die Aktivisten würden «mit dem IRI zusammenarbeiten, um die Politik Bangladeschs zu destabilisieren».
von KIT KLARENBERG und WYATT REED, 30. September 2024
Am 5. August wurde die gewählte Premierministerin von Bangladesch, Sheikh Hasina, nach Monaten gewalttätiger Strassenproteste gestürzt. Als das Militär die Macht übernahm und ankündigte, dass es eine sogenannte «Übergangsregierung» einsetzen werde, zeigten Videoaufnahmen, wie Hasina in einem Hubschrauber nach Indien floh. Während riesige Scharen von protestierenden Studenten den Präsidentenpalast stürmten, bejubelten westliche Medien und viele ihrer linksgerichteten Konsumenten den Aufstand, den sie als einen entscheidenden Sieg über den Faschismus und als die Wiederherstellung der Demokratie darstellten.
Hasinas Nachfolger, Muhammad Yunus – ein langjähriger Stipendiat der Clinton Global Initiative – erhielt den Nobelpreis für seine Pionierarbeit im Bereich der fragwürdigen Praxis der Mikrokredite. Während Yunus die «sorgfältig geplante» Protestbewegung lobte, die ihn an die Macht gebracht hatte, warf Hasina Washington vor, auf ihre Entmachtung hingearbeitet zu haben, weil sie die Errichtung einer US-Militärbasis auf dem Territorium von Bangladesch abgelehnt habe. Das US-Aussenministerium wies die Vorwürfe, die USA hätten sich eingemischt, als «lächerlich» zurück. Der Sprecher Vedant Patel erklärte gegenüber Reportern, dass «jede Andeutung, die Vereinigten Staaten seien an Sheikh Hasinas Rücktritt beteiligt gewesen, absolut falsch ist».
Doch jetzt bestätigen durchgesickerte Dokumente, die von The Grayzone geprüft wurden, dass das US-Aussenministerium darüber informiert war, dass das International Republican Institute (IRI) eine explizit erklärte Mission zur «Destabilisierung der Politik Bangladeschs» verfolgte. Die Dokumente sind als «vertraulich und/oder privilegiert» gekennzeichnet.
Das IRI ist eine von der Republikanischen Partei geführte Tochtergesellschaft des National Endowment for Democracy (NED), das seit seiner Gründung im Büro des CIA-Direktors William Casey vor über vierzig Jahren zahlreiche Regimewechsel-Operationen auf der ganzen Welt vorangetrieben hat.
Die kürzlich aufgedeckten Dokumente zeigen, wie das IRI im Vorfeld von Hasinas Sturz Millionen ausgab, um heimlich Oppositionsparteien zu coachen und ein Regimewechsel-Netzwerk aufzubauen, das sich auf die städtische Jugend des Landes konzentrierte. Zu den Frontkämpfern des von der GOP geführten Instituts gehörten Rapper, führende Aktivisten ethnischer Minderheiten und LGBT-Aktivisten, die in der Anwesenheit von Beamten der US-Botschaft «Transgender-Tanzaufführungen» veranstalteten. Sie wurden alle darauf vorbereitet, in Bangladesch eine «Machtverschiebung» zu ermöglichen, wie es die US-Geheimdienstbranche nannte.
Das IRI vermittelt Jugendlichen in Bangladesch «das Wissen und die Fähigkeiten, um online … Instrumente für den Wandel einzusetzen»
Die Ursprünge der Proteste, die Hasina zu Fall brachten, lassen sich bis ins Jahr 2018 zurückverfolgen. In jenem Sommer gingen Tausende junger Menschen in Dhaka auf die Strasse, um mehr Sicherheit auf den Strassen und strengere Verkehrsgesetze zu fordern, nachdem ein Busfahrer ohne Führerschein zwei Schüler getötet hatte. Die Demonstrationen wuchsen trotz schwerer Repressionen und veranlassten schliesslich die Hasina-Regierung, strengere Gesetze gegen fahrlässiges Fahren einzuführen.
Seit ihrem Sieg haben zahlreiche bangladeschische Studenten ihre Protesttaktik verfeinert und legen als Reaktion auf manchmal scheinbar triviale Missstände Durchgangsorte lahm. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Repression veranstaltete die oppositionelle Bangladesh Nationalist Party (BNP) eine eskalierende Reihe von Strassenprotesten, die oft in Krawalle ausarteten. Der schwelende Krieg zwischen den protestierenden Studenten und Hasinas Regierung erreichte am 4. August einen Siedepunkt, als das Militär einschritt und die Macht ergriff.
Nach dem Staatsstreich haben Experten auf die Rolle der sozialen Medien hingewiesen, die eine regierungsfeindliche Stimmung schürten und in den Strassen von Dhaka Chaos stifteten. Nicht von ungefähr betonen die kürzlich durchgesickerten IRI-Dokumente die Bedeutung von Online-Schulungen und der Disziplinierung von Botschaften, um einen politischen Wandel zu bewirken.
Das IRI strebt nach einer «Machtverschiebung» in Bangladesch
Das IRI ist seit 2003 in Dhaka tätig, angeblich, um «politische Parteien, Regierungsbeamte, die Zivilgesellschaft und Randgruppen bei ihrem Kampf für mehr Rechte und Vertretung zu unterstützen».
In Wirklichkeit hat das IRI, wie aus den Dokumenten eindeutig hervorgeht, eine weitreichende politische Schattenstruktur finanziert und ausgebildet, die aus Nichtregierungsorganisationen (NRO), Aktivistengruppen, Politikern und sogar Musikern und bildenden Künstlern besteht und die eingesetzt werden kann, um Aufstände zu schüren, wenn sich die Regierung Bangladeschs nicht wie gewünscht verhält.
Die Studentenproteste von 2018 und der überwältigende Wahlsieg von Hasinas Awami-Liga im Dezember desselben Jahres scheinen das IRI darin bestärkt zu haben, einen Regimewechsel anzustreben. Im Jahr 2019 begann das Institut, Untersuchungen durchzuführen, um eine «grundlegende Einschätzung» des Landes vorzunehmen, die aus «48 Gruppeninterviews und 13 Einzelinterviews mit 304 Schlüsselinformanten» bestand. Schliesslich «identifizierten IRI-Mitarbeiter … über 170 demokratische Aktivisten, die mit dem IRI zusammenarbeiten würden, um Bangladeschs Politik zu destabilisieren», heisst es in einem Bericht des IRI, der dem US-Aussenministerium vorgelegt wurde.
Aus dem Bericht, der die Aktivitäten des IRI in dem Land zwischen März 2019 und Dezember 2020 dokumentiert, geht hervor, dass die Regimewechsel-Kampagne der US-Regierung nach Hasinas «einseitigem Sieg» erheblich ausgeweitet wurde. Ihre Regierung habe sich «verschanzt» und ihre «politische Position» habe sich «verfestigt», hiess es.
Unterdessen kam das IRI zum Schluss, dass es der BNP-Opposition «nicht gelungen ist, ihre Anhänger erfolgreich zu mobilisieren». Die Versuche der Partei, «Strassenbewegungen zu entfachen», seien gescheitert, und sie bleibe «marginal», so dass die «Macht der Awami-Liga … unvermindert» sei. Nichtsdestotrotz hält das IRI die BNP immer noch für «die Partei, die am ehesten in der Lage ist, in der Zukunft einen Machtwechsel herbeizuführen».
Die Idee, dass der politische Wandel über die Wahlurnen erzielt werden könnte, schien jedoch nicht zur Debatte zu stehen. Da die BNP offenbar zu «gewalttätig, isoliert, starr und hierarchisch» war, um eine Wahl zu gewinnen, schlug das IRI stattdessen ein «breit angelegtes soziales Ermächtigungsprojekt vor, das bürgernahe, lokale und nichttraditionelle Foren für politisches Mitwirken fördert und erweitert». Mit anderen Worten: Strassenmobilisierungen.
Die Faszination des IRI für Strassenproteste und Online-Kommunikation kommt in einem separaten internen Bericht mit dem Titel «Social Media, Protest, and Reform in Bangladesh’s Digital Era» (Soziale Medien, Protest und Reformen in Bangladeschs digitalem Zeitalter) zum Ausdruck, in dem erklärt wird, dass bangladeschische Studenten «wieder einmal die lebhaftesten Protestbewegungen des Landes angeführt haben, und zwar mit Hilfe eines Instruments, das ihren Vorgängern nicht zur Verfügung stand: dem Internet».
«Das IRI beabsichtigt, seine Arbeit mit College-Studenten im ganzen Land auszuweiten», heisst es in dem Bericht.
In dem Dokument wird erläutert, dass die Demonstranten in Bangladesch die sozialen Medien erfolgreich genutzt haben, um Videos und «kurze Dokumentationen» ihrer Aktionen zu verbreiten und die lokalen und internationalen Medien dazu zu bringen, über den Aufruhr zu berichten. So wurden zum Beispiel über Facebook gestreamte Live-Videos von der Auflösung der Proteste durch die Polizei «viral und trugen dazu bei, die Proteste im ganzen Land bekannt zu machen».
Einer der wirkungsvollsten viralen Momente war eine Protesthymne von Kureghor, die das IRI als «die grösste internetbasierte Musikband Bangladeschs» bezeichnete. Die IRI-Mitarbeiter wiesen darauf hin, dass sie aktiv daran arbeiteten, «sicherzustellen, dass die jungen Menschen in Bangladesch über das nötige Wissen und die Fähigkeiten verfügen, um mit Online- und Offline-Werkzeugen Veränderungen herbeizuführen», was es ihnen ermöglichte, «Zugeständnisse» von gewählten Vertretern zu erwirken.
«Das Ziel der IRI-Jugendprogramme ist es, sicherzustellen, dass die jungen Menschen in Bangladesch über das nötige Wissen und die Fähigkeiten verfügen, um mit Online- und Offline-Werkzeugen Veränderungen herbeizuführen», heisst es in einem internen IRI-Dokument, das diese Grafik enthält.
«LGBTI-Menschen» als US-Schocktruppen für den Regimewechsel
Das IRI unterstützte auch eine Reihe von «sozial bewussten Künstlern», die es als «unzureichend genutzte Akteure» für die Zwecke des Regimewechsels bezeichnete. «Während traditionelle [zivilgesellschaftliche Organisationen] ständigem Druck ausgesetzt sind, sind einzelne Künstler und Aktivisten schwerer zu unterdrücken und können mit ihren demokratischen und reformatorischen Botschaften oft ein grösseres Publikum erreichen», so das Institut.
Aber Washingtons Propagandabemühungen wurden nicht nur einzelnen Künstlern überlassen. Das IRI schrieb auch, dass es drei «marginalisierte Gemeinschaften» identifiziert habe, die als Stosstrupps für Keilthemen dienen sollten – «Biharis, ethnische Gruppen aus dem Flachland und LGBTI-Menschen».
Insgesamt vergab das IRI zwischen 2019 und 2020 «11 Fördermittel an Künstler, Musiker, Interpreten oder Organisationen, die 225 Kunstprodukte zu politischen und sozialen Themen schufen», welche nach eigenen Angaben «fast 400 000 Mal angeschaut» wurden. Darüber hinaus prahlte das Institut damit, dass es «drei zivilgesellschaftliche Organisationen (CSO) aus LGBTI-, Bihari- und ethnischen Gemeinschaften unterstützt hat, um 77 Aktivisten zu schulen und 326 Bürgerinnen und Bürger zu engagieren, die 43 spezifische politische Forderungen entwickelt haben», welche offenbar «65 Regierungsbeamten vorgelegt wurden».
Zwischen Oktober und Dezember 2020 veranstaltete das IRI landesweit drei separate «Transgender-Tanzveranstaltungen». Laut dem Bericht «war das Ziel der Aufführung, das Selbstwertgefühl der Transgendergemeinschaft zu stärken und das Bewusstsein für Transgenderfragen in der lokalen Gemeinschaft und bei Regierungsbeamten zu schärfen». Zur letzten Aufführung in der Innenstadt von Dhaka schickte die US-Botschaft ihren «stellvertretenden Generalkonsul und den stellvertretenden Direktor des Büros für Demokratie, Rechte und Regierungsführung», um daran teilzunehmen.
Schliesslich führte das IRI auch «gemeinschaftsspezifische quantitative und qualitative Untersuchungen» durch, zu denen «drei Berichte über Fokusgruppen» und «die grösste veröffentlichte Umfrage unter LGBTI-Personen in Bangladesch» gehörten.
Zusammengefasst: «Das Programm des IRI hat das öffentliche Bewusstsein für soziale und politische Themen in Bangladesch geschärft und die Bevölkerung dabei unterstützt, den Status quo in Frage zu stellen, was letztlich auf eine Machtverschiebung [sic] innerhalb Bangladeschs abzielt.»
In den USA lehnen es Politiker der Republikanischen Partei seit jeher ab, dass die Regierung bildende Künstler, Transgender-Tänzer und Rapper unterstützt. Doch als sich die Gelegenheit bot, eine US-freundlichere Regierung zu installieren, verwandelte das GOP-interne Regimewechsel-Organ seine innenpolitischen Kulturfeinde eifrig in politische Fusssoldaten.
Rapper aus Bangladesch auf der Gehaltsliste des US-Geheimdienstes
Im Juli dieses Jahres feierten die bangladeschischen Medien einen Rechtsanwalt und Bangla-Rapper namens Towfique Ahmed als einflussreiche Figur und Stimme der Protestbewegung gegen Hasina und rühmten sein Angebot, den verhafteten Demonstranten kostenlosen Rechtsbeistand zu gewähren.
Aus IRI-Dokumenten geht hervor, dass Ahmeds Musik direkt von der US-Regierung subventioniert wurde. Den Dokumenten des Instituts zufolge veröffentlichte Ahmed im Jahr 2020 «im Rahmen des IRI-Programms für kleine Zuschüsse das erste von zwei Musikvideos mit dem Titel ‹Tui Parish› (You Can Do It)».
Das Lied richtete sich ausdrücklich an «die Jugend, mit der Botschaft, in schwierigen Zeiten standhaft zu bleiben», und ermutigte «diejenigen, die sich auf jede erdenkliche Weise für die Stärkung der Demokratie in Bangladesch einsetzen, auch durch Proteste und Strassenbewegungen». Der Text seines zweiten, vom IRI finanzierten Musikvideos behandelte «eine Reihe sozialer Themen in Bangladesch, darunter Vergewaltigung, Armut und Arbeiterrechte». Es war ausdrücklich dazu gedacht, «soziale Probleme in Bangladesch aufzuzeigen und Enttäuschung und sogar Ablehnung gegenüber [der] Regierung zu erzeugen, um soziale und politische Reformen zu fordern».
«Im Scharlach des Blutes liegt Kraft», verkünden bangladeschische Rapper in einem von der US-Regierung geförderten Hip-Hop-Song.
Das IRI war besonders stolz auf den Umstand, dass sein «Kunstprogramm in Bangladesch … zur amerikanischen Kulturdiplomatie in Bangladesch beigetragen hat». Durch die Finanzierung lokaler Hip-Hop-Künstler «förderte das IRI eine einzigartige amerikanische Kunstform», so die Gruppe. Die USA können auf eine lange Geschichte der Instrumentalisierung von Musik für Soft-Power-Zwecke zurückblicken, die von der Kooptation des Jazz durch die CIA in den 1950er Jahren bis zum Einsatz antikommunistischer Rapper durch USAID als Agenten gegen die heutige kubanische Regierung reicht.
In einer der im Fernsehen ausgestrahlten Kultursendungen des IRI stellte der Moderator «das Musikvideo des Rappers Towfique Ahmed vor, wobei er schilderte, wie der Rap in den USA entstanden ist». Das Institut prahlte damit, dass «diese Botschaft über 79.000 Haushalte» im ganzen Land erreicht habe.
An einer anderen Stelle bemerkte das IRI anerkennend, dass in Interviews mit Menschen aus Bangladesch, «welche die öffentlichen Ausstellungen besuchten oder die Programme des IRI im Fernsehen sahen», deutlich wurde, dass «die öffentlichen Konsumenten der Medienprodukte die Botschaften der Kunst verstanden». Diese Reaktionen sollten veranschaulichen, dass das IRI in diesem Jahr seinem Ziel näher gekommen war, «durch soziale und politische Reformen einen Machtwechsel in Bangladesch herbeizuführen». Überschwängliches Lob gab es für die «nicht-traditionellen zivilen Akteure», die das IRI in dem Land ausgebildet hatte:
«Sie sind weder ausschliesslich Künstler noch ausschliesslich Aktivisten; stattdessen fungieren sie als hybride Akteure des Wandels [Hervorhebung hinzugefügt]. Auch wenn kultureller Aktivismus in Bangladesch nicht direkt die Politik beeinflussen und das Verhalten der Institutionen verbessern kann, so kann er doch die politische Debatte prägen, den sozialen Dialog vorantreiben und das öffentliche Bewusstsein für wichtige Themen schärfen.»
IRI-Dokumente entlarven die BNP als unpopulär und richtungslos
Interne Dokumente des IRI verdeutlichen, dass die mangelnde Popularität der oppositionellen BNP die Unterwanderung der Zivilgesellschaft Bangladeschs durch die US-Regierung erforderlich machte. In einem IRI-Bericht heisst es, dass die BNP ohne eine millionenschwere Finanzspritze des US-Regimewechsel-Apparats in einem Kreislauf des «Schwankens zwischen Gewalt, Boykott und Beteiligung» gefangen bleiben und von den Wählern nahezu vollständig abgelehnt werden würde.
Der IRI-Abschlussbericht 2020 ist sogar noch deutlicher und stellt fest, dass es der BNP «auch nicht gelungen ist, die Opposition erfolgreich zu mobilisieren. Seit den Wahlen 2018 schwankt die politische Strategie der BNP zwischen Boykott und Teilnahme an Wahlen und dem Versuch, Strassenbewegungen gegen die Regierung zu entfachen. Keine dieser Taktiken hat funktioniert. Die BNP bleibt marginal, und die Macht der AL ist ungebrochen. Dennoch ist die BNP nach wie vor die Partei, die am ehesten in der Lage ist, einen künftigen Machtwechsel herbeizuführen.»
Das Institut war nicht der einzige in DC ansässige Akteur, der sich um den Sturz der Awami-Liga bemühte. In einem Bericht des IRI über ein Treffen mit der BNP-Führung im September 2019 wird die Teilnahme eines leitenden Direktors von Blue Star Strategies erwähnt, der umstrittenen Lobbyorganisation, die von Hunter Biden dazu bewegt wurde, sich für das inzwischen aufgelöste ukrainische Energiekonglomerat Burisma einzusetzen. «Die BNP hat Blue Star Strategies unter Vertrag genommen», heisst es in dem Bericht, «um ihre Kommunikation und Lobbyarbeit mit politischen Entscheidungsträgern in den USA und anderen wichtigen Interessengruppen zu steuern.»
US-Beamte haben Hasinas Awami-Liga vorgeworfen, sich auf autokratische Methoden wie Wahlfälschungen zu stützen, um ihren Mangel an öffentlicher Unterstützung auszugleichen. In einem durchgesickerten Dokument über ein geheimes Treffen zwischen dem IRI und der BNP heisst es jedoch, dass die Oppositionspartei «die Meinungsforschung des IRI ständig kritisiert», da die Zahlen «durchweg» hohe Zustimmungswerte für die Awami-Liga und negative Werte für die BNP ausweisen.
An anderer Stelle wird in einem Dokument über die «Bangladesch-Strategie 2021-22» des IRI eingeräumt, dass die BNP «externem Druck, interner Unordnung und abnehmender Popularität ausgesetzt ist». Ein Parteiaktivist wurde mit den Worten zitiert, BNP-Mitglieder und -Anhänger seien «verwirrt darüber, wer die Partei führt», da ihr «eine Führung fehlt».
Das IRI beklagte weiter, dass die BNP bei ihrer ohnehin schon schrumpfenden Anhängerschaft «an Popularität zu verlieren scheint» und dass ihre öffentlichen Kundgebungen schon vor COVID-19 «nur spärlich besucht waren». Vielleicht ist das der Grund, warum in einem Abschnitt eines IRI-Dokuments mit dem Titel «Prioritäre Tätigkeitsbereiche des IRI» die «Stärkung der politischen Parteien» an erster Stelle aufgeführt wurde.
Die IRI-Abteilung in Bangladesch werde betonen, dass es notwendig sei, «im Vorfeld der nächsten Parlamentswahlen Unterstützung zu leisten», während man sich von den traditionellen Vorwahlaktivitäten abwenden wolle. Offenbar waren künftig mehr Musikvideos und Kunstausstellungen vorgesehen.
Ohne jeglichen Sinn für Ironie schloss der IRI-Bericht mit einer Warnung vor ausländischer Einmischung in die Innenpolitik Bangladeschs: «Es ist vorhersehbar, dass die [Awami-Liga] und Sheikh Hasina die Wiederwahl mit allen Mitteln und mit der Unterstützung Indiens anstreben werden.» Das IRI betonte, als wollte es seine eigene Einmischung in Bangladesch rechtfertigen, diese sei «notwendig, um die Einmischung regionaler Mächte bei der Wahl im Januar 2024 auszugleichen».
Die Awami-Liga gewann die Wahl haushoch, während die BNP die Abstimmung boykottierte, obwohl das US-Aussenministerium versucht hatte, sie zur Teilnahme zu zwingen.
Das IRI hat auf eine Anfrage von The Grayzone, sich zu seinen Aktivitäten in Bangladesch zu äussern, nicht geantwortet.
Die neue Führung in Dhaka: Ein Clinton-Anhänger, der sich für US-Mikrokredite einsetzt
Vor dem Staatsstreich im August 2024 hatte sich Hasina jahrelang über die Forderungen der USA beschwert, im Rahmen von Washingtons breit angelegter Indo-Pazifik-Strategie militärische Einrichtungen im Land zu bauen, um China «einzudämmen».
Hasina weigerte sich, dem Druck Washingtons nachzugeben, und blieb eng mit Indien verbunden. Im Mai 2024, nur wenige Tage nach einem Treffen mit Donald Liu, dem stellvertretenden Aussenminister für Südasien und Zentralasien, warnte Hasina, dass ein «Land mit Menschen weisser Hautfarbe» von ihr verlangt habe, die Einrichtung einer Militärbasis im Golf von Bengalen zuzulassen. Sie lehnte das offenbar ab und erklärte gegenüber Parlamentariern: «Ich will nicht an die Macht kommen, indem ich Teile des Landes verpachte oder an jemand anderen übergebe.»
Eine ähnliche Hartnäckigkeit führte zum Sturz von Imran Khan, dem ehemaligen Premierminister Pakistans, der im April 2022 durch einen von den USA unterstützten Militärputsch entmachtet wurde. Wie der Wirtschaftswissenschaftler Jeffrey Sachs feststellte, «legen die eindeutigen Beweise für die Rolle der USA beim Sturz der Regierung von Imran Khan die Vermutung nahe, dass in Bangladesch etwas Ähnliches passiert sein könnte».
Da die lästige Hasina-Regierung und ihre Awami-Liga nun von der Bildfläche verschwunden sind, haben sich Washingtons bevorzugte politische Führer der Aufgabe gewidmet, das Land aufzuteilen und Dissidenten zu bestrafen – wie die 150 Journalisten, die seit dem 4. August angeklagt worden sind. Während Dhaka im Chaos versinkt und sich umherstreifende BNP-Banden Strassenschlachten um die Kontrolle des Territoriums liefern, hat sich eine so genannte «Übergangsregierung» gebildet. Sie hat dem Militär bereits weitreichende Polizeibefugnisse eingeräumt, und während sie anfänglich behauptete, die Macht nur für ein paar Monate anzustreben, schätzt ein Bericht in The Guardian, dass das nicht gewählte neue Regime die Kontrolle über das Land für «bis zu fünf oder sechs Jahre» behalten könnte.
An der Spitze der neuen Regierung steht Muhammad Yunus. Er ist ein enger Mitarbeiter von Bill und Hillary Clinton und erhielt im Jahr 2006 den Nobelpreis, weil er das Konzept des «Mikrokredits» entwickelt hat, eine räuberische Form des legalisierten Kreditharkings, die seither weite Teile des indischen Subkontinents verarmt und verelendet hat.
Während Hillary Clintons Amtszeit als Aussenministerin unter Obama wurde Yunus in Bangladesch vor Strafverfolgung wegen korrupter Geschäfte geschützt und gleichzeitig mit Millionenbeträgen aus US-Regierungsaufträgen überhäuft. Ausserdem drohte Clinton Hasinas Sohn mit einer Steuerprüfung, falls die bangladeschische Regierungschefin eine offizielle Prüfung der Grameen Bank, einer von Yunus gegründeten Mikrofinanzinstitution, nicht einstellen würde. Die von WikiLeaks veröffentlichten diplomatischen Dokumente der USA bestätigen zahlreiche verdeckte Kontakte zwischen Yunus und US-Beamten im Laufe der Jahre und offenbaren, dass unter der amerikanischen Elite ein positives Bild des räuberischen Kreditgebers vorherrschte.
Als er im September dieses Jahres bei der Clinton Global Initiative neben Clinton stand, prahlte Yunus damit, dass die scheinbar spontane «Revolution», durch die Hasina gestürzt wurde, in Wirklichkeit «akribisch geplant» gewesen sei.
«Es ist nicht so, dass sie plötzlich kam, so ist es nicht.» Stattdessen war sie «sehr gut geplant; sogar die Führung – die Leute wissen nicht, wer die Anführer sind, man kann also nicht einen erwischen und sagen, ‹es ist vorbei›. Es ist nicht vorbei.»
Yunus ist nicht der einzige neue Führer Bangladeschs mit klaren Bindungen zu Washington. Sein neuer Aussenminister, Touhid Hossain, war 2021 Gastredner bei einem USAID-Workshop, der bangladeschische Reporter in der «Bekämpfung von Desinformation» schulte.
Nur wenige Stunden nach Hasinas Flucht aus dem Land ordnete die neue Führung Bangladeschs die Freilassung der BNP-Führerin Khaleda Zia an, die eine 17-jährige Haftstrafe wegen Korruption verbüsste. Sollte sich Yunus letztendlich doch dazu entschliessen, die Macht abzugeben, so scheint die BNP nun bereit zu sein, die Führung zu übernehmen. Das liegt daran, dass die Awami-Liga praktisch aus der bangladeschischen Politik verbannt worden ist, so dass die einst strauchelnde BNP die einzig mögliche Alternative darstellt.
Selbst Analysten des Establishments räumen inzwischen ein, dass die Rückkehr der BNP fast unausweichlich zu sein scheint. So stellte die Crisis Group wenige Tage nach Hasinas Absetzung fest: «Wenn morgen eine Wahl stattfinden würde, würde die BNP wahrscheinlich als Siegerin hervorgehen.»
Jetzt ist der Weg frei für Dhakas Rückkehr in die US-Sphäre. Am 26. September signalisierte Yunus bei einem Geschäftsessen in einem gehobenen New Yorker Hotel, dass Bangladesch wieder offen für Geschäfte sei, und versicherte den versammelten ausländischen Investoren: «Angesichts der Tatsache, dass die USA im Rahmen ihrer Indochina-Politik eine Diversifizierung ihrer Lieferkette anstreben, ist Bangladesch strategisch gut positioniert, um ein wichtiger Partner bei der Verwirklichung dieses Ziels zu werden.»
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Quelle: The Grayzone. Übersetzt mit Hilfe von DeepL.