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Nutzloser Alpentransit

von Francesco Vitali, Nationalratskandidat 2015 für die Kommunistische Partei

In ein paar Jahren werden wir die Fertigstellung und Inbetriebnahmen des Gotthard-Basistunnels erleben, dessen Eröffnung für 2016 geplant ist, sowie und des Ceneri-Basistunnels, der indessen im Jahr 2020 eröffnet werden wird. Diese beiden Werke, insbesondere der Basistunnel Gotthard, bilden den Angelpunkt der Alpentransit-Projekts und der NEAT (Neue Eisenbahn-Alpentransversale), also können wir zufrieden damit sein, was in Bezug auf die vorgenommenen Ziele zu Ende gebracht wurde?

Um diese Frage zu beantworten, listen wir zuerst diese Ziele auf, nämlich grundsätzlich den Gütertransport grundsätzlich von Gütern von der Autobahn auf die Schiene zu umzulegen und der Schweiz eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zu liefern, die zu ihresgleichen auf europäischer Ebene passt. In diesem Sinne hat das Schweizer Volk gleich zwei Mal in der Zeitspanne von zwei Jahren abgestimmt, in einer ersten Abstimmung 1992 spezifisch über das Alpentransit-Projekt und in der zweiten im Jahr ’94 über die Alpen-Initiative.

Nach gegenwärtigem Stand haben wir den Grossteil der Arbeiten zwar nahezu abgeschlossen, aber ohne die Vervollständigung der kompletten Strecke wird es unmöglich sein sicherzustellen, dass die Züge die so genannte Hochgeschwindigkeit erreichen können. In der Tat müssen die Arbeiten an der Strecke Sementina-Gnosca, der Hochgeschwindigkeitsverbindung Lugano-Mailand und die Strecke Erstfeld–Altdorf erst noch beginnen; die Rückstellung dieser Arbeiten bedeutet, dass sie nicht vor Ablauf von einigen Jahrzehnten zur Ausführung gelangen werden. Hätte man beschlossen, diese Mittel unverzüglich freizugeben, so wäre zu erwarten gewesen, dass wir in einigen Jahren die gesamte Neubaustrecke abgeschlossen sehen würden. Stattdessen sollen wir uns nun damit zufrieden geben, dass die Fahrten um mit nur ein paar Minuten verkürzt werden, ohne eine Hochgeschwindigkeitsstrecke zu haben, ohne die Kapazität des Netzes zu erhöhen und folglich ausserstande, den Güterverkehr von der Strasse auf die Schiene zu verlagern. In diesem Zusammenhang müssen noch die Bauarbeiten des Tunnels Gambarogno-Luino Cadenazzo beginnen, ist es doch gerade diese Route, die die meisten der Schienengüterverkehr aus Italien passieren, um ins übrige Europa zu gelangen. Es bedarf daher keiner Erklärung, warum die vollständige Realisierung dieses Projekts eine strategische Bedeutung für die Schweiz und vor allem Tessin hat: Denken wir zum Beispiel an die Arbeitsplätze, die in der Logistik geschaffen werden könnten, um diesen riesigen Warenverkehr zu bewältigen. Neben der fast vollständigen Beseitigung des Lkw-Transits im ganzen Tessin, brächte sie grosse Vorteile in Bezug auf den Strassenverkehr und die Luftqualität in unserer Region. Trotz einer schleppenden Konjunktur oder sogar Rezession in Europa im Allgemeinen, wird dennoch erwartet, dass Frachtverkehr und teilweise auch der Passagiere sich schrittweise erhöhen werden: Wollen wir uns somit eine der wenigen Branchen mit Potenzial für Wachstum und wirtschaftliche Stabilität entkommen lassen? Warum haben unsere Räte in Bern nicht gekämpft, um die erforderlichen Kredite zum Abschluss des Projekts freizugeben, ohne noch ein paar Jahrzehnte darauf warten zu müssen? Offenbar hat man es vorgezogen, ohne strategischen Blick an die Einsparungen zu denken und fortzufahren mit der Propaganda von den berühmten anderthalb Stunden, in denen man vom Tessin aus Zürich erreichen würde, obschon dies, solange unter anderem eine Hochgeschwindigkeitsstrecke fehlt, gar nicht möglich ist.

Original: Francesco Vitali – L’Alp Transit inutile (sinistra.ch, 2 ottobre 2015) | Übersetzung: kommunisten.ch (07.11.2015)


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