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Nationale Demo gegen den Terrorkrieg im Gazastreifen am Samstag, 10. Januar, 14.30 Uhr, Schützenmatte, Bern

(Treffpunkt PdA 14:15 Uhr Kleeplatz, Haltestelle Bollwerk, Bus-Linie 20 Richtung Wankdorf)

Stopp der militärischen Aggression - Für die Aufhebung der Blockade

Die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee und die Grüne Partei der Schweiz haben einen Aufruf zu einer gesamtschweizerischen Demonstration lanciert, die auch von zahlreichen weiteren Organisationen, darunter der Partei der Arbeit (PdA) unterstützt wird. Ungeachtet der nachstehenden Kritiken ist diese Unterstützung auch angesagt, schon weil es sich bei der Demo vom kommenden Samstag auf absehbare Zeit um die einzige gesamtschweizerische Gelegenheit zum Massenprotest gegen das Massaker im Gazastreifen handelt, weil die Demo grob in die richtige Richtung fährt und dem Freiheitskampf des palästinensischen Volkes dienen kann.

Abgesehen von ausgesprochenen Schwachstellen weist der Demo-Aufruf einige Vorzüge auf, darunter: Er gibt den terroristischen Charakter der israelischen Politik praktisch zu, indem er darauf hinweist, wie sehr “die israelische Armee die Bevölkerung im Gaza-Streifen in Angst und Schrecken [versetzt].” Er nennt die Mitverantwortung der USA und Europas an den menschenunwürdigen Zuständen im Gazastreifen und die andauernde Verletzung der Menschenrechte durch Israel und wendet sich gegen den zynischen Versuch, die Opfer für das Verbrechen verantwortlich zu machen. Der Aufruf verlangt, dass sich die Schweiz dafür einsetzen muss, dass die heutigen Kriegsverbrecher von einem internationalen Gericht zur Verantwortung gezogen werden.

Aus den vostehenden Gründen empfiehlt Kommunisten.ch die Teilnahme an dieser Demo. Insofern wir dies nicht mit dem Bekenntnis zu den Texten verbinden können, welche von den Organisatoren vorgelegt und als Spielregeln definiert werden, gelten wir aus ihrer Sicht allerdings nicht als Unterstützer.

 
Siehe auch:
 

Kritik des Demo-Aufrufs

Inkonsequenzen und Verzagtheit

Den Initiatoren der Demonstration ist offenbar nicht daran gelegen, alle Formenvielfalt des Protests gegen die zionistische Aggression zu fördern und alle Gruppen zusammenzuführen, die diesen Protest tragen. Sowohl im abwiegelnden Haupttext des Aufrufs wie auch im Anhang verraten die Autoren ihre Neigung zu inkonsequenten, teilweise versöhnlerischen, wenn nicht sogar objektiv spalterischen Positionen. Subjektiv darf man ihnen ihre gesamte Verzagtheit wohl nicht in jedem Falle krumm nehmen. Die Luftherrschaft der prozionistischen Propaganda ist vielerorts so dicht, dass sich auch Teile der kritischen Kräfte verunsichern oder einschüchtern lassen. Nicht wenige linke Medien neigen dazu, kritische Berichte über Israel systematisch zu unterschlagen und zu zensieren. Oft handelt es dabei nicht um das Werk von “linken” Zionisten, sondern um eine Art Selbstzensur von (israelkritischen) Redaktoren, die sich fürchten, in den Verdacht des Antisemitismus zu geraten. Einige kritischen Stellungnahmen verdanken die Tatsache ihres Erscheinens wohl nur dem Umstand, dass sie einen Juden oder eine israelische Organisation zum Verfasser hatten und in den Augen der Redaktionen damit jedes Verdachts enthoben waren. Man muss unter solchen Umständen die Bedeutung von Stellungnahmen der Friedenskräfte in Israel und von Vertretern oder Angehörigen des Weltjudentums besonders hoch schätzen. Ihre offenen Stellungnahmen haben vielfach den Zaghafteren unter den Friedensaposteln hierzulande das unter diesem oder jenem Kreuz der Geschichte gebogene Rückgrat gestärkt, so dass die braven Christen Manches von dem, was zu sagen ist, und was sie nicht aufrecht und aus freien Stücken über die Lippe bringen, aus unverdächtiger Quelle zitieren können.

Solidarität mit den Hamaskämpfern in ihrem gerechten Partisanenkrieg!

Zu den schwerwiegenden Mängeln (lumpigsten Schäbigkeiten) gehört die Formulierung “unsere Solidarität mit sämtlichen zivilen Opfern des Konflikts”, welche den bewaffneten Widerstand eines Volkes gegen seine Besatzer und Angreifer gerade von der Solidarität ausschliesst. Mit diesem Abwiegeln und Ausspielen von Zivilen gegen Bewaffnete (in vielen Medien auch: Hamas gegen nicht Hamas) verkennt der Aufruf die brutale Realität, dass die Söhne und Töchter Palästinas heute vor die Alternative gestellt sind, entweder Märtyrer oder Opfer zu werden. Damit geht der Aufruf auch hinter das internationale Recht zurück, das sich im Ergebnis des Zweiten Weltkrieg auf antifaschistischen Grundlagen herausgebildet hat und die Resistance gegen Besatzer legitimiert. Der Aufruf unterwirft sich der Logik aus schwer erkennbaren unsauberen Unterscheidungen und ebenso verwischenden Gleichsetzungen, aus denen der Aggressor die Lügengebäude auftürmt, die seine Verbrechen tarnen und rechtfertigen sollen. Mit dem Demo-Aufruf begeben sich die Autoren mehr als einen Schritt weit auf den sumpfigen Boden dieser blutigen Scholastik der zionistischen Kriegspropaganda.

Pure Wortklauberei ist es, von “sämtlichen” Zivilopfern zu sprechen, das scheinbar allumfassende Wörtchen will durch nur vom Wesentlichen ablenken, und das ist in diesem Satz der Ausschluss der Nichtzivilen, die zum blutigen Jagen freigegeben werden. Aus solchen Mängeln fertigen sich die Zionisten die Begründungen an: “Wir wollten ja nur die Schurken treffen … leider verstecken die sich jedesmal hinter menschlichen Schildern, wenn wir schiessen” und dergleichen Lügen mehr.

Zum Forderungskatalog des Demo-Aufrufs:

Von insgesamt fünf erhobenen Forderungen sind drei sind an die Regierung von Israel, und deren zwei an die schweizerische Regierung adressiert. Es handelt sich um Forderungen an Empfänger, von denen bekannt ist, dass sie nicht gewillt sind, den Forderungen zu stattzugeben. Diese Lage verlangt gebieterisch nach gewissen Überlegungen zur Durchsetzung der Forderungen. Wenn die fortschrittlicheren Parteien und Organisationen hierzulande von der Regierung eine bessere Politik auf einem bestimmten Gebiet fordern, dann pflegen sie auch die nötigen taktischen Züge zu unternehmen und die Instrumente einzusetzen, die der geforderten Politik auch gegen eine widerspenstige Regierung zum Durchbruch verhelfen. Hier bietet der Demo-Aufruf keinerlei Anhaltspunkte über die Taten, die den Worten folgen sollen. Es bleibt zu hoffen, dass die Reden am Samstag diese Frage etwas erhellen werden, dass sie einige der Lücken und Mängel der Texte schliessen bzw. beseitigen und nötige Ergänzungen zu den Punkten anbringen werden, die im Aufruf zu kurz kommen.

Man mag (unter den Sofortmassnahmen) die Forderung nach Organisierung sofortiger Nothilfe und in massivstem Umfang einschliesslich Erzwingung von Zugängen vemissen. Vermutlich wurde sie nicht aufgenommen, weil sie auch vom schweizerischen Aussenministerium und von den breitesten Kreisen verfochten wird, und weil die Sache so weit zu gedeihen scheint, dass sie keines speziellen Antriebs seitens der Demonstration mehr bedarf, zumal die Imperialisten den propagandistischen Nutzen der gnädigen Einräumung eines humanitären Korridors einkalkulieren, den sie selbstverständlich von Anfang an in die Planungen einbezogen haben dürften.

Druck auf Israel

Mit Deckung der USA und Westeuropas verhöhnt Israel seit Jahrzehnten die UNO-Resolutionen und beweist durch die Grausamkeit seiner Kriegsführung, dass es auch die elementaren Vorschriften des Kriegsrechts zu brechen gewillt ist. Der neueste Höhepunkt in der Verbrechensgeschichte des 60-jährigen Zionistenstaates wäre Anlass und Gelegenheit gewesen, auch eine Forderung an die Importeure und Konsumenten von Produkten aus Israel zu richten, worin diese zum unbefristeten Boykott der Waren aufgerufen werden, solange Israel sich dem Recht nicht fügen will. Der Aufruf spricht zwar abstrakt von einem Druck auf Israel, und konkretisiert den Druck am Beispiel des Abbruchs der militärischen Zusammenarbeit, und zwar “in einem ersten Schritt”, was eine stufenförmige Steigerung des Druckes andeutet. Allerdings haben die Regierungen bewiesen, dass sie diesen Druck nicht erzeugen wollen. Damit erheben sich zuallernächst die zwei Fragen, wie (1.) die unterstützenden Organisationen und die Massen selber tätig werden können, um den kulturellen, wirtschaftlichen, politischen Boykott des Zionismus zu bewerkstelligen; und (2.) wie “Druck” auf die eigenen widerspenstigen Regierungen ausgeübt werden kann, damit sie “Druck” auf Israel ausüben. Eine Aufforderung zum Boykott könnte auch zur Aufklärung beitragen, indem sie die Verstrickungen bloss legt, die dazu führen, dass hier solche Waren wie Petersilie und selbst noch Kartoffeln aus Israel in die Regale der Grossverteiler kommen müssen.

Stellung zur Hamas

Eine damit verbundene bedauerliche Lücke besteht darin, dass der Aufruf es versäumt, darauf hinzuweisen, dass die Hamas-Regierung aus freien Wahlen (nicht nur im Gazastreifen) hervorgegangen ist. Der Krieg gegen den Irak wurde bekanntlich auch mit dem “Argument” sekundiert, dass Demokratie hergestellt werden müsse. Einige sind dieser sekundären Kriegslüge aufgesessen und haben ihre “demokratischen” Trommeln gegen gegen Saddam Hussein geschlagen. Gerade der Angriff auf Gaza beweist einmal mehr die ganze Fadenscheinigkeit der imperialistischen Besorgnisse um die “Demokratisierung” des Nahen Ostens. Der Demo-Aufruf entzieht sich einer gebotenen Solidaritätserklärung mit der Volksregierung, die den Imperialisten nicht passt und weg bombardiert werden soll, wie seinerzeit die spanische Republik. Am 9. Januar 2009 läuft die Amtszeit des Präsidenten Abbas aus. Israel hat schon vor dem neuesten Krieg eine Lage geschaffen, in der kein Zweifel besteht, dass das palästinensische Volk jedes ihm eingeräumte Wahlrecht dazu gebrauchen wird, sich die Oberhäupter zu setzen, die am besten geeignet sind, seinen Existenz- und Befreiungskampf zu führen. Heute würde der amtierende Präsident Abbas in demokratischen Wahlen mit einer klaren Abwahl rechnen, während sich die Hamas durch einen neuen Wahlerfolg als legitime Vertreterin des gesamten palästinensischen Volkes bestätigt sehen würde. Gleichzeitig schafft der Krieg natürlich Verhältnisse, welche die Abhaltung von Wahlen verunmöglichen und Abbas die Gelegenheit verschaffen, die Verlängerung seines abgelaufenen Mandates zu verkünden. Der Mord an der Bevölkerung ist gleichzeitig ein Mord an der Demokratie.

Die Friedensbewegung darf die Demokratie nicht preisgeben

Was noch mehr Besorgnisse erregt als die Zaghaftigkeit des gesamten Aufrufs ist diese Laxheit und Unbekümmertheit um demokratische Grundsätze, welche sich in massgebenden Kräften des hiesigen Friedenslagers breit macht.

Nur auf diesem Boden konnte sich die von antidemokratischen Vorurteilen und Misstrauen gegen die Masse erzeugte Idee durchsetzen, dass die Demo zensuriert werden muss, und in Ermangelung von staatlichen Verboten eines Reglementes bedarf. Wir kommen weiter unten auf dieses Reglement zurück.

Niedergang der Solidarität?

Die Arbeiterbewegung und die Geschichte des antifaschistischen und antiimperialistischen Widerstands berichten von Solidarisierungsaktionen, die aus anderem Holze geschnitten waren. Ohne wenn und aber solidarisierten sich die Arbeiter in den 1930er Jahren mit dem Kampf der spanischen Republik gegen Franco und seine Hintermänner. Niemand hätte sich durch Schauergeschichten über eine vergewaltigte Nonne zu Schwankungen in seiner unverbrüchlichen Solidarität mit der demokratisch gewählten Volksfrontregierung Spaniens bewegen lassen. Massen von Kommunisten und nicht wenige Sozialdemokraten und bürgerliche Demokraten haben ihren Leib und ihr Leben nicht geschont, und sind in die internationalen Brigaden eingetreten, um in Spanien zu kämpfen.

Niemand wäre auf die Idee gekommen, zum Beispiel dem Warschauer Aufstand die Benutzung von Waffen vorzuwerfen oder den Vorwurf zu machen, dass er sich im Ghetto der eingeschlossenen Zivilbevölkerung “versteckt” habe. Niemand wäre auf die absurde Idee gekommen, sich im Abessinienfeldzug Mussolinis ausschliesslich mit den nicht kombattanten Opfern in Öthiopien zu solidarisieren und etwa die Männer auszunehmen, die sich damals mit Pfeil und Bogen gegen die Bombenflugzeuge zu wehren versuchten. Jeder Antifaschist wusste auch die heldenhaften Kämpfer der Résistance in ganz Europa zu würdigen. Die Militärgeschichte kennt den unter grössten Opfern erbrachten und sehr bedeutenden Beitrag des russischen und weissrussischen Widerstandskampfs zur Niederwerfung der Wehrmacht. Die sowjetische Partisanenarmee hinter der deutschen Front bildete ihrer Truppenstärke nach die zweitgrösste Kraft in der weltweiten Anti-Hitler-Koalition, natürlich mit Abstand hinter der Roten Armee, aber noch vor der jugoslawischen Volksbefreiungsarmee.

Die Protestbewegungen gegen den Vietnamkrieg, bei denen es nebenbei gesagt auch zum gelegentlichen Abfackeln von US-Flaggen kam, solidarisierten sich mit dem heldenhaften Verteidigungskampf des vietnamesischen Volkes und stellten keine so eigentümlichen Fragen, wie die Frage, ob der Vietkong bewaffnet sei und ob er das Existenzrecht des Imperialismus anerkenne.

Die Friedensbewegung darf die Demokratie nicht preisgeben. Demokratie und Frieden sind durch dieselben Kämpfe zu sichern. Wenn die Schweiz als Vorbild für das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Sprachgruppen gilt, dann verdankt sie diese Auszeichnung vor allem ihrem ausgesprochenen Demokratismus, der sich als stärker erwiesen hat als alle Ansätze zur Aussonderung einer herrschenden deutschsprachigen Nation gegenüber unterdrückten Nationen.

Zur Aufgabe der Kommunisten innerhalb der Friedensbewegung

Im Zug der neuesten Entwicklungen und werden wohl einige der noch bis heute gehegten Illusionen verschwinden und einer nüchternen Betrachtung der Dinge Platz machen. Dieser Prozess muss vorangetrieben werden. Die Kommunisten haben die Aufgabe, den pazifistischen Friedenskampf zu unterstützen und die untrennbare Verbindung des Friedenskampfs mit dem Kampf gegen den Imperialismus aufzuzeigen, oder anders gesagt die Wurzeln des Krieges sichtbar zu machen. Hier spielt der Aufruf eine hemmende Rolle, weil er den imperialistischen Charakter des Krieges mit den Worten “unilateral durchgesetzte Machtpolitik der USA, ihrer Alliierten und Israels” nicht deutlich genug benennt. Weil er die Palästinafrage nicht allseitig, sondern einengend unter den beschränkten Aspekten der Humanität und des internationalen Rechts betrachtet. Weil er die grundlegenden ökonomischen Zusammenhänge nicht erwähnt, welche die Politik Israels, der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union bestimmen. Weil dem Forderungskatalog in Form eines Appells an die Regierung, dass sie besser regieren möge, etwas Blauäugiges anhaftet, solange die imperialistische Rolle der Schweiz unerwähnt bleibt.

Einige der Organisationen, die zur Demo aufrufen, sprechen auf ihren Webseiten eine klarere Sprache. So die Gesellschaft Schweiz-Palästina, und namentlich die Partei der Arbeit (PdA Schweiz), welche die zionistische Aggression als imperialistischen Angriff charakterisiert und deren Ziel der Beseitigung einer demokratisch gewählten Regierung anprangert. Die PdA verlangt auch ausdrücklich das “Ende der Apartheid in Israel” (müsste heissen: Apartheid durch Israel oder Apartheid in Palästina ) und die Entschädigung der Opfer dieses Krieges.

Die Stellungnahme der PdA bedeutet einen riesigen Fortschritt gemessen am verwedelnden Bulletin, das diese Partei noch im Juli 2006 anlässlich des damaligen Gemetzels im Gazastreifen herausgab, und das auf Proteste aus der Mitgliedschaft stiess. Schon kurz darauf redete die PdA zum inzwischen entfesselten Libanonkrieg Klartext und machte sich die Analysen der (mit Hizbollah verbündeten) libanesischen KP zu eigen, die fast den halben Umfang des PdA-Dokuments einnehmen. Die PdA nahm den Libanonkrieg zum Anlass, um auch ihre Stellungnahme zur israelischen Offensive im Gazastreifen wie folgt zu präzisieren: “Der Krieg gegen den Libanon lenkt ab von den Tötungen und Zerstörungen usw in den palästinensischen Gebieten, die alle im Namen der «Demokratie à l’américaine» begangen werden. Während ein Volk bestraft wird, weil es gegen den Willen jener gestimmt hat, die es besetzt halten, werden die Besatzer mit hochentwickelten Waffen belohnt, darunter jene F15 und F16, die den Libanon jetzt bombardieren.” (PdA-Communiqué vom 6. August 2006)

Die aktuelle Stellungnahme der PdA solidarisiert sich im Titel “mit dem palästinensischen Volk” und verzichtet darauf, den Gegenstand und Umfang dieser Solidarität noch zu erläutern. Man wird annehmen dürfen, dass die Solidarität auch dem bewaffneten Kampf des palästinensischen Volkes gelten soll, denn dieser wird implizit als notwendig anerkannt, indem die Partei festhält, dass ohne Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts kein Frieden möglich ist.

Bitte Glacé-Handschuhe anziehen!

Die Organisatoren versehen ihren Demo-Aufruf mit einem Nachtrag, genannt “Übereinkommen zum Verhalten an der Demonstration”, den wir im Anhang dokumentieren. Bekanntlich erschien auch zur Demo gegen den Libanonkrieg 2008 ein solcher Demo-Knigge. Es fällt auf, dass alle übrigen Demonstrationen zu beliebigen anderen Fragen offenbar keinen solchen Verhaltenskodex benötigen. Aber immer dann, wenn Israel seinen Bluttaten ein neues Verbrechen beifügt, dessen Grössenordnung so gewaltig ist, dass Protest und Empörung in der Bevölkerung aufflammen, dann fühlen sich gewisse Leute bemüssigt, den Demonstranten Glacé-Handschuhe zu verpassen und einen Komment aufzunötigen.

Gefordert wird unter anderem folgende Selbstverständlichkeit: “Respekt und Toleranz gegenüber allen verschiedener Konfessionen und Nationalitäten”. Notabene eine Selbstverständlichkeit, welche die Organisatoren der Demo gegen den Libanonkrieg 2008 eigenhändig abgewürgten, indem sie damals “religiöse Symbole” ausdrücklich verpönten und indem sie libanesische Familien bei der Komposition des Demonstationszuges in die hinteren Reihen verwiesen. Selbstverständlich ist uns unter anderem der Jude willkommen, möge er sich konfessionell, national, kulturell oder wie auch immer zum Judentum gehörig betrachten, sofern er nur für die grundlegenden Rechte des palästinensischen Volkes streitet.

Beim frostigen Klima müssen wir den Organisatoren jedenfalls dankbar sein, dass sie nicht bis zum Kopftuchverbot gegangen sind. Bei den angesagten Temperaturen würde es der Demo gewiss nicht gross schaden, wenn sich die Teilnehmer an einem kleinen Feuerchen erwärmen könnten. Schon deswegen ist nicht einzusehen, weshalb die Organisatoren das Verbrennen von Fahnen unbedingt “unterbinden” wollen. Die Verbrennung einer Fahne ist nun einmal zur kulturellen Ausdrucksform eines scharfen Protestes gegen eine Politik geworden, die an dieser Fahne klebt. Daher kann diese Form auch geeignet sein, die mutigen Aktionen der Friedenskräfte in Israel zu unterstützen, welche ihre fanatisierten Mitbürger darauf hinweisen, wie sehr sich Israel isoliert. Das tut es in der Tat mit seiner faschistischen Politik des Staatsterrorismus weltweit und in einem viel grösseren Ausmass, als dies in den offiziellen Regierungserklärungen zum Ausdruck kommt, die vielfach nicht viel mehr fordern als den baldigen Abschluss der Militäroperationen nebst einigen humanitären Rücksichten, solange der Krieg gefälligst noch andauern muss.

Was aber für unsereinen empörend und abstossend, und für diese Halbherzigkeit dieser Leute gleichzeitig bezeichnend ist, ist die Tatsache, dass sie es fertig bringen, die Inkriminierung von Fahnenverbrennungen in einem Atemzug mit der Verbannung des Antisemitismus auszusprechen. Damit suggerieren sie die Gleichsetzung zwischen Antisemitismus und jedem, der es wagen sollte, der blutbefleckten Fahne Israels auch nur symbolisch zu nahe zu treten. Damit betreten die Autoren genau den sumpfigen Boden der zionistischen Kriegspropagandisten, welche die jüdischen Opfer der faschistischen Verbrechen – oft die eigenen Ahnen – besudeln, indem sie diese heranziehen, um den allmählichen Genozid am palästinensischen Volk zu rechtfertigen.

Der Hinweis auf Antisemitismus ist an den Haaren herbeigezogen und zementiert die Denkmuster, welche durch nachhaltige zionistische Propaganda genährt werden. Die Frage des Antisemitismus stellt sich hier und heute nicht. Was konkret und real existiert, ist eine Welle des Islamhasses, vorangetrieben von rechtsextremen und völkischen Kräften, die sich heute mit dem ebenso völkischen Zionistenpack verbünden. Wer heute neben dem Sammelbegriff (Rassismus) noch speziell von Antisemitismus spricht und dabei die Tatsache des vorherrschenden Islamhasses verwischt, der lügt. Und angesichts eines von den Medien professioniell ausgestreuten, mit Millionenkampagnen geschürten und mit Goebbels-Methoden tausendfach eingehämmerten Hasses (vergleiche: “die radikalislamische Hamas”), ist dies eine gewaltige Lüge.

Die meisten naturwissenschaftlich geprägten und fortschrittlichen Leute halten die Verbrennung von israelischen Fahnen für eine unwirksame Methode und finden auch keinen Geschmack an der Verbrennung, Akupunktur usw. von Vodoo-Puppen. Jeder hat das Recht, diese Praktiken als Fetischismus und Hokuspokus zu bezeichnen. Er hat das Recht, auf die fetischierenden Züge der Bücherverbrennung im Dritten Reich hinzuweisen. Aber er nicht doch nicht das Recht, die Verbrennung eines Symbols, das sich auch zum Symbol für den Staatsterrorismus Israels entwickelt hat, als antisemitisch usw. zu verunglimpfen. Vielmehr hätte er die Pflicht – wenn er ein redlicher Antifaschist sein will – darauf hinzuweisen, dass die Politik Israels ihre nächsten Parallelen im seinerzeitigen Apartheidregime und im Staatsterrorismus des historischen Faschismus findet. Es ist eine Politik der Diktatur der am meisten imperialistischen, chauvinistischen und reaktionären Kreise des Finanzkapitals. Sie weist gegen innen, gegen die israelischen Staatsbürger gerichtet, faschisierende Züge aus. Gegenüber dem libanesischen und dem palästinensischen Volk praktiziert Israel eine Politik, die sich von der Politik Hitlers, Mussolinis und Francos vor allem in einem Merkmal unterscheidet, und zwar im Grad der Perfektionierung aller Methoden zur Überwachung, Ausspionierung, Folterung, Aushungerung und Massakrierung und aller Techniken zur Vertuschung der Kriegsverbrechen und zur Irreführung der Massen, welche die Ursachen der Kriege kennen und beseitigen wollen. Und endlich: Dass die Demo-Veranstalter überhaupt auf die Idee mit der Verbrennung einer Fahne gekommen sind, scheint überhaupt an den Haaren herbeigezogen oder einem bösen Traum entsprungen. Dadurch, dass die Veranstalter ihren Alptraum zum Brennpunkt hochstilisieren und die Abbrennung einer Fahne einem förmlichen Tabu unterwerfen, gestatten sich diese Herrschaften, mindestens ebenso tief in den Animismus hinabzusteigen, wie sie es den anderen untersagen.

Die Verfasser des Aufrufs waren offenbar dermassen mit dem potentiell gefährdeten Wohlergehen von israelischen Fahnentüchern beschäftigt, dass sie nicht dazu gekommen sind, von den unmenschlichen Phosphorwaffen zu sprechen, mit denen die Palästinenser in der Realität verbrannt werden. Diese Waffen verursachen unlöschbare Brände auf der Haut, und verursachen unvorstellbare Schmerzen durch eine Hitzeentwicklung von 1400 Grad Celsius. Durch die jahrelange Belagerung und Abschnürung des Gazastreifens ist bekanntlich eine äusserste Notlage eingetreten. In den Spitäler fehlt es an allem, auch an Schmerzmitteln für die Opfer, die in den überfüllten Korridoren bei Frosttemperaturen auf die Amputation warten. Wie schon im Falle des Irakkrieges entpuppt sich die Blockadepolitik als von vorne herein nicht ernst gemeinte friedliche Alternative zur Kriegspolitik, sondern als Ablenkungsmanöver und Vorbereitungsstufe zum militärischen Angriff, indem das Opfer vorgängig geschwächt und wehrlos gemacht wird, und indem durch die Mangellage Voraussetzungen geschaffen werden, welche die Opferzahlen des geplanten Militärschlags in die Höhe treiben werden.

 

Wir dokumentieren nachstehend den Text des oben kritisierten Anhangs, der im Flyer den respektablen Umfang einer halben Layoutseite einnimmt, gegenüber einer ganzen Seite des eigentlichen Aufrufs, welche genügen musste, um vom Krieg zu sprechen, und die Liste der Forderungen und die Zusammensetzung des Unterstützungskomitees unterzubringen:

Übereinkommen zum Verhalten an der Demonstration

Angesichts der momentanen schrecklichen Ereignisse ist es klar, dass die Emotionen und die Wut verständlicherweise gross sind. Die Organisationen, welche diese Kundgebung gemeinsam vorbereitet haben, möchten ein klares Zeichen setzen mit einer starken, friedlichen und verantwortungsvollen Kundgebung.

Wir fordern Respekt und Toleranz gegenüber allen verschiedener Konfessionen und Nationalitäten auf Grundlage der gemeinsamen Plattform. Auch aus diesen Gründen wollen wir jede Form von Rassismus und Antisemitismus von der Demo verbannen und das Verbrennen von Fahnen unterbinden.

Wir wollen eine gewaltfreie Kundgebung mit klaren inhaltlichen Botschaften.

Wir zählen auf eure Unterstützung!

Dieses Übereinkommen ist Bestandteil des Demonstrationsaufrufes und wurde von den organisierenden und unterstützenden Organisationen gutgeheissen.

( Quelle: Demo-Aufruf )