kommunisten.ch

kommunisten.ch

Verschärfung der Hetzkampagne gegen Iran. Auch die «junge Welt»?

Schon bevor Aristoteles die Wahrheit tiefer untersuchte, hatten sich griechische Denker mit diesem Begriff befasst. Parmenides definierte die Wahrheit als die Erkenntnis, dass nur das Seiende ist und das Nichtseiende nicht ist. Dieser allergröbste Wahrheitsbegriff genügt bei weitem, um die Lügenhaftigkeit der gegenwärtigen Kampagnen westlich imperialistischer Regierungen und Medien gegen Iran und andere Länder darzutun. Zum Protokoll dessen, was heute vor sich geht, genügt auch die antike Fabel vom Wolf und dem Lamm. Das Raubtier stand am Oberlauf des Bachs und warf dem Lamm am Unterlauf vor, es trübe ihm das Wasser, um es alsdann zu fressen.

Die Rechte des iranischen Volkes

Obwohl sich Iran immer an seine Verpflichtungen aus dem Atomsperrvertrag gehalten hat, wurden ihm seine daraus fliessenden Rechte konsequent vorenthalten. Nur gerade Russland hielt sich gegenüber Iran an die Vertragsbestimmungen. Angesichts des krassen und fortgesetzten Vertragsbruchs kann Iran nicht auf die Ehrlichkeit der Vertragspartner vertrauen. Daher liegt es nahe, wenn patriotische Kräfte im Iran auf den Gedanken kommen, dass sie sich die Nukleartechnologie unabhängig vom Westen erschliessen wollen. Dazu kommt der begreifliche Drang nach einer sicheren Methode, die israelischen Sprengköpfe in Schach zu halten. Der frühere US-Präsident Jimmy Carter hat dieser Tage von 150 Atomraketen gesprochen. Solange die israelische Militärmacht nicht auf ein friedensverträgliches Mass abgerüstet wird, solange die USA ihre imperialistische Offensive gegen souveräne Staaten und Regierungen fortsetzen, solange die Appelle des Iran zur regionalen und weltweiten Abrüstung und zum Abbau von fremden Militärstützpunkten nichts fruchten, solange hat der Iran jedes Recht, und seine Regierung hat jede Pflicht, sich mit allen Mitteln gegen die Gefahren vorzusehen. Vergessen wir nicht, dass der Iran gerade von jenen Mächten bedroht wird, die seit vielen Jahren das Völkerrecht auf Schritt und Tritt brechen.

Die Medien gleichen Zensoren

Was man heute in den grossen Medien angeboten bekommt, liest sich oft so, als wäre es von den Zensoren selbst geschrieben. Pausenlos sprechen die Medien von den nicht existierenden Massenvernichtungswaffen eines Landes wie Irak oder Iran. Sie suchen mit der Lupe nach Hunderten von nicht existierenden Möglichkeiten, uns zu bedrohen. Aber diese gleichen Leute, Medienjournalisten und Regierungs- oder Oppositionspolitiker, äussern sich nur höchst selten zu den real existierenden und den für den Frieden in dieser Region bedrohlichen Atomsprengköpfen, die sich massenweise in der Hand der faschistischen Politiker Israels befinden.

Die seit der Karikaturen-Affäre chronisch gewordene Hetze gegen den islamisch geprägten Kulturkreis und namentlich gegen den Iran, seine Souveränität und seine Rechte auf Kernforschung und friedliche Nutzung der Nuklearenergie sowie sein Recht zur Selbstverteidigung mit Mitteln, die seiner Bedrohung angemessen sind, wurde in den letzten Wochen nochmals intensiviert.

Begleitorchester

Zur flankierenden Unterstützung erscheinen auch vermehrt Vorwürfe über Missachtung von Grundrechten durch die iranischen Behörden. Es fällt auf, wie sehr auch Amnesty und andere Nichtregierungsorganisationen dahin gelenkt werden, ihre Bemühungen auf Iran zu konzentrieren, und dabei zu übersehen, wie viel schlimmer die Lage der Menschenrechte in vielen anderen Teilen der Welt aussieht, zum Beispiel in den Nachbarländern von Iran, in Afghanistan und im Irak, beide seit Jahren von den NATO-Mächten mit einem blutigen Krieg überzogen und einem grausamen Besatzungsregime ausgesetzt. Auffällig auch der missionarische Eifer von traditionell fortschrittlichen Gruppen (Schwule, Freidenker usw.) am Iran. In unserer Bevölkerung wird ein falsches Bild des Iran gezeichnet. Die Fakten werden uns vorenthalten, darunter die Tatsache, dass Iran den weltweit höchsten Anteil an weiblichen Hochschulabsolventen hat.

Wo genau steht die «junge Welt»?

Die “Junge Welt” druckt einen entsprechenden Artikel von Nick Brauns, der die Regierung in Teheran als Feindbild kultiviert. Aristoteles hat wie gesagt einen schärferen Begriff der Wahrheit gegeben. Wahr ist ein Satz, der das Zusammenhängende im Zusammenhang und das Getrennte getrennt abbildet. Man sollte denken, dass dieses aristotelische Minimum heute, nach zweieinhalb Jahrtausenden eine Selbstverständlichkeit sei, jedenfalls für eine Zeitung wie «junge Welt». Solche Beiträge wie der Artikel von Brauns, den die «junge Welt» kommentarlos wiedergibt, sind den Imperialisten sehr willkommen. Sie lenken vor allem von einer grundlegenden Einsicht des wissenschaftlichen Sozialismus ab: sie unterschlagen nämlich, dass auch die – von der allgemeinen Warte aus gesehen – allervernünftigste und berechtigste und fortschrittliche Forderung der Arbeiterklasse unter bestimmten konkreten Umständen in ihr Gegenteil umschlagen und zur Waffe der Reaktion werden kann. Solche Artikel bzw. Autoren unterschlagen den Zusammenhang, in dem sie selbst stehen und die Rolle, die sie selbst spielen. Lenin lehrt uns:

“Selbstverständlich ist es ein Grundsatz der marxistischen Dialektik, daÖ alle Grenzen in der Natur und in der Gesellschaft bedingt und beweglich sind, daÖ es keine einzige Erscheinung gibt, die nicht unter gewissen Bedingungen in ihr Gegenteil umschlagen könnte.” (Über die –Junius–-Broschüre, 1916)

(27.05.2008-mh)