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Fünf Milliarden Franken für 22 Flugzeuge?

Die Beschaffungskosten der Schweizer Armee für 22 neue Kampfflugzeuge könnten mehr als doppelt so hoch ausfallen als geplant. Statt 2,2 Milliarden sollen nun die Vögel gemäss den aktuellen Offerten der drei Hersteller 3,5 bis 5 Milliarden kosten. Die Beschaffungskosten pro Maschine steigt damit von 100 auf bis 227 Millionen.

Und dabei handelt es sich erst um den reinen Beschaffungspreis für die Flugzeuge, Ausrüstungen, Simulatoren usw. Er habe zunächst «einmal herzhaft geflucht», als er mit den Zahlen der neuen Offerten konfrontiert wurde, erklärte Verteidigungsminister Ueli Maurer gegenüber Schweizer Radio DRS. Bereits im Herbst hatte der Departementsvorsteher des VBS angesichts der finanziellen Lage dem Bundesrat beantragt, vorläufig auf den Flugzeugkauf zu verzichten. Das VBS beabsichtigte, den sogenannten “Teilersatz der Tiger” mit dem Rüstungsprogramm 2011 vorzulegen.

Aber nun spricht der VBS-Chef schon von einer Aufschiebung um Jahre: Ohne zusätzliche Mittel liessen sich seiner Meinung nach in den nächsten Jahren keine Kampfjets beschaffen. «Die finanzielle Situation ist tatsächlich so angespannt, dass die Frage der Flugzeuge buchstäblich in der Luft hängt», wird Maurer zitiert.

127 Prozent teurer als geplant

Eine plötzliche Kostensteigerung um 127 Prozent gegenüber der Planung ist auch in der Rüstungsbranche ungewöhnlich hoch. Wie konnte man in der Planung so daneben hauen? Wurden die Kosten überhaupt gründlich erfragt? Laut DRS ist der VBS-Chef jedenfalls über die Abwicklung der Fliegerbeschaffung nicht glücklich. Ursprünglich sei man von ausgegangen, dass die Beschaffung gegen vier Milliarden koste, dann habe man aber den Betrag reduziert, weil weniger Geld zur Verfügung stand. Die Reduktion der Anzahl Kampfjets sei aber nicht gleichzeitig diskutiert worden, erklärte Maurer. Seiner Meinung nach habe man hier ein Planung vorangetrieben die «nicht mehr transparent war.»

Die vollen Kosten eines Flugzeuges (incl. Betriebskosten und Nachrüstungen) sind erfahrungsgemäss dreimal so hoch wie die Beschaffungskosten; das wären dann 10 bis 15 Milliarden über die Lebensdauer der Vögel. Wollte das VBS solche Summen aus dem ordentlichen Budget bestreiten, dann bliebe ihm im äussersten Fall 10 Jahre lang kein Rappen für andere Rüstungsprogramme übrig.

Maurer: Andere Prioritäten

Damit steht die Rüstungsbeschaffung vor der Prioritätenfrage, und Maurer beantwortet diese zu Ungunsten der Flugzeuge. Diese Position ist im Ergebnis zu begrüssen. Maurer wurde in den Bundesrat gewählt, um dort die arbeiterfeindliche Politik der SVP zu vertreten. Aber gleichzeitig leitet er das Militärdepartement und vertritt dort – soweit nach aussen erkennbar – eine patriotische(re) Linie gegen die von Aussenministerin Calmy-Rey angeführte Bundesratsmehrheit, welche nach EU-Mitgliedschaft und NATO-Eingliederung schielt. Maurer ist keiner von uns. Seine Fragen sind nicht unsere Fragen, und seine Antworten erst recht nicht die unsrigen. Dennoch ist es gut, dass das zuständige Bundesratsmitglied gewisse Fragen auf den Tisch bringt, die sich eben auch in der breiten Bevölkerung stellen.

Das ist sehr gut. Noch besser wäre, die Linke würde – Maurers Haltung unvoreingenommen analysierend – ihm hier “unter die Arme greifen”, sei es, um seinem Patriotismus Beine zu machen, sei es, um ihm die Maske vom Gesicht zu reissen. Aber die antimilitaristische Linke bevorzugt überwiegend eine Schwarz-Weiss-Sicht der Dinge und folgt der unelastischen Taktik, die ihr die “Gesellschaft für eine Schweiz ohne Armee” (GSoA) serviert. Anstatt die Risse im Bundesrat wahrzunehmen und sich darüber zu freuen, dass Maurer als einer von sieben sich gegen den Flugzeugkauf sperrt und diesen – mit welchen Absichten auch immer – objektiv zumindest verzögert und dessen Realisierung in Frage stellt, behauptet diese Gesellschaft auf ihrer Homepage pauschalisierend: «Ebenfalls drücken sich die sieben BundesrätInnen erneut davor, endlich eine klare Haltung zum Kauf der neuen Kampfflugzeuge einzunehmen.» (GSoA, 15.04.10).

(22.04.2010/mh)

Hauptquelle: Schweizer Radio DRS (20.4.2010)


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