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PCP zu den Beschlüssen der jüngsten EU-Gipfel


Pressemitteilung des Sekretariats des Zentralkomitees der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP):

Über die Beschlüsse der jüngsten Gipfeltreffen der Europäischen Union

Freitag, 28. Oktober 2011

1 – Die in den Sitzungen des EU-Rates und an den Gipfeltreffen der Euro-Zone getroffenen Entscheide bestätigen eine Richtung zur Steigerung der Ausbeutung der Werktätigen und der Völker, zur Konzentration und Zentralisation des Kapitals unter Umverteilung kolossaler öffentlicher Vermögen an die Monopole und besonders den Finanzsektor, zur Verschärfung einer Intervention kolonialen Typs in die wirtschaftlich zerbrechlicheren und abhängigen Länder wie Portugal.

2 – Die Beschlüsse dieser Gipfeltreffen, die Art und Weise, wie sie zustande kamen, die direkte Beteiligung des IWF, der repräsentativen Strukturen des Finanzkapitals in den Diskussionen und ihre Möglichkeit, Entscheide, die von Regierungen souveräner Staaten getroffen werden müssten, zu blockieren oder an Bedingungen zu knüpfen, bestätigen, welches Hauptziel die Diskussionen verfolgten: die Interessen der Banken und des grossen Finanzkapitals unter den Bedingungen des vollständigen Bankrotts der bisherigen Politiken und Massnahmen zur sogenannten Krisenbekämpfung zu retten.

Das milliardenschwere und skandalöse Programm zur “Rekapitalisierung des Bankensystems”, das konstruiert wird, um die gigantischen Profite des Finanzkapitals fortgesetzt zu alimentieren, nebst den beschlossenen neuen Modalitäten zur Stärkung und “Optimierung” des Europäischen Fonds zur Finanzstabilisierung (EFSF) bedeuten im Wesentlichen eine Umverteilung, auf direktem und indirektem Weg, von kolossalen Beträgen öffentlicher Gelder an die Banken.

Auf diese Weise kompensieren sich eventuelle “Verluste”, die aus dem vorhersehbaren “Schnitt” der griechischen Schulden und aus den Löchern resultieren, welche die Finanzspekulation geöffnet hat, deren Anreize in dem Masse erhalten bleiben, wie die “Rückendeckung” für das Finanzkapitals bei seinen spekulativen Manövern mit den Staatsschulden verschiedener Länder wie Italien gestärkt wird.

3 – Die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) macht auf die Intensivierung der Orientierungen aufmerksam, die zur Arbeitslosigkeit, zur Rezession der Wirtschaft, zur Zerstörung der produktiven Kapazitäten, zur Verarmung breiter Bevölkerungsschichten führen und einen Prozess einleiten, der den Werktätigen und den Völkern Europas willkürlich die Kosten einer Krise überwälzen will, an der sie keinerlei Verantwortung trifft und deren Hauptopfer sie sind.

Besonders schwerwiegend sind die Massnahmen, die zum Zweck der Beschleunigung und Vertiefung der sogenannten “Strukturreformen” (will heissen Angriffe auf Arbeiterrechte, Heraufsetzung des Rentenalters, Privatisierung von Betrieben, Service public und sozialen Aufgaben des Staates. Kürzung von Löhnen und Sozialleistungen) beschlossen wurden. Sie bilden nicht kalkulierbare soziale Rückfälle und führen zu äusserst schwierigen wirtschaftlichen Problemen. Es sind Massnahmen, von denen das Leben mit schrittweise aufeinanderfolgenden Austeritätspaketen gezeigt hat, dass sie nicht nur die Lebensbedingungen der Völker zerstören, sondern auch die Krise selbst vertiefen, die sie zu lösen behaupten. Dies beweist die Realität in Portugal.

In diesem Rahmen hat die Einladung an die Adresse der Privatbanken, dass man eine Abschreibung der griechischen Schulden um etwa 50% des nominellen Werts vornehmen möge, keineswegs die Bedeutung irgendeiner wirklichen Restrukturierung der hellenischen Schulden nach Massgabe der Interessen des griechischen Volkes. Eher zeigt sie den vollständigen Bankrott der sogenannten “Anpassungsprogramme” und “Austeritätspolitiken”, die bisher in jenem Land durchgeführt wurden. Im Gegenzug zu diesem Entscheid werden auf viele Jahre hinaus unzumutbare und untragbare Opfer von jenem Volk verlangt, werden seine Mechanismen zur souveränen Entscheidung fast völlig enteignet, und das Land wird mit einem Angriff des ausländischen Kapitals auf seine wichtigsten strategischen Sektoren überzogen.

4 – Die PCP warnt vor den ernsten Gefahren, die für Portugal aus dem Bündel von Beschlüssen folgen, welche die Zerstörung von sozialen Rechten und die Enteignung der Souveränität der Völker bezwecken. Zur Fortentwicklung all dessen, was zum Abschluss der föderalistischen Projekts für die Europäische Union im Dienste der unheilvollen Interessen der Monopole und des Direktoriums der Grossmächte liegt, haben sich diese Gipfeltreffen zu gravierenden Schritten entschlossen, namentlich: zur Vertiefung der europäischen Wirtschaftsregierung schon im “Europasemester” von 2012; zur Vertiefung des “Euro-Plus-Pakts”; zur Ankündigung des Kompromisses aller Mitgliedstaaten der Euro-Zone, die Defizit-Diktatur in ihre nationalen Gesetzen/Verfassungen zu verankern; zur Bestätigung dessen, was man schon vorher erlebte, unter anderem bei der “Empfehlung” der Europäischen Kommission, bei der “ständigen Supervision” der Budgetumsetzung, namentlich in Staaten, die dem Programm der Troika unterworfen sind, bei der “Wahl” eines “Präsidenten des Euro-Gipfels”.

Dass sie die von ihnen selbst mitverursachte Krise anrufen, hat eine besondere Bedeutung darin, gefährliche Önderungen der EU-Verträge auf die Agenda zu setzen, welche die nationalen Gesetzgebungen untergraben und die politische und wirtschaftliche Kontrolle seitens supranationaler Strukturen aufzwingen.

Die PCP bekräftigt, dass jeder Schritt vorwärts auf dem Weg des Föderalismus eine Gefahr für die Souveränität bildet, die Macht der Monopole stärkt und einen Schritt zurück für die Interessen der Völker bedeutet. Weniger Souveränität, weniger Demokratie, weniger wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, mehr Kriegsgefahren, das ist es, was zu erwarten ist, wenn es in gleicher Richtung weiter geht.

5 – Die PCP verurteilt die unterwürfige und den nationalen Interessen zuwiderlaufende Haltung der portugiesischen Regierung an diesem Gipfel. Eine Regierung, die in Fortsetzung der Stellungnahmen der vorangehenden Regierungen, mit allem Schlimmsten einverstanden war, was dort entschieden wurde. Es waren die Interessen der Banker, der Spekulanten, des grossen nationalen Kapitals, welche an diesem Gipfel durch die Regierung von PSD/CDS vertreten waren, und nicht die Interessen der Arbeiter und Bauern, der Altersrentner, der Kleinunternehmer, oder der jungen Generation.

Besonderes Gewicht kommt der Tatsache zu, dass in einer Zeit der wahren wirtschaftlichen und sozialen Katastrophe, wo Massnahmen zur Dynamisierung der Wirtschaftstätigkeit und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit erforderlich wären, in den Beschlüssen dieses Gipfels die Drohung neuer Austeritätsmassnahmen aufgestellt wird.

Erforderlich wäre die unverzügliche Neuverhandlung der öffentlichen Schulden Portugals bezüglich Zinsen, Fristen und Beträgen. Stattdessen bestätigte die Regierung ihre Gebundenheit an den Aggressionspakt, dessen Vollzug im Gang ist, und der, wenn er nicht verworfen und gebodigt wird, das Land in die Lage führen wird, in der sich heute Griechenland befindet.

Erforderlich wäre die Aufgabe von Fristen und Budgetvorgaben, die durch das besessene Festhalten am Ziel von 5% beim Defizit 2013 diktiert werden. Stattdessen bestätigte die Regierung ihr Einverständnis und ihren blinden Gehorsam für ein Ziel, das mit Auferlegung noch grösserer Opfer verbunden ist und jede Gesundung der Wirtschaft verunmöglicht. Wenn Zweifel über Natur der da verfolgten Politik bestehen sollten, dann würde es ausreichen, auf die erste und unmittelbarste Konsequenz dieses Gipfels in unserem Land zu schauen: den blitzartigen Anstieg der an der Börse kotierten Banktitel, sobald alle Garantien erteilt worden waren, dass in den nächsten gewaltige Mittel von der öffentlichen Hand zu den Banken wandern werden.

6 – Angesichts der Schwere der Krise des Kapitalismus und der Widersprüche, die sich innerhalb seines wichtigsten Instruments in Europa – der Europäischen Union – vertiefen, liegen die gefunden Antworten einmal mehr nicht in irgendeiner Önderung der Politiken, welche die heutige Lage herbeigeführt haben, sondern eher in der beschleunigten Vertiefung ihrer negativsten Aspekte und in einer authentischen Strategie des sozialen und zivilisatorischen Rückschritts in Europa.

Es tritt noch klarer hervor, dass der europäische Prozess der kapitalistischen Integration nicht auf irgendwelchen Grundsätzen der Solidarität und der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsion gründet und nicht den Werktätigen und den Völkern dient. Eher dient er um Asymmetrien der Entwicklung zu verschärfen, um zu einer allgemeinen und gewaltigen Offensive gegen die sozialen und Arbeiterrechte zu schreiten und um die Angriffe auf die Souveränität der Völker und auf die Demokratie selbst zu verschärfen, und somit die Herrschaft des Monopolkapitals – namentlich des Finanzkapitals – und der wichtigsten europäischen kapitalistischen Grossmächte, angeführt von Deutschland und Frankreich, zu vertiefen.

7 – Die PCP bekräftigt, dass die nun abgehaltenen Gipfeltreffen einen qualitativen Sprung in der Offensive des Grosskapitals und des Föderalismus in der Europäischen Union (mit Folge der Stärkung der Macht des Direktoriums, insbesondere Deutschlands) angesichts einer sich offensichtlichen vertiefenden Krise darstellen. Mehr als in der zynischen Ankündigung, dass diese Massnahmen die “Märkte” “beruhigen” werde, liegt die Wahrheit darin, dass die Europäische Union vollständig den Interessen und Entscheidungen des monopolistischen Kapitals hörig und unterworfen ist, und dass die EU noch mehr Öl in ein Feuer giesst, welches die Produktivkräfte in verschiedenen Ländern Europas verzehrt und den Völkern das Leben zur Hölle macht.

Was die abgehaltenen Gipfel zeigen, ist ein Europa des Rückschritts und der wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede. Ein Europa, das immer neoliberaler, föderalistischer und militaristischer wird, geleitet durch ein Direktorium von Grossmächten, das von Deutschland hegemonisiert wird (wie die Aufschiebung der Arbeiten des Rates in Abhängigkeit von der Realisierung einer Sitzung des Bundestags schön gezeigt hat), und das den schwächeren Volkswirtschaften, wie Portugal, verschärfte Herrschaftsbeziehungen von kolonialem Typus auferlegt.

8 – Angesichts der Beschlüsse dieser Gipfeltreffen nimmt die Schwere der Bedrohung der nationalen Unabhängigkeit und Souveränität und der Bedrohung der Rechte der portugiesischen Werktätigen und des portugiesischen Volkes noch zu. Deswegen gebietet sich die Intensivierung des Kampfes für den Bruch mit den Politiken der Europäischen Union und der Rechtspolitik der PSD/CDS-Regierung. Gebieterisch stellt sich die nationale Aufgabe, den Aggressionspakt zu verwerfen, der Portugal ins Desaster führt. Es gebietet sich eine Politik, welche die Verfassung der Republik einhält und durchsetzt, die ein Portugal mit Zukunft garantiert und dazu beiträgt, ein anderes Europa der Werktätigen und der Völker zu errichten.

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Quelle: Partido Comunista Português: Sobre as conclusões das recentes cimeiras da União Europeia (28.10.2011) – Übersetzung aus dem Portugiesischen: kommunisten.ch (28.10.2011)


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