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Nelkenrevolution: 25 de Abril sempre – heute wie vor 40 Jahren!

Vor genau 40 Jahren, unter den volkstümlichen Klängen des revolutionären Liedes «Grândola, vila morena», begann die Bewegung der portugiesischen Streitkräfte unter Führung von antifaschistischen Hauptleuten ihre Militäroperationen zum Sturz des faschistischen Regimes unter Marcelo Caetano. Die Taten jenes Tages sollten unter dem Namen Nelkenrevolution in die Geschichte eingehen, denn um die noblen Ziele der Hauptleute zu symbolisieren, wurden Nelken verteilt, an denen es in diesem Monat nicht fehlte, damit die Soldaten diese in ihre Gewehrläufe steckten.

Indem die Nelkenrevolution dem reaktionären faschistischen Regime, welches das portugiesische Volk seit Ende der 20er Jahre unterdrückt hatte, ein Ende setzte, beendigte sie auch den Kolonialkrieg, der sowohl auf portugiesischer Seite wie auf Seiten der afrikanischen Völker, die um ihre Freiheit und Selbstbestimmung kämpften, eine erhebliche Zahl von Opfern gekostet hatte. Die am 25. April 1974 vollbrachten Taten waren nicht nur wichtig, weil ein Tyrann abgesetzt und der kolonialistische Krieg beendet wurde, sondern auch als Beginn einer epochalen Umwälzung für die portugiesische Gesellschaft: es handelte sich nicht um einen einfachen Staatsstreich, sondern um eine soziale Revolution in jeder Hinsicht.

Die am besten organisierten politischen Widerstandskräfte gegen die Diktatur waren damals diejenigen der Linken, und die Mehrheit der beteiligten Offiziere wollte über die “simple” Eroberung der Demokratie hinaus gehen. Die portugiesische Linke, angeführt in erster Linie von der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) von Alvaro Cunhal, ergriff die Gelegenheit, für welche ihre Aktivisten unter der faschistischen Repression gelitten und gekämpft hatten: um die portugiesische Gesellschaft radikal zu verändern, und setzte der Revolution als oberste Werte die Freiheit, Demokratie und soziale Gerechtigkeit im Dienste der Arbeiter- und Volksmassen. Der “25 de Abril” bildet nicht nur den Schlusspunkt für die faschistische Diktatur, sondern vor allem ist er ein ewiges Symbol der Selbstbestimmung des Volkes und der sozialen Befreiung eines ganzen Landes. Es ist in der Tat kein Zufall, wenn die Präambel der Verfassung der Republik die Abgeordneten dazu anhält, den “Weg für eine sozialistische Gesellschaft” aufzumachen, während der Premierminister der provisorischen Regierung, Genosse Oberst Vasco Gonçalves, kein Geheimnis aus seiner Losung “rumo ao socialismo” machte.

Nach Beseitigung des Faschismus wurden wichtige Strukturreformen umgesetzt, wie die Nationalisierung der Banken und der strategischen Sektoren der Volkswirtschaft, die Agrarreform, die Einführung des Mindestlohnes (auf die wir in der Schweiz noch warten!), der 13. Monatslohn, die Arbeitslosenunterstützung, Erhöhung der Altersrenten, sowie Einführung der Koalitionsfreiheit und des Streikrechts. Nicht zu vergessen die Gleichstellung zwischen Frau und Mann und die Erweiterung des Zugangs zu grundlegenden Diensten wie Bildung und Gesundheit auf das ganze Volk. Um die Revolution zu retten, mussten Vasco Gonçalves und die Bewegung der Streitkräfte jedoch maskierten Angriffen sowohl des einheimischen wie des externen Kapitals die Stirn bieten, welches im Bewusstsein, die vom Faschismus garantierten Privilegien zu verlieren, zu den perversesten Methoden griff, um die revolutionäre Einheit zu destabilisieren.

Der klare Wille zur Überwindung der bürgerlichen Ordnung, um eine sozialistische Demokratie aufzubauen, liess nach, und dies nicht nur wegen den vorhersehbaren Infiltrationen der imperialistischen Mächte (die im Vorjahr den Präsidenten Salvador Allende in Chile weggeputscht hatten, und die noch heute zum Schaden der bolivarischen Revolution in Venezuela intervenieren), sondern auch und vor allem durch den Verrat der Sozialistischen Partei, die sich mit den konservativen und liberalen Kräften verbündete und nicht imstande war, den Weg der linken Einheit fortzusetzen. Die Perspektive des Sozialismus erlosch, und in den nachfolgenden Jahren haben die Mitte-Rechts- und Mitte-Links-Regierungen sich darin abgewechselt, die wichtigen sozialen Reformen anzugreifen, zu schmälern und auszuhöhlen, die das portugiesische Volk – nach den Jahren der faschistischen Unterdrückung und des wirtschaftlichen Korporativismus – an jenem 25. April vor 40 Jahren erobert hatte.

Heute ist es wichtiger denn je, an diesen Moment zu erinnern, zumal der Reichtum der portugiesischen Erfahrungen sich nicht auf die Grenzen Lusitaniens beschränkt; diese Erfahrungen erstrecken sich auch auf den internationalen Kampf für eine demokratischere, gerechtere, gleichere und sozialere Gesellschaft. Wer an die Werte des Sozialismus glaubt, muss die Nelkenrevolution und ihre nachrevolutionäre Phase mit Bewunderung, aber auch mit der richtigen Kritik und mit dem richtigen intellektuellen und politischen Interesse, betrachten. Es war von Anfang an eine atypische Situation: sie fand in Westeuropa statt, wo kaum einer sich vorstellen konnte, dass ein radikaler Umsturz der Gesellschaft überhaupt noch möglich sei, und dies zu einer Zeit, in der sich anderswo, auch unter den Kommunisten, opportunistische und revisionistische Visionen den Weg bahnten, welche jede revolutionäre Erhebung ablehnten. Aber der “25 de Abril” war auch atypisch, weil er inmitten der Erdöllkrise des Kapitalismus stattfand, die den Weg für den knallharten, arbeiterfeindlichen Liberalismus öffnete. Der Genosse Oberst Vasco Gonçalves sagte, aus der Distanz einiger Jahrzehnte zum fernen 1974: «Heute denke ich, dass es keinen Raum für einen ‘dritten Weg’ gibt. Die Erfahrung der Vergangenheit und Gegenwart zeigt uns, dass der ‘dritte Weg’ immer nach rechts führt, in Richtung der Reformierung der kapitalistischen Herrschaft, durch die Idee einer angeblichen ‘Reform des Kapitals’. Man versucht einen Reformkapitalismus anzustreben, ohne den Kapitalismus zu überwinden. Der Kapitalismus ist nicht reformierbar, denn die ihm zugrunde liegenden und für sein Überleben unentbehrlichen sozialen Beziehungen sind ihrem Wesen nach ungerechte und beruhen auf der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen. Der ‘dritte Weg’ verfolgt keine tiefgreifenden Eingriffe in die ökonomischen und sozialen Strukturen. Es reicht ein Blick nach England, Frankreich oder Deutschland, um sich davon zu überzeugen. Jospin in Frankreich, Schröder in Deutschland und Blair in Grossbritannien haben in der Praxis die Politik von Neoliberalismus und Privatisierungen übernommen. Alle, die sich zwischen Kapitalismus und Sozialismus stellen möchten, enden schliesslich bei der Übernahme der neoliberalistischen Politiken.»

Es ist heute, am Anfang des 21. Jahrhunderts, erforderlich, über die Erinnerung an den portugiesischen Kampf von 1974 hinaus zu blicken und dessen Lehren in gesamthafter Weise zu erfassen. Unsere Aufgabe ist es, die Risiken von autoritären Entwicklungen, die unter der Decke einer immer mehr zur blossen Formalität verkommenden Demokratie vor sich gehen, nicht zu banalisieren, sondern den allem anderen vorangehenden Antifaschismus zu unterstreichen, angesichts der Hinwendungen der europäischen Bourgeoisie zum Polizei- und Überwachungsstaat. Unsere Pflicht als Kommunisten besteht , heute wie damals, präzis darin, neue Räume für die Aktionseinheit der breiten Volksschichten und der fortschrittlichen Kräfte zu erkunden. Und unser militanter Einsatz gilt der Verurteilung jeder Form des Imperialismus zum Schaden der afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Völker, der Völker von armen Ländern, die sich zu entwickeln versuchen; denn genau um alldies ging es am 25. April 1974!

Die Kommunistische Partei der Italienischen Schweiz setzt sich dafür ein, den Werten des “25 de Abril” neuen Impuls zu geben: Freiheit, Demokratie, Solidarität, Volkssouveränit, Gleichheit! Portugal, die Länder Südeuropas, und nicht nur diese, stehen vor einer neuen Diktatur: der Diktatur der Märkte und der Finanz, welche die Völker unterdrückt. Der Kampf für eine neue Gesellschaft ist vor 40 Jahren nicht eingestellt worden, er setzt sich fort mit einer festen Strategie, jedoch mit flexibler Taktik, die der Zeit angepasst ist, um gegen die neuen Ausdrucksformen der Reaktion und des Kapitalismus zu kämpfen.

Viva o 25 de Abril! – 25 de Abril, sempre!

Kommunistische Partei der Italienischen Schweiz

Massimiliano Ay, Politischer Sekretär

Stefano Araujo, Abt. Internationale Politik und Zusammenarbeit


Original: PC della Svizzera Italiana: Rivoluzione dei Garofani: è sempre il 25 aprile, come 40 anni fa! (Venerdì 25 Aprile 2014) – Übersetzung: kommunisten.ch (mh/25.04.2014)


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