Wir dokumentieren nachstehend im vollen Wortlaut in deutscher Übersetzung die Interpellation des Tessiner Grossrats und Sekretärs der Kommunistischen Partei Massimiliano Ay über die Ausbreitung der subversiven islamistischen Bruderschaft von Fethullah Gülen in der Schweiz. Diese Sekte, welcher eine Schlüsselrolle beim jüngsten Putschversuch zugeschrieben wird, hat sich offenbar seit Jahren auch in unserem Land festgesetzt. Entsprechende Presseberichte werfen Fragen auf, welche hier in Form eines parlamentarischen Vorstosses an die Tessiner Regierung adressiert werden, sich aber in der Deutschschweiz nicht minder stellen. (mh/28.07.2016)

28. Juli 2016

Nach dem Putschversuch gegen die verfassungsmässige Ordnung der Türkischen Republik in der letzten Woche scheint es sich immer deutlicher auf der Hand abzuzeichnen, dass die islamistische Bruderschaft des Imams Fethullah Gülen, die nach Schätzung der ökonomischen italienischen Tageszeitung “Il Sole 24 ore” einen Umsatz von gut 25 Milliarden Dollar kontrollieren soll, eine entscheidende Rolle bei der Erhebung der Putschisten gespielt hat.

Gemäss den Abklärungen der oppositionellen laizistischen Tageszeitung “Aydinlik” hat diese Sekte seit den 70er Jahren einen islamisch-fundamentalistisch geprägten und dem Säkularismus und der institutionellen Laizität feindlichen, subversiven Charakter angenommen.

Laut dem progressiven Tessiner Informations-Portal “sinistra.ch” soll die Sekte überdies auf internationaler Ebene zahlreiche Stiftungen kontrollieren, wie die “Harmony Public Scools” und die “Cosmos Foundation” in den Vereinigten Staaten; die “Kafkas University” in Aserbeidschan, usw. Und auch unser Land soll betroffen sein. Wenn die in der Neuen Zürcher Zeitung vom 18. Juli 2016 gebrachten Informationen zutreffen sollten, ergibt sich daraus, dass diese Bewegung auch in der Schweiz aktiv wäre, und nicht erst seit gestern: schon am 2. November 2009 hatte die schweizerische Zeitschrift “Beobachter” Recherchen über Informationen der Sekte auf dem Gebiet der Schweiz vorgelegt, und entdeckte immerhin acht Privatschulen (siehe Grafik), die sich auf die Deutschschweiz konzentrieren und direkt der umstürzlerischen Doktrin des oben erwähnten Imams verpflichtet sind. Dieser Aspekt erhielt weitere Bestätigung durch die im darauffolgenden Jahr der Universität Zürich vorgelegte Master-Diplomarbeit des Schweizer Soziologen Thierry Kaufmann.

Mit der vorliegenden Interpellation frage ich den Staatsrat das Folgende:

(1) Ob die Anwesenheit dieser Bruderschaft in unserem Land als Grund zur Besorgnis über Sicherheit oder konfessionellen Frieden zu betrachten ist?

(2) Ob er Kenntnis von schulischen oder anderen kulturellen, unternehmerischen oder religiösen Einrichtungen hat, welche mit dieser Bruderschaft verbunden und auf dem Territorium des Kantons Tessin präsent sind?

(3) Ob er beabsichtigt, sich mit der zuständigen Stelle des Bundes zu koordinieren, damit die Aktivitäten dieser Bruderschaft im Sinne der Gesetze überwacht werden?

Massimiliano Ay
Abgeordneter der Kommunistischen Partei
[im Grossen Rat des Kantons Tessin]

Original (ital.): Diffusione nel nostro Paese della confraternita islamista di Fetullah Gülen | partitocomunista.ch (28 Luglio 2016)

Zur Antwort des Staatsrats, siehe: Fetullah Gülen und die drei Affen

Siehe auch:

• Weitere Texte und Artikel von Massimilano Ay
• Dokumente der Kommunistischen Partei der Italienischen Schweiz
• Länderdossier Türkei