Wer hat in Syrien Giftgas eingesetzt?
Zu dieser Frage und mit dem gleichen Titel hat gestern ein Friedensforscher von internationalem Ruf, der Schweizer Historiker Prof. Dr. Daniele Ganser einen Artikel publiziert, in welchem er sich schwergewichtig mit der medialen Präsentation des Vorfalls von Khan Scheikhun am 4. April auseinandersetzt, und diese in eine Reihe mit bekannten Kriegslügen der Geschichte stellt, von der Tonking-Lüge im Jahre 1964 über die Brutkasten-Lüge von 1990 bis zu den verschiedenen Greuelmärchen über angebliche Einsätze von Chemiewaffen durch die Armee der Arabischen Republik Syrien. Zumal es absehbar ist, dass diese Reihe von False-Flag-Operationen sich auch in Zukunft fortsetzen wird – und laut Staatspräsident Wladimir Putin verfügt die Aufklärung der Russischen Föderation dafür konkrete Anhaltspunkte – empfehlen wir die Lektüre des vollständigen Artikels von Ganser, der nachfolgend kurz angerissen wird. – Dem Autor darf übrigens für einen medienrechtlichen Erfolg gratuliert werden: Daniele Ganser ist gerade als “unumstrittener” Sieger aus einer Auseinandersetzung mit dem Fernsehmoderator Jonas Projer hervorgegangen, indem der Ombudsmann die Flut von Zuschauerbeschwerden in der Substanz gutgeheissen hat, welche sich gegen eine TV-Debatte richteten: darin hatte Projer als Gesprächsleiter seinen Gast Ganser in Verhöhnung aller guten Gesprächskultur auf unredliche Weise angegriffen und als Verschwörungstheoretiker gebrandmarkt wurde, wozu er zu vorbereiteten Angriffsmitteln in Form von sinnentstellend zurechtstutzten Zitaten aus einer Korrespondenz Gansers griff, und überdies dem Beleidigten das zur Verteidigung ergriffene Wort entzog. (mh/12.04.2017)
Wer hat in Syrien Giftgas eingesetzt?
Von Daniele Ganser
In Syrien ist es in Khan Scheikhun am 4. April 2017 zu einem Giftgasangriff gekommen der mehr als 70 Todesopfer forderte. Doch wer dahintersteckt, ist bisher völlig unklar. Waren es die Gegner von Assad? Akteure aus dem Ausland? Oder das syrische Militär? Weil viele Fragen offen sind, wäre Zurückhaltung und Vorsicht in der Analyse geboten. Doch die Massenmedien in Deutschland und der Schweiz tun das Gegenteil.
Blick und Bild trommeln für den Krieg
Blick und Bild haben den Giftgasangriff ohne Beweise sofort Präsident Baschar al-Assad angelastet, und damit die Bombardierung von Syrien durch US-Präsident Donald Trump vermeintlich gerechtfertigt. In der Schweiz titelte die Gratiszeitung Blick am Abend am 7. April: „Trumps Antwort auf die toten Kinder … Er rächt Assads Giftgas-Angriff auf unschuldige Zivilisten.“ Ganz ähnlich lautete die Bild Schlagzeile in Deutschland am 8. April: „Trump rächt Syriens vergaste Kinder“. Bild druckte auf der Titelseite amerikanische Raketen gemeinsam mit einem syrischen Kind mit Sauerstoffmaske ab. Kommentar: „Nach Assads Giftgas-Angriff vom Dienstag: Ein Kleinkind wird mit Sauerstoff versorgt“.
Tonkin-Lüge
Die Journalisten von Bild und Blick müssten wissen, dass List, Lüge und Täuschung immer zum Krieg gehören. Wenn sie Lügen ungeprüft an die Massen weiterreichen, treiben sie die Gewaltspirale an. Historikern wie mir sind viele Fälle bekannt, wo Kriegslügen grosses Leid erzeugt haben. Am 4. August 1964 hatte US Präsident Lyndon Johnson am Fernsehen behauptet, dass das amerikanische Kriegsschiff Maddox im Golf von Tonkin mit Torpedos von Vietnam angegriffen worden war. Heute wissen wir, das war eine Lüge. Die Maddox wurde nie von Torpedos getroffen. Johnson hatte damals wörtlich gesagt, „wiederholte feindliche Handlungen gegen amerikanische Schiffe im Golf von Tonkin haben mich heute gezwungen, das Militär der USA anzuweisen, zu reagieren … es braucht Härte, um den Frieden zu sichern.“ Johnson eskalierte damit den Vietnamkrieg, der erst 1975 endete. Die Tonkin-Lüge hatte fatale Folgen: Rund drei Millionen Vietnamesen wurden im Vietnamkrieg getötet, viele davon Kinder.
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