Portugal: Aus für die sozialistische Mehrheitsregierung
Die Sozialistische Partei unter Premier José Sócrates hat die Mehrheit im Parlament verloren. Erwartungsgemäss blieben die Sozialisten aber in den Wahlen zur Assembleia da República, der einzigen Kammer des Parlaments, die stärkste Partei. Ihr Wähleranteil fiel von 45 Prozent an den Wahlen 2005 auf nunmehr knapp 36%. Dieser Verlust von fast zehn Prozentpunkten kam nicht speziell der grossen bürgerlichen Oppositionspartei Partido Popular Democrático – Partido Socialdemocrático (PPD-PSD) zu gute. Auch alle kleineren Oppositionsparteien konnten sich verbessern und liegen dicht aufeinander im Bereich eines 10%-Anteils. Es sind dies in dieser Reihenfolge die rechts stehende Partei Centro Democrático Social – Partito Popular (CDS-PP), der Bloco de Esquerda (Linksblock) und das von der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) angeführte Wahlbündnis Coligação Democrática Unitaria (CDU).
Provisorische Ergebnisse der portugiesischen Parlamentswahlen vom 27. September 2009
Partei | Stimmenzahl | (Stimmen 2005±) | Prozentanteil | (Anteil 2005±) | Sitze | (±) |
---|---|---|---|---|---|---|
PS | 2.068.665 | (-505.309) | 35,56% | (-9.49%) | 96 | (-24) |
PPD/PSD | 1.646.097 | (+6.269) | 29,09% | (+0.39%) | 78 | (+6) |
CDS-PP | 592.064 | (+176.895) | 10,46% | (+3.20%) | 21 | (+9) |
Bloco de Esquerda | 557.109 | (+192.661) | 9,85% | (+3.47%) | 16 | (+8) |
CDU (PCP-PEV) | 446.174 | (+14.163) | 7,88% | (+0.32%) | 15 | (+1) |
Aus der Sicht der Kommunisten ist der Wahlausgang als Erfolg zu werten.
Dies nicht nur wegen der (bescheidenen) Steigerung der Stimmenanzahl und des Wähleranteils gegenüber den Wahlen 2005. Auch das zweite Wahlziel, der Sturz der Alleinregierung der Sozialisten, wurde erreicht. Die Regierung Sócrates hatte in in ihrer Rücksichtslosigkeit bei der Durchsetzung der neoliberalen Politik jede Vorgängerregierung übertroffen. Sócrates hatte die primistivsten Wahlversprechen von 2005 gebrochen; die SP-Mehrheit verhinderte zum Beispiel eine von der kommunistischen Fraktion beantragte Anhebung des Mindestlohns von 450 Euro auf die von der SP im Wahlkampf versprochenen 600.
Die Sozialisten hatten mit ihrer Niederlage gerechnet. Gewaltige Massendemonstrationen von mehr als 100’000 Lehrern, Manifestationen mit einer Viertel Million Arbeitern, zahlreiche Protestaktionen von Bauern, Fischern, Jugendlichen, Militärs und anderen Teilen der Gesellschaft haben einen Absturz der SP in der Wählergunst erwarten lassen. Einige Parteistrategen wollten offenbar einen rettenden Strohhalm im Linksblock erkennen, welcher als Auffangbecken für die Stimmen von enttäuschten SP-Anhängern gedacht war. Bei dieser Partei handelt es sich um ein Mitglied der “Europäischen Linkspartei”. Der Linksblock ist politischer Ausdruck kleinbürgerlicher, nichtproletarischer Klassenlage oder ebensolchen (individualistischen) Bewusstseins. Nach der Zusammensetzung von Führungsmannschaft und Kadern, handelt es sich beim Bloco um eine Ansammlung von Ex-Trotzkisten, Maoisten, abtrünnige oder ausgeschlossene PCP-Mitglieder, Linkssozialisten. Ihre Bereitschaft zur Koalition mit der SP ist offensichtlich; Lissabon und andere Städte werden von Koalitionsregierungen der SP mit dem Linksblock verwaltet. Deshalb haben die staatlichen Medien, die unter Kontrolle der Regierung arbeiten, sich einige Mühe gegeben, den “Linksblock” etwas aufzuwerten. Gemessen am Umgang, den privat und staatliche Medien mit dem KP-Führer Jeronimo de Sousa pflegten, dessen Auftritte und Aussagen gewöhnlich ignoriert wurden, konnte sich der Chef des Linksblocks, Francisco Louçã, jedenfalls nicht beklagen. Er war das Hätschelkind der Prognoseinstitute und der Medien.
Die neue Zusammensetzung des Parlaments zwingt die Sozialisten zum Entscheid, ob sie sich nach links oder nach rechts verbünden wollen. Für eine Mehrheit im Parlament mit insgesamt 226 Sitzen reicht den Sozialisten ein Abschluss mit der kleineren Rechtspartei CDS (96+21=117). Mit dem Linksblock allein können sie keine Mehrheitskoalition bilden (96+16=112). Wenn sie nach links regieren wollen, dann sind sie folglich auch auf die Toleranz der Kommunistischen Partei angewiesen, damit ihr Kabinett Vertrauensabstimmungen überstehen kann.
Wir gratulieren den portugiesischen Genossen zu ihren Wahlerfolgen und zur erfolgreichen Wahlkampagne, deren Wirkungen sich natürlich nicht allein im Sturz der SP-Regierung und im Abschneiden der Kommunisten in den Wahlresultaten ausdrücken, sondern im Fortschritt des Kampfes auf allen Ebenen!
(28.09.9002/mh)
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