Die 'Chicago boys' in Chile
Die schreckliche wirtschaftliche Erfahrung des Neoliberalismus, importiert aus der Schule der USA, hat unsere Tage mit einem Volk erreicht, das die chilenischen Straßen füllt und das Ende des Modells fordert, welches die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer macht
Von Elson Concepción Pérez (Granma, 1. Nov. 2019)
Mit der Philosophie, dass „die menschliche Natur die Marktwirtschaft ist“, wurde das Chile aus der Zeit der Diktatur von Augusto Pinochet zum „erwünschten“ Labor, um das sogenannte Modell der Chicago boys anzuwenden.
Die Umsetzung eines rücksichtslosen Neoliberalismus, der als Stütze der Diktatur dient und die Unterdrückung all jener, die gegen die Auswirkungen dieser Maßnahmen protestierten, war eine Konstante im chilenischen Entwicklungsmodell.
Augusto Pinochet hinterließ das System so fest verankert, dass die chilenische Gesellschaft heute, 46 Jahre nach dem Putsch gegen Salvador Allende, noch immer denselben Gesetzen und anderen Regeln unterliegt, als wäre inzwischen nichts passiert.
Da sind die bewaffneten Polizisten, um zu „beschützen“, was die Chicago boys eingerichtet haben.
Orlando Letelier, der zur Zeit Salvador Allendes Botschafter und Regierungsminister war und am 21. September 1976 in Washington von der chilenischen DINA und der US – amerikanischen CIA ermordet wurde, hinterließ einen 25 Tage vor seinem Tod verfassten Aufsatz über die Wirtschaftspolitik der Chicago boys und wie sie in Chile während der Militärdiktatur umgesetzt wurde.
In dem Aufsatz heißt es: „Das Wirtschaftsprogramm wurde von einer Gruppe chilenischer Wirtschaftswissenschaftler umgesetzt, von denen die meisten an der Universität von Chicago von Milton Friedman und Arnold Harberger ausgebildet wurden. Die tief in die Vorbereitung des Staatsstreichs verwickelten Chicago boys stützten sich auf die putschenden Militärs.“
Der Sonderausschuss des US-Senats für Nachrichtendienste machte bekannt, dass die „Mitarbeiter der CIA“ bei der Planung der Wirtschaftsmaßnahmen mitwirkten, die die chilenische Junta unmittelbar nach der Machtübernahme einführte. Zu diesem Zweck erhielten die Chicago boys Gelder von der CIA, wie das Wall Street Journal am 2. November 1973 schrieb.
Mister Friedman und Professor Harberger, Inspiratoren der Chicago boys, besuchten Chile, um eine „Schockpolitik“ für die Wirtschaft des Landes zu fördern, die laut einer Veröffentlichung der Zeitung El Mercurio vom 23. März 1975 in Santiago als „die einzige Medizin“ galt.
Die dort umgesetzten Prinzipien des Wirtschaftsmodells sehen den privaten Sektor als einzig möglichen Rahmen für die wirtschaftliche Entwicklung an und daher müsse dieser der vorherrschende in der Wirtschaft sein.
Ebenso wurde die Auffassung vertreten, dass die Inflation nur durch die Reduzierung der Staatsausgaben und die Minimierung oder Aufhebung der Rolle des Staates in der Gesellschaft beseitigt werden könne.
In diesem Sinne sind „Unterdrückung der Mehrheiten und wirtschaftliche Freiheit für privilegierte Gruppen in Chile zwei Seiten derselben Medaille“.
Für Brenda Mendoza Baz von der Päpstlichen Katholischen Universität von Peru waren „die Aktionen, die die Chicago boys im Rahmen ihrer beruflichen Positionen (Berater, Minister und Hochschullehrer) während der Militärregierung von Augusto Pinochet durchführten, ein entscheidender Faktor in der Umsetzung des Neoliberalismus und die Hauptauswirkungen seiner Anwendung waren die Konzentration des Reichtums in einer Minderheits-Unternehmergruppe und die Verschlechterung der Lebensbedingungen der ärmsten Bevölkerung.“
Im Oktober 2019 haben die Menschen in Chile nicht nur die Polizei herausgefordert, die unterdrückt und tötet, sondern auch eine Regierung, die daran festhält, diese katastrophale Wirtschaftspolitik fortzusetzen, die nach dem amerikanischen Rezept der Chicago boys auf der Grundlage neoliberaler Theorien umgesetzt wurde und durch militärische Gewalt aufrechterhalten wird.
Chile ist seit Jahrzehnten gescheitert. Die Studenten, die jungen Menschen und die ärmste Bevölkerung können eine Realität nicht länger ertragen, die radikale Veränderungen erfordert, auch wenn Präsident Sebastián Piñera anders denkt.
Im Kontext
- Chicago Boys ist ein Begriff, der in den 1970er Jahren auftauchte, um die liberalen Ökonomen zu bezeichnen, die an der Universität von Chicago unter der Führung der Amerikaner Milton Friedman und Arnold Harberger ausgebildet worden waren.
- Inmitten des Kalten Krieges verlieh die Universität Chicago Stipendien an eine Gruppe von 25 chilenischen Ökonomen, von denen die meisten in den 1960er Jahren an der Päpstlichen Katholischen Universität von Chile studiert und an der Universität von Chicago postgraduale Studien absolviert hatten, um sich von Milton Friedman ausbilden zu lassen. Zwanzig Jahre später, inmitten der Diktatur, machten sie Chile zur Bastion des Neoliberalismus in der Welt.
- Die reinsten Labors der Chicago boys wurden in den Militärdiktaturen des lateinamerikanischen Südkegels der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts eingerichtet.
Quellen: spanische Zeitung El País, Website Regeneración, Wikipedia
Übernommen von Granma.ch (1. Nov. 2019)