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Zur Medienkampagne vor und nach den Wahlen im Iran:

Jorge Cadima: Freundschaftliche Ratschläge

Der Fieberwahn der euroamerikanischen Medien und Regierungen angesichts der iranischen Wahlen – was auch immer die Faktenlage sein und wie die Beurteilung des iranischen Regimes auch ausfallen möge – legen doch einige freundschaftlichen Ratschläge nahe.

Wie wäre es, wenn man die Gouverneure von Florida (den von 2000) und von Ohio (2004) hinsenden würde, um die Iraner zu unterweisen, wie man Wahlen ernsthaft durchführt? Wie, wenn man die Verantwortlichen des Gefängnisses von Abu Ghraib im besetzten Irak oder jene des Konzentrationslagers von Guantánamo nach Teheran schickte, um den mittelalterlichen Orientalen den hohen Stand der westlichen Demokratien im Umgang mit politischen Gefangenen beizubringen? Oder den Präsidenten von Peru, Alan Garcí­a (Verbündeter der USA und Mitglied der Sozialistischen Internationale) in den Iran zu bringen, damit er dort sein Wissen weitergibt, wie man Dutzende von Manifestanten vom Helikopter aus massakrieren – so geschehen vor kaum mehr als 14 Tagen – und sich dabei das komplizenhafte Schweigen der westlichen Massennedien und Regierungen sichern kann? Er könnte sogar von amerikanischen Militärs begleitet werden, die selbst nach Angaben der afghanischen Regierung routinemässig Dutzende von Zivilisten von Flugzeugen aus niedermetzeln, was auf Seiten der schockierten EU eine äusserst harte Reaktion auslöst, und zwar: jedesmal mehr Truppen dorthin zu verlegen, um in der Reihe “unserer alliierten” fliegenden Mörder zu kämpfen. Mögen sie doch auch Israels Regierung dorthin schicken, die seit 60 Jahren Palästinenser hinschlachten, ohne dass solches “dem Westen” den Schlaf raubt. Und wie wäre es, wenn man auch die Chefs der am meisten proamerikanischen Staatschefs der islamischen Welt nach Teheran schicken möchte? Saudi-Arabien wird gewiss über anerkannte Fachleute in der Organisation beliebiger Wahlen verfügen, was ihm scheinbar zur Stellung des seit Jahrzehnten treuesten Verbündeten der USA in der Region verholfen hat. Die Europäische Union, welche kürzlich beschlossen hat, das Referendum über den Vertrag von Lissabon in Irland (das einzige, welches sie nicht verhindern konnte) zu wiederholen, kann Durão Barroso senden, der Lektionen über den gewaltigen Respekt erteilen kann, den man für den Volkswillen aufbringen muss, wo immer sich dieser an der Urne äussert.

Die Eliten der westlich-kapitalistischen Welt, welche in diesen Tagen Vorwürfe und Klagen gegen die iranischen Führer erheben, können noch mehr nützliche Dinge lehren. Der italienische Premier Berlusconi kann Seminare über “good governance” abhalten und den zaghaften iranischen Regierungsleuten zeigen, wie man auf einem hohen Niveau von Strenge und Moral die öffentlichen Angelegenheiten verwaltet – in der Zwischenzeit von einem Bacchanal zum anderen. Die wirtschaftlich Verantwortlichen der USA, von General Motors, AIG, Citibank, Lehman Brothers, diejenigen der EU (zuvorderst Lettlands) und von Island können Anleitungen für die Wirtschaft anbieten. Und die britischen Parlamentarier können ihren Amtskollegen im Iran darlegen, was Ethik und Moral bedeuten, während Tony Blair und sein Ex-Minister Gordon Brown über die Wichtigkeit der Wahrheit im politischen Leben referieren können.

Man sagt uns also, es habe Wahlbetrug gegeben. Man hatte uns seinerzeit auch gesagt, dass es Massenvernichtungsmittel im Irak gebe. Und Genozide im Balkan. Ebenso sagte man uns, dass die Grundlagen der Volkswirtschaften solide seien. Wieso sollten wir denen glauben? Auch in Venezuela haben sie es geschafft, Tausende (vorwiegend aus der Mittel- und Oberschicht) auf die Strassen zu bringen, um den Sturz “des Diktators” zu bewerkstelligen, der legitim eine Wahl nach der anderen gewonnen hat. Sie organisierten sogar einen Staatsstreich, zur Freude der CNN. Von der Ukraine bis zu Moldawien zeichnet sich der Brauch ab, dass “Betrug” geschrien und Unruhen organisiert werden, wenn der von den Amerikanern gestützte Kandidat nicht gewinnt. Die Berichterstatterin der staatlichen portugiesischen TV-Kanals RTP, Márcia Rodrigues, die keiner Sympathie mit dem Regime verdächtigt wird, sprach von gigantischen Volksversammlungen Ahmedinejads, die nie in den anglo-amerikanischen TVs zum Vorschein kamen. Es ist kein Geheimnis, dass der Iran Zielscheibe von Drohungen und Aggressionen der USA, Grossbritanniens und Israels war. Es ist ein Land, das von vielen Zehntausenden von US-amerikanischen Soldaten im benachbarten Irak und Afghanistan umgeben ist. Der CIA verfügt über einen Plan, um das widersprüchliche und gespaltene iranische Regime «zu destabilisieren und eventuell zu stürzen» (Telegraph, 27.5.07). Wieso sollten wir den Worten dieser Leute glauben?

Wenn auch diese “farbige Revolution – Teil X” keine Wirkung zeigen sollte, dann wird Durão Barroso vielleicht den “Gipfel von Lajes Teil II” einberufen1. Die tausend Millionen von menschlichen Wesen, die laut UNO Hunger leiden (BBC 20.6.09) – hundert Millionen mehr als vor einem Jahr (!) – werden warten müssen. Der Imperialismus hat andere Prioritäten.

Quelle/Original: Jornal «Avante!» (25.06.2009) – Übersetzung: kommunisten.ch (mh/lih)

1 Anmerkung d. Übers.: Auf dem US-Stützpunkt Lajes auf den Azoren empfing der damalige portugiesische Premier Durão Barroso am 16. März 2003 den US-Präsidenten Bush, den britischen Premier Blair und seinen spanischen Kollegen Aznar, um die letzten Kriegsvorbereitungen zu treffen. Von dort aus wurde dem Irak ein 24-Ultimatum zur Abrüstung gestellt. Am 20. März entfesselte Bush den Irakkrieg.

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