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Athen unter allgemeinem Alarmzustand

Am Mittwoch fanden zusammen mit dem Generalstreik in vielen Städten Griechenlands Protestkundgebungen des griechischen Volkes gegen den Plünderungszug des Grosskapitals auf ihr Land statt. In Athen gingen Hunderttausende auf die Strasse. Es dürfte sich um die grösste Massendemonstration seit Jahrzehnten handeln. Der Streik hat praktisch das Land wirtschaftlich lahmgelegt. Die öffentlichen Verwaltungen und der Verkehr kamen zum Erliegen. In vielen Städten wurden die Rathäuser von Streikenden Gemeindeangestellten besetzt. In Athen besetzten die Streikenden das Finanzministerium und andere Paläste. Etwa 200 Anhänger der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) besetzten den Hügel der Akropolis und entrollten grosse Transparente mit dem weit sichtbaren Aufruf “Völker Europas, erhebt Euch!”.

In die gewaltigen Menschenmassen mischten sich in Athen, Saloniki und anderen Städten kleine Gruppen von Provokateuren, mit gezielten Aktionen wie der Inbrandsetzung eines Bankgebäudes in der Hauptstadt, was zum Erstickungstod von drei eingeschlossenen Bankangestellten führte. Damit liefern sie der Bourgeoisie und ihrer Regierung den Vorwand zu Einschränkungen des Versammlungsrechts. In Athen wurde ein allgemeiner Alarmzustand ausgerufen. Angesichts der durch diese Vorgänge eingetretenen Veränderung der Lage an der Medienfront, setzten die Journalisten ihre Streikteilnahme aus, um die Berichterstattung aufzunehmen.

Die Provokateure, die in Gruppen von einem oder mehreren Dutzend operieren, werden von den Massen nicht unterstützt, jedenfalls nicht von den klassenbewussten Massen, die den Protestzügen und Veranstaltungen der PAME folgen. Wie Heike Schrader aus Athen berichtet, sind es die ausserhalb der PAME organisierten «Basisgewerkschaften und Organisationen der ausserparlamentarischen Linken und anarchistischen Gruppen» (Junge Welt, 6.5.2010), aus denen heraus Banken und Geschäfte internationaler Ketten angegriffen werden.

Dank dem Einsatz von Provokateuren können sich die Polizeitrupps wie Lämmchen verhalten, sich einige Zeit mit Steinen und Feuer bewerfen lassen, so dass sie (zumindest in den Fernsehbildern) als Opfer erscheinen, dem man es nicht vorwerfen kann, wenn es sich begreiflicherweise endlich einmal «wehren» musste. Selbstverständlich wird die Polizei sich hüten, den «Chaoten» die Maske abzureissen und solche Leute mitsamt ihren Verbindungen und Hintermännern zu identifizieren.

Die «Chaoten» machen sich dienen der Diskreditierung des organisierten und disziplinierten Kampfes der Arbeitermassen unter Führung ihrer Klassenpartei, der Kommunistischen Partei Griechenlands KKE und ihrer Klassengewerkschaft, der Panhellenischen Arbeitsfront PAME. Die KKE geht denn auch davon aus, dass sich staatlich bezahlte Spezialisten unter den Provokateuren befinden.

Soweit nicht bezahlte Spitzel, sondern ehrliche Linksradikale, machen sich die «Chaoten» zu nützlichen Idioten der Bourgeoisie. Sie schaffen Bedingungen, die es dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten und den gelben Gewerkschaften erleichtern, zu allerlei politischen Betrugsmanövern zu greifen.

Papandreou beharrt trotz des massiven Volkswiderstands auf seinem antisozialen Sparprogramm und zog schon am gleichen Nachmittag im Parlament eine Show mit Schweigeminute ab und versucht nun, vom eigentlichen Thema abzulenken, Ängste zu schüren und die «Frage der Sicherheit» in den Vordergrund zu schieben. Dabei werden seine Aufrufe zum “Zusammenhalt” aller Griechen von der Rechtsopposition (Nea Demokratia) unterstützt. Mit diesem Angebot Papandreous, sich als Retter der Demokratie aufzuspielen und unter der Parole des Zusammenhalts aller Griechen die ständig wachsenden EU-Forderungen gegen das griechische Volk durchzupeitschen, wächst die Gefahr von antidemokratischen Lösungsversuchen.

Natürlich senden auch die staatlichen und die meisten privaten Sender Griechenlands pausenlos Bilder von brennenden Polizisten und von der Gewalttätigkeit der «Chaoten» und schlagen alles Kapital aus der Tragödie der verbrannten Bankangestellten.

Dabei ist es gewiss kein Wunder, wenn Anschläge auf ausgewählte Symbole und Kult-Objekte des Grosskapitals auch in der verzweifelten Bevölkerung ein Stück weit Applaus finden, etwa wenn diese und eine Sachbeschädigung an einem Mercedes oder an den Schaufensterscheiben eines internationalen Konzerns auftreten. Nach allen schon erfolgten und noch grösseren drohenden Plünderungen, die dem griechischen Volk widerfahren, ist es gewiss auch keine Überraschung, dass es in Athen und Saloniki zu Plünderungen von ausgewählten Ladenketten gekommen ist.

Ohne Unterschied werden nun alle Formen des griechischen Widerstands in einen Topf geworfen. Egal wie isoliert ihre Häufchen auch sind, werden die «Chaoten» nun in Deutschland und anderen Ländern – in deren Medien man bereits allerhand darüber vernommen hat, wie arbeitsscheu und verschwenderisch die Griechen seien – als Zeugen dafür herhalten müssen, dass der Widerstand des griechischen Volkes gegen seine Blutegel kriminell sei.

(6.6.2010/mh)


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